Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

NRW verzichtet auf 15-Kilometer-Regelung

Die neue Corona-Schutzvero­rdnung enthält keine klaren Vorschrift­en für die Bewegungse­inschränku­ng in Hotspots. Die Opposition ist verärgert.

- VON VIKTOR MARINOV UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Die Landesregi­erung hat ihre Corona-Regeln angepasst, verzichtet aber auf einen Automatism­us, mit dem die Bewegungsf­reiheit in Hotspot-Regionen auf einen 15-Kilometer-Radius um den Wohnort herum begrenzt wird. Ursprüngli­ch hatten die Ministerpr­äsidenten vereinbart, dass diese Regelung in Kommunen angewendet werden soll, in denen die Zahl der Neuinfekti­onen je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche über einem Wert von 200 liegt. Ein Sprecher von NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) erklärte dazu: „Es muss jeweils im Einzelfall bewertet werden, welches Infektions­geschehen dazu geführt hat, dass der Inzidenzwe­rt von 200 überschrit­ten wurde, und ob das zu einer deutlichen und nachhaltig­en Überschrei­tung führt.“

In NRW lagen am Freitag mit Gelsenkirc­hen, Höxter und dem Ober-bergischen Kreis drei Regionen über der Schwelle. Die Lage dort könne aufgrund der Test- und Meldeunsi-cherheiten während der zurücklieg­enden Feiertage derzeit noch nicht verlässlic­h beurteilt werden, erklärte das Ministeriu­m, sodass hierauf erhebliche weitergehe­nde Grund-rechtseing­riffe gestützt werden könnten. „Das Ministeriu­m wird daher mit den betroffene­n Kommunen erst Anfang der Woche die Datenlage bewerten und über weitergehe­nde Maßnahmen entscheide­n.“

Der Kreis Höxter will die Kontakt-beschränku­ngen auf Privatwohn­ungen ausweiten. In Höxter lag die Sie-ben-Tage-Inzidenz am Freitag bei 210. Viele Infektione­n würden sich durch private Kontakte verbreiten, heißt es vom Kreis. „Wir hätten uns vom Land einheitlic­he Vorgaben erhofft“, sagte Matthias Kämpfer, Leiter des dortigen Corona-Krisen-stabs. Der Kreis habe dem Gesundheit­sministeri­um den Vorschlag am Freitag geschickt. Eine Einschränk­ung des Bewegungsr­adius auf 15 Kilometer sei darin nicht enthalten. Gelsenkirc­hen blickt ebenfalls skeptisch auf eine mögliche Beschränku­ng der Bewegungsf­reiheit. „Eine 15-Kilometer-Regelung ist in einem Ballungsra­um wie dem Ruhrgebiet schwierig“, sagte ein Sprecher. Der Krisenstab prüfe aber alle infrage kommenden Maßnahmen.

Pit Clausen, Vorsitzend­er des Städtetage­s NRW sieht die 15-Kilometer-Regelung ebenfalls skeptisch: „Diese Möglichkei­t hilft praktisch nicht.“Unklar sei, was ein triftiger Grund sei und ob der Radius von der Wohnung oder von der Stadtgrenz­e aus gemessen werde. „Es gibt darüber hinaus Zweifel, ob und wie eine solche Einschränk­ung rechtssich­er durchgeset­zt werden kann.“

SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty beantragte für Dienstag eine Sondersitz­ung des Landtags und warf der Landesregi­erung vor, die Bürger zu verunsiche­rn. Neben der fehlenden Umsetzung der Bewe-gungseinsc­hränkung kritisiert­e er, dass NRW beim Maß der Kontakt-beschränku­ngen hinter anderen Ländern zurückblei­be. Während Bayern und Baden-Württember­g diese explizit auch im privaten Umfeld regelten, beschränke sich NRW auf den öffentlich­en Raum: „Nordrhein-Westfalen erlaubt Diskussi-onsabende, Essenseinl­adungen und Kaffeekrän­zchen“, sagte Kutschaty. Der Ministeriu­mssprecher verwies darauf, dass die Verordnung in den privaten Bereich eingreife, indem Partys und vergleichb­are Feiern generell untersagt seien: „Ein rechtliche­s Verbot, welches darüber hinausgeht, wäre in der Praxis nicht kontrollie­rbar.“

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