Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Der moderne Mensch läuft zu wenig
Das sagt Oberarzt Ramin Cordis. Er ist der Leiter des Fußzentrums im Emmericher Willibrord-Spital.
EMMERICH „Wer rastet, der rostet.“In Zeiten von immer mehr sitzender und immer weniger körperlicher Tätigkeit für viele gilt diese Aussage mehr denn je. Während unsere Großväter vor 100 Jahren noch über zwölf Kilometer am Tag zu Fuß zurücklegten, schaffen wir es heute auf durchschnittlich 0,7 Kilometer tägliche Gehstrecke.
„Von Natur aus ist der Fuß zum Glück recht robust. Läuft alles reibungslos, kann er ein Leben lang den vielen Belastungen und Beanspruchungen trotzen“, erklärt Oberarzt Ramin Cordis, Leiter des Fußzentrums im Krankenhaus Emmerich. „Kommt es aber durch genetische Veranlagung, Überlastung,
„Wer sich wenig bewegt, wird unbeweglich“
Ramin Cordes Leiter des Fußzentrums
sportlich traumatische Verletzungen, Stoffwechselerkrankungen oder neurologische Erkrankungen zu Beschwerden im Gangzyklus, dann ist es so, als ob ein Steinchen im Schuh das Laufen beeinträchtigt. Eine akribische Analyse und Ursachenklärung ist erforderlich, um Abhilfe zu schaffen, damit der Patient wieder schmerzfrei laufen kann, denn die Beschwerden lösen sich erst, sobald der Stein aus dem Schuh entfernt ist.“
Den Spezialisten zeigt sich ein umfangreiches Spektrum an möglichen „Steinen“- an Erkrankungen der Füße. Es reicht von kleinen Hautproblemen bis hin zu schwerwiegenden Deformationen, geht über die Behandlung von Säuglingen mit angeborenen Fehlstellungen wie Klump-, Sichel- oder Hackenfuß bis hin zum Spreizfuß mit Hallux valgus der Großzehe.
Oftmals verursachen auch komplex veränderte, degenerative Füße von alten Menschen mit verschlissenen Gelenken oder Erkrankungen durch Diabetes und Rheuma große Beschwerden. Im Laufe seines Lebens leidet fast jeder Mensch mindestens einmal unter schmerzenden Füßen. Führte die Fußchirurgie bis in die 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts noch ein tristes Dasein, so entwickelte sich die moderne Fußchirurgie gegen Ende des 20. Jahrhunderts zum Spezialgebiet und machte rasch enorme Fortschritte.
Im Rahmen der Fußsprechstunde im zertifizierten Zentrum für Fußund Sprunggelenkchirurgie des St. Willibrord-Spitals in Emmerich, wohin die Patienten vom Haus- oder Facharzt überwiesen werden, wägt ein Team von Spezialisten zwischen Empfehlungen zur konservativen Therapie oder der Notwenigkeit zu einer operativen Intervention beim Patienten ab.
„Wir nennen Chancen und Risiken einer operativen Maßnahme, erläutern das operative Vorgehen und besprechen die Versorgung und Vorgehensweise nach einer Operation. Dabei wird eine individuelle und für den Einzelnen vorteilhafte Empfehlung abgegeben“, erklärt der bereichsleitende Oberarzt Ramin Cordis, der seit 2002 am St. Willibrord-Spital praktiziert. Er gehört zum Team der Abteilung für Allgemeine Orthopädie, zweiter Hauptoperateur ist Oberarzt Karsten Schmidt.
Cordis absolvierte sein Studium in seiner Heimatstadt Berlin, ist Orthopäde und operativer Rheumatologe und ebenfalls Hauptoperateur im
Endoprothesenzentrum des Krankenhauses – mit Zusatzqualifikation Sportmedizin und Chirotherapie. „Aus fußchirurgischer Sicht ist eine rechtzeitige und eher frühe operative Intervention, teils auch vorbeugend, meistens einer abwartenden Haltung vorzuziehen“, erklärt der fünffache Familienvater, der auch für die Kinder-Orthopädie verantwortlich ist.
Das St. Willibrord-Spital verfügt über das einzige zertifizierte Zentrum für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie am unteren Niederrhein und ist somit Vorreiter. Es wurde erstmalig im Jahr 2018 gemäß den Richtlinien der DAF (Deutsche Assoziation für Fuß- und Sprunggelenk) zertifiziert, jährlich findet eine Überprüfung statt.
Hier stehen moderne Therapieund Operationsverfahren zur Verfügung und damit verschiedene Möglichkeiten, die Mobilität und Schmerzfreiheit der Patienten wiederherzustellen oder zu erhalten. Im Fußzentrum werden alle angeborenen und erworbenen Fußveränderungen
vom Säugling bis zum Erwachsenen umfassend behandelt – konservativ wie auch operativ. Dies betrifft sowohl das Skelett als auch das Weichteilgewebe des Fußes. Rund 300 Operationen werden jährlich vorgenommen.
Die Zertifizierung des Zentrums gibt den Patienten die Gewissheit, dass die medizinische Qualität und das patientenorientierte Handeln standardisiert und damit strengen Richtlinien unterworfen sind. Dies betrifft sowohl die Zusammenarbeit innerhalb des Zentrums als auch die Abstimmungen bei stationärer und ambulanter Behandlung.
Ziel ist die rechtzeitige Verbesserung der Ausgangsbedingungen, um möglichst ein Leben lang beschwerdefrei laufen zu können.
Regelmäßige Spaziergänge und Bewegung ertüchtigen den ganzen Menschen und können so zivilisationsbedingtem Verschleiß entgegenwirken, damit der Körper einschließlich der Füße gesund bleibt. „Wer sich wenig bewegt, wird unbeweglich,“sagt Cordis.