Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Spahn muss richtig dosieren
Wer regiert, muss sich erklären. Jens Spahn hat das am Mittwoch getan. Mit einer Regierungserklärung im Bundestag. Spahn am Rednerpult, Bundeskanzlerin Angela Merkel daneben auf der Regierungsbank. Normalerweise greift Merkel bei großen Themen selbst zum Instrument der Regierungserklärung. Aber in diesem Fall schickte sie ihren obersten Corona-Krisenmanager nach vorne.
Es ist viel los in diesen Tagen. Es geht um Posten und Personalien. Was heißt schon „Stand heute“im schnelllebigen politischen Geschäft? Es heißt, dass am nächsten Tag vieles anders sein kann. „Stand heute“schließe er eine eigene Bewerbung für eine Kanzlerkandidatur der Union aus, hat Spahn jetzt gesagt. Damit ist die Zukunft weiter offen. Auch für Spahn als möglichen Kanzlerkandidaten, der „Was wäre wenn“-Fragen derzeit nicht sehr gerne durchspielt.
Was wäre, wenn das Coronavirus sich nicht verbreitet hätte? Spahn hätte immer noch genug zu tun, aber eine schwere Last weniger. Jetzt muss Spahn als Bundesgesundheitsminister durch das politische und auch gesellschaftliche Feuer, das diese Pandemie entfacht hat. Der Bundesgesundheitsminister muss national die richtige Dosis gegen Corona finden und liefern. Er ist Hoffnungsträger und Überbringer schlechter Nachrichten zugleich. Ein Konflikt zwischen Ziel und Wirklichkeit.
Spahn hat vor gut zwei Jahren beim Hamburger CDU-Bundesparteitag nach dem Amt des Vorsitzenden gegriffen. Er ist es nicht geworden. Jetzt versucht es Spahn im Tandem mit Armin Laschet. Spahn will Parteivize werden. Und vielleicht noch etwas mehr. Spahn steht unter Erfolgsdruck, denn er weiß: Ein gescheiterter Bundesgesundheitsminister wird so schnell kein Kanzlerkandidat mehr.
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