Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Lourdes mit anderen Augen betrachtet
Essay Was für eine tolle Wiederentdeckung! Und zu verdanken ist sie dem Lilienfeld-Verlag, der Joris-Karl Huysmans Betrachtung über das Phänomen Lourdes wieder hervorgeholt hat. Das Buch von 1906 ist nicht die soundsovielte Betrachtung über den berühmten Wallfahrtsort, das Pilgertreiben und die vermeintlichen Wunderheilungen. Seine Beschreibung ist der wortgewaltige, distanzierte Blick eines Autors, der gleich freimütig bekennt, „niemals“den Wunsch verspürt zu haben, Lourdes zu sehen. So beschreibt er den armseligen Ramsch an Rosenkränzen und Kerzen, beobachtet Menschen, die das Wunderwasser in ihren Tassen aus Weißblech in einem Schluck runterstürzen und danach mit den Kindern schimpfen. Huysmans, der kurz nach Erscheinen des Buches 59-jährig gestorben ist, gelingt es, kritisch zu schreiben, ohne zu denunzieren – ein altes, neues Meisterwerk.
Lothar Schröder neuen CD des Labels Aeolus Music nachhören. León Berben hat jetzt sämtliche Werke Weckmanns auf zwei CDs eingespielt und zwei prächtige Orgeln aus Weckmanns Einflussbereich genutzt: die 1637 gebaute Stellwagen-Orgel in der Lübecker Jakobikirche sowie die Scherer-Orgel der Stephanuskirche von Tangermünde. Diese Instrumente machen es uns leicht, die Farbigkeit, kontrapunktische Kreativität und formale Strenge Weckmanns zu bewundern, etwa in den Variationswerken über die Choräle „Nun freut Euch, lieben Christen g’mein“oder „Gelobet seystu Jesu Christ“. Übrigens sind die Orgeln ausgezeichnet mikrofoniert, man erlebt kostbare Details und zugleich das Atmen des Kirchenraums.