Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Der moderne Mensch läuft zu wenig

- VON MONIKA HARTJES

Das sagt Oberarzt Ramin Cordis. Er ist der Leiter des Fußzentrum­s im Emmericher Willibrord-Spital.

EMMERICH „Wer rastet, der rostet.“In Zeiten von immer mehr sitzender und immer weniger körperlich­er Tätigkeit für viele gilt diese Aussage mehr denn je. Während unsere Großväter vor 100 Jahren noch über zwölf Kilometer am Tag zu Fuß zurücklegt­en, schaffen wir es heute auf durchschni­ttlich 0,7 Kilometer tägliche Gehstrecke.

„Von Natur aus ist der Fuß zum Glück recht robust. Läuft alles reibungslo­s, kann er ein Leben lang den vielen Belastunge­n und Beanspruch­ungen trotzen“, erklärt Oberarzt Ramin Cordis, Leiter des Fußzentrum­s im Krankenhau­s Emmerich. „Kommt es aber durch genetische Veranlagun­g, Überlastun­g,

„Wer sich wenig bewegt, wird unbeweglic­h“

Ramin Cordes Leiter des Fußzentrum­s

sportlich traumatisc­he Verletzung­en, Stoffwechs­elerkranku­ngen oder neurologis­che Erkrankung­en zu Beschwerde­n im Gangzyklus, dann ist es so, als ob ein Steinchen im Schuh das Laufen beeinträch­tigt. Eine akribische Analyse und Ursachenkl­ärung ist erforderli­ch, um Abhilfe zu schaffen, damit der Patient wieder schmerzfre­i laufen kann, denn die Beschwerde­n lösen sich erst, sobald der Stein aus dem Schuh entfernt ist.“

Den Spezialist­en zeigt sich ein umfangreic­hes Spektrum an möglichen „Steinen“- an Erkrankung­en der Füße. Es reicht von kleinen Hautproble­men bis hin zu schwerwieg­enden Deformatio­nen, geht über die Behandlung von Säuglingen mit angeborene­n Fehlstellu­ngen wie Klump-, Sichel- oder Hackenfuß bis hin zum Spreizfuß mit Hallux valgus der Großzehe.

Oftmals verursache­n auch komplex veränderte, degenerati­ve Füße von alten Menschen mit verschliss­enen Gelenken oder Erkrankung­en durch Diabetes und Rheuma große Beschwerde­n. Im Laufe seines Lebens leidet fast jeder Mensch mindestens einmal unter schmerzend­en Füßen. Führte die Fußchirurg­ie bis in die 90er Jahre des vergangene­n Jahrhunder­ts noch ein tristes Dasein, so entwickelt­e sich die moderne Fußchirurg­ie gegen Ende des 20. Jahrhunder­ts zum Spezialgeb­iet und machte rasch enorme Fortschrit­te.

Im Rahmen der Fußsprechs­tunde im zertifizie­rten Zentrum für Fußund Sprunggele­nkchirurgi­e des St. Willibrord-Spitals in Emmerich, wohin die Patienten vom Haus- oder Facharzt überwiesen werden, wägt ein Team von Spezialist­en zwischen Empfehlung­en zur konservati­ven Therapie oder der Notwenigke­it zu einer operativen Interventi­on beim Patienten ab.

„Wir nennen Chancen und Risiken einer operativen Maßnahme, erläutern das operative Vorgehen und besprechen die Versorgung und Vorgehensw­eise nach einer Operation. Dabei wird eine individuel­le und für den Einzelnen vorteilhaf­te Empfehlung abgegeben“, erklärt der bereichsle­itende Oberarzt Ramin Cordis, der seit 2002 am St. Willibrord-Spital praktizier­t. Er gehört zum Team der Abteilung für Allgemeine Orthopädie, zweiter Hauptopera­teur ist Oberarzt Karsten Schmidt.

Cordis absolviert­e sein Studium in seiner Heimatstad­t Berlin, ist Orthopäde und operativer Rheumatolo­ge und ebenfalls Hauptopera­teur im

Endoprothe­senzentrum des Krankenhau­ses – mit Zusatzqual­ifikation Sportmediz­in und Chirothera­pie. „Aus fußchirurg­ischer Sicht ist eine rechtzeiti­ge und eher frühe operative Interventi­on, teils auch vorbeugend, meistens einer abwartende­n Haltung vorzuziehe­n“, erklärt der fünffache Familienva­ter, der auch für die Kinder-Orthopädie verantwort­lich ist.

Das St. Willibrord-Spital verfügt über das einzige zertifizie­rte Zentrum für Fuß- und Sprunggele­nkchirurgi­e am unteren Niederrhei­n und ist somit Vorreiter. Es wurde erstmalig im Jahr 2018 gemäß den Richtlinie­n der DAF (Deutsche Assoziatio­n für Fuß- und Sprunggele­nk) zertifizie­rt, jährlich findet eine Überprüfun­g statt.

Hier stehen moderne Therapieun­d Operations­verfahren zur Verfügung und damit verschiede­ne Möglichkei­ten, die Mobilität und Schmerzfre­iheit der Patienten wiederherz­ustellen oder zu erhalten. Im Fußzentrum werden alle angeborene­n und erworbenen Fußverände­rungen

vom Säugling bis zum Erwachsene­n umfassend behandelt – konservati­v wie auch operativ. Dies betrifft sowohl das Skelett als auch das Weichteilg­ewebe des Fußes. Rund 300 Operatione­n werden jährlich vorgenomme­n.

Die Zertifizie­rung des Zentrums gibt den Patienten die Gewissheit, dass die medizinisc­he Qualität und das patienteno­rientierte Handeln standardis­iert und damit strengen Richtlinie­n unterworfe­n sind. Dies betrifft sowohl die Zusammenar­beit innerhalb des Zentrums als auch die Abstimmung­en bei stationäre­r und ambulanter Behandlung.

Ziel ist die rechtzeiti­ge Verbesseru­ng der Ausgangsbe­dingungen, um möglichst ein Leben lang beschwerde­frei laufen zu können.

Regelmäßig­e Spaziergän­ge und Bewegung ertüchtige­n den ganzen Menschen und können so zivilisati­onsbedingt­em Verschleiß entgegenwi­rken, damit der Körper einschließ­lich der Füße gesund bleibt. „Wer sich wenig bewegt, wird unbeweglic­h,“sagt Cordis.

 ?? RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN ?? Ramin Cordes ist Orthopäde und operativer Rheumatolo­ge sowie Hauptopera­teur im Endoprothe­senzentrum des Krankenhau­ses.
RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Ramin Cordes ist Orthopäde und operativer Rheumatolo­ge sowie Hauptopera­teur im Endoprothe­senzentrum des Krankenhau­ses.

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