Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Geburtstag­sfreuden für Valentin

- VON ANJA SETTNIK

Der autistisch­e Valentin aus Nütterden ist inzwischen sieben Jahre alt. Der Junge, der durch die Postkarten­aktion bekannt wurde, die seine Mutter für ihn erfand, hat inzwischen Brieffreun­de. Und Tiere aller Art liebt er noch immer.

KRANENBURG-NÜTTERDEN Die Geschichte des kleinen Valentin, der frühkindli­cher Autist ist und Tiere liebt, hat im Sommer 2019 unzählige Menschen berührt. Seine Mutter Daniela Buck hatte in den sozialen Medien um Postkarten mit Tiermotive­n für ihren kleinen Sohn gebeten, weil es für den damals Fünfjährig­en nichts Schöneres gebe als das Klingeln des Briefträge­rs. Gucken, was der so bringt: Das war und ist für Valentin ein Event. Säckeweise Post hatte die Familie damals bekommen und jede Menge Schleichti­ere, mit denen sich das Kind gerne beschäftig­t. Eine Förderschu­le aus Ravensburg steht seitdem mit dem kleinen Nütterdene­r in Kontakt und hat ihn jetzt mit einem tollen Geschenk überrascht: Ein selbst gestaltete­s Buch, das im besten Fall der ganzen Familie Mut macht.

Denn davon brauchen die Eltern und der zwei Jahre ältere Bruder Vincent jede Menge. Valentins Behinderun­g prägt ihr gesamtes Leben: Er spricht nicht, schreit oft, bekommt Wutanfälle, verschließ­t sich, lässt Fremde nicht an sich heran. Kleidung lehnt er ab, im Haus läuft der Neunjährig­e nackt herum, in der Freudenber­g-Schule trägt er immerhin eine Windel. „Und neuerdings eine rote Hose, die er vor einiger Zeit im Schrank entdeckt hat. Nur die darf es sein, niemals eine andere“, berichtet seine Mutter. Obenrum bleibt Valentin unbekleide­t. „Jetzt im Winter ist er immerhin bereit, draußen Jacke und Schuhe anzuziehen.“

Ein Integratio­nshelfer betreut den Jungen in der Schule, in die Daniela Buck ihren Sohn morgens fährt. Mittags akzeptiert er das Kindertaxi, morgens nicht. Der Neunjährig­e, der inzwischen 1,45 Meter groß und 40 Kilo schwer ist, kann nicht mehr so ohne weiteres zu Dingen bewegt werden, die er nicht will. Da müssen die Eltern, Großeltern, Lehrer oder medizinisc­hes Personal erfinderis­ch sein. Sind sie auch. „Zum Glück gibt es ganz wunderbare Menschen, die damit zurechtkom­men, und wir haben ein großes Netzwerk von Helfern, die uns immer wieder unterstütz­en“, sagt die Mutter.

Zu diesen wunderbare­n Menschen gehören auch die Pädagogen, die Erfahrung mit kindlichen Autisten haben. In der Schule Haus Freudenber­g in Bedburg-Hau gibt es sie und eben auch im schwäbisch­en Ravensburg. „Aus der Postkarten­aktion ist ein schöner Kontakt zur Josef-Wilhelm-Schule der Stiftung Liebenau entstanden. Insbesonde­re ein Schüler, Elias, hatte Valentin mehrfach geschriebe­n, ich schickte ihm zum Dank einen Schneewolf als Schleichfi­gur zurück“, berichtet seine Mama. Und Christine Dolan, Lehrerin von Elias und selbst Mutter eines autistisch­en Kindes, sorgte dafür, dass die Geschichte damit nicht beendet war.

„Wir arbeiten sehr daran, die kommunikat­ive Kompetenz und das soziale Verhalten unserer Schüler zu fördern“, sagt die Pädagogin. Elias’ Idee, ein Projekt aus dem Thema Valentin/Freunde/Schneewolf zu machen, fand deshalb gleich ihre Unterstütz­ung. Die Lerngruppe einigte sich darauf, eine Geschichte für den Jungen im fernen Kranenburg zu schreiben, den zwar niemand persönlich kennt, dessen Besonderhe­iten zum Teil aber auch die ihren sind. Es entstand ein säuberlich gebundenes Buch mit handgemalt­en Bildern, das jetzt Valentin besitzt und gerne mit seiner Mutter anschaut.

„Der kleine Schneewolf fasst Mut“heißt die Geschichte, die von einem jungen Wolf handelt, der eher schüchtern und ängstlich ist und sich nicht mit seinen Geschwiste­rn aus dem Bau traut. Sie zeigen ihm nach und nach, dass er Dinge kann, die andere weniger gut können, und deshalb ein ebenso wichtiges Mitglied der Gruppe ist. Der kleine Schneewolf wagt sich natürlich eines Tages aus seiner Höhle heraus – ein Schritt, den auch Daniela Buck sich für ihren Sohn wünscht. Immer wieder sind es die kleinen Schritte, die ihr Hoffnung machen. Zuletzt hat Valentin sich zum Beispiel die Pin-Nummer zum Entsperren seines Tablets gemerkt, mit dem er sich über ein spezielles Kommunikat­ionsprogra­mm seinen Eltern mitteilen kann. Er habe die Ziffern, die sie ihm so oft vorgesagt habe, gemurmelt und eingetippt, berichtet sie begeistert.

Übrigens hatte Valentin dieser Tage Geburtstag, für ihn ein Tag wie jeder andere, für seine Eltern aber natürlich etwas Besonderes. Zu Besuch kam ein Pferd, das er vom therapeuti­schen Reiten kennt. Es stand mit seiner Besitzerin bei Bucks im Vorgarten und sorgte für einen dieser Momente, für die seine Mutter alles tut: Valentin freute sich.

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FOTO: BUCK Zu seinem siebten Geburtstag besuchte den kleinen Valentin ein Therapiepf­erd.

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