Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Nabu warnt: Zahl der Kiebitze geht drastisch zurück
Eine kreisweite Zählung des Nabu hat ergeben: Bis zu 60 Prozent soll die Population seit 2004 zurückgegangen sein. Trotzdem zählt sie noch zu den größten in NRW. Mit Hilfe von Landwirten sollen Kiebitze weiter geschützt werden.
KREIS KLEVE Früher waren Kiebitze weit verbreitet – wegen ihres auffälligen Aussehens sind sie auch leicht zu erkennen. In den vergangenen Jahren ist die Vogelart in vielen Gegenden aber massiv zurückgegangen. Auch im Kreis Kleve ist der Rückgang drastisch, wie der Nabu nun mitteilt – auch wenn der Bestand bei uns noch einer der größten in Nordrhein-Westfalen ist.
2020 fand bei den Kiebitzen im Kreis Kleve eine Art „Volkszählung“statt. In Kooperation der drei ansässigen Biologischen Stationen (Nabu-Naturschutzstation Niederrhein in Kleve, Nabu-Naturschutzzentrum Gelderland, Naturschutzzentrum
im Kreis Kleve in Rees) und dem Planungsbüro Sterna wurde dabei erstmals eine flächendeckende Synchronzählung aller Kiebitze im Kreisgebiet durchgeführt.
Dazu waren am ersten Aprilwochenende 2020 fast 50 ehrenamtliche Helfer im Kreisgebiet unterwegs. Unter Einhaltung der Corona-Regeln fuhren sie allein oder zu zweit, mit dem Auto oder per Fahrrad, jedes Zählgebiet ab und notierten die angetroffenen Kiebitze. Der Zeitpunkt war bewusst gewählt, denn fast alle Kiebitzpaare hatten ihre Reviere besetzt und die Durchzügler waren gen Norden weitergeflogen.
Insgesamt 1798 einzelne Kiebitze wurden festgestellt, was etwa 850 bis 950 Paaren kreisweit entspricht.
Beim Vergleich mit einer 2004 durchgeführten Synchronzählung muss demnach von einem Rückgang von rund 50 bis 60 Prozent der Brutpaare ausgegangen werden. Dabei kann es sich aber nur um geschätzte Werte handeln: Denn damals war nicht flächendeckend gezählt worden. Dennoch: „Das ist ein enormer Verlust bei einer Vogelart, die einst als ,Allerweltsart’ galt“, sagen die Naturschützer. Mit dem Problem steht der Kreis Kleve aber nicht alleine da: Der Rückgang entspreche dem landesweiten Trend, wie es heißt. Der Kiebitz wird deshalb in der aktuellen Roten Liste NRW auf der Stufe 2 als stark gefährdet eingestuft.
Die Zählung hat gezeigt, dass manche Orte im Kreis Kleve trotz eigentlich geeigneter Gebiete im vergangenen Jahr „erschreckend kiebitzfrei“waren, wie der Nabu sagt. Dazu zählen unter anderem auch Bereich rund um Kleve und Bedburg-Hau, aber auch in den Gemeindegebieten Issum und Rheurdt sowie im Osten von Geldern. An einigen Stellen wurden aber auch bislang unbekannte Brutzentren entdeckt, unter anderem bei Uedem oder bei Geldern. Der Bereich mit der größten Kiebitzdichte liegt nahe Nieukerk auf der Kerkener Platte. Im landesweiten Vergleich belegt der Kreis Kleve nach dem Kreis Steinfurt den zweiten Platz in NRW. Der komplette Bericht ist auf den Internetseiten der drei Biologischen Stationen veröffentlicht (unter anderem: www.nabu-naturschutzstation.de). Schon jetzt gibt es Kooperationen zwischen Landwirten und Naturschützern zur Förderung des Kiebitzes. So werden zum Beispiel in der Region Emmerich-Rees, in der Düffel bei Kleve, rund um Weeze oder westlich von Straelen in Absprache mit den Bewirtschaftern Kiebitznester auf Ackerflächen markiert, so dass sie bei der Bearbeitung des Feldes erkannt und geschont werden. Einige Landwirte zeigen beim Schutz der Art auch Eigeninitiative. Und auch der Wettbewerb Wiesenvögel, der alle zwei Jahre vom Naturschutzzentrum im Kreis Kleve durchgeführt wird, honoriert die Leistungen der Landwirtschaft für den Naturschutz, wie es vom Nabu heißt. Auf landeseigenen Flächen in der Düffel werden zudem Bereiche etwas feuchter gehalten, damit die Kiebitzküken zu Fuß ausreichend Insekten finden, denn fliegen können sie erst nach etwa vier Wochen.
Diese Kooperationen gelte es kontinuierlich auszubauen, wie es vom Nabu heißt. Nur so könne die Population wirksam geschützt und gefördert werden. Dabei komme dem Schutz der Küken besondere Bedeutung zu: Werden Kiebitze während der Brut gestört, schaffen sie es oft ein zweites Mal zu brüten. Sind die Küken einmal geschlüpft, ist die Brutsaison für die Alttiere abgeschlossen. Sterben die Küken, weil sie zu wenig Futter finden, hat das Paar in dem Jahr keinen Bruterfolg.