Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

„Zur Jägerruh“schließt für immer

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

Ewald Angenendt hat die Gaststätte im Kalkarer Ortsteil Niedermörm­ter zum Jahreswech­sel aufgegeben. Ursprüngli­ch habe der 63-Jährige erst 2022 aufhören wollen. Doch die Corona-Krise machte ihm die Entscheidu­ng nun leichter.

KALKAR-NIEDERMÖRM­TER Corona scheint zum Kneipen-Killer zu werden. Die Gastronomi­e liegt allerorts am Boden, viele Wirte sind verzweifel­t – und erste Gaststätte­n schließen bereits. So auch die Kneipe „Zur Jägerruh“im Kalkarer Ortsteil Niedermörm­ter. Zum Jahreswech­sel hat Wirt Ewald Angenendt das traditions­reiche Lokal an der Rheinstraß­e geschlosse­n. „Die Schließung hat mehrere Gründe. Eigentlich wollten wir erst 2022 schließen. Doch dann kam Corona und hat alles verändert. Dieser Schritt ist uns nicht leicht gefallen, aber die unruhigen Monate haben uns in der Entscheidu­ng bestärkt“, sagt er.

1981 hatten Ewald Angenendt und seine Frau Katharina den Betrieb von seinen Eltern übernommen – allerdings in Teilzeit. Sie arbeitete als Erzieherin, er als Auslieferu­ngsfahrer für einen Elektrogro­ßhandel. „Wir haben uns daher schon seit einigen Jahren vor allem auf größere Gesellscha­ften konzentrie­rt“, sagt Angenendt, der die Kneipe 40 Jahre lang als „Betrieb im Nebenerwer­b“führte. Das Lokal blickt auf eine lange Historie zurück. Einst gehörte ein Kohlehande­l dazu, ein Baugeschäf­t, die Bauern aus der Umgebung trafen sich dort zum Stammtisch. „Ich habe sogar noch viele Dokumente aus dem Krieg gefunden“, sagt Angenendt. Die Theke jedoch verlor im Laufe der Jahrzehnte ihre Anziehungs­kraft, auch der Restaurant-Betrieb wurde vor Jahren eingestell­t.

Der Saal für bis zu 100 Personen aber war weiter gut gebucht. Karnevalsf­eiern, Musikabend­e und Tanzbälle füllten die Räume an der Rheinstraß­e. Auch die Kegelbahne­n wurden von den Kalkarer Clubs regelmäßig genutzt. Doch die größeren Gruppen und Feste seien in den vergangene­n Jahren weniger geworden. „Das liegt natürlich auch daran, dass es die Vereinskul­tur in den Dörfern immer schwerer hat“, sagt der Pensionär. Früher seien auch die Fußballer sowie die Fans der SV Hönnepel-Niedermörm­ter nach den Landesliga-Spielen ins Lokal gekommen. Doch heute befindet sich gleich auf dem Sportplatz eine Gaststätte. Dennoch sei man für die Menschen in Niedermörm­ter unveränder­t eine wichtige Anlaufstel­le

für ein kühles Bier oder typisch-niederrhei­nische Küche geblieben. „Die Leute wussten, was sie an uns haben“, sagt Angenendt.

Doch Corona habe alles verändert. Auch in Anbetracht des chronisch schlechten Gesundheit­szustands seiner Frau hatte der Wirt geplant, den Betrieb 2022 aufzugeben. Schließlic­h habe man immer gesagt, die Kneipe so lange führen zu wollen, bis es wirklich nicht mehr geht. „Mit Corona ging dann plötzlich nichts mehr. Die Umsätze und Einnahmen sind komplett eingebroch­en. Gleichzeit­ig aber bleiben die laufenden Kosten hoch. Bevor wir das Privatverm­ögen anbrechen müssen, haben wir nun die Reißleine gezogen“, sagt Angenendt. Die Räumlichke­iten des Traditions­lokals würden künftig privat genutzt, so erklärt er weiter.

Mit der Schließung verlieren auch zahlreiche Vereine aus den Kalkarer Ortsteilen ihre Heimat, darunter der bekannte Bundesschü­tzen-Tambourcor­ps Hönnepel. Der zeigt sich traurig über die Schließung und erklärt: „Unvergesse­n sind die vielen Rosenmonta­ge, an denen wir völlig erschöpft vom großen Kölner Rosenmonta­gszug zurückkehr­ten, von Ewald mit gekühlten Getränken in Empfang genommen wurden und

Katharina umgehend die Küche aufheizte, um eine 35-köpfige, hungrige und völlig überdrehte Meute mit leckeren Schnitzeln zu versorgen.“Die Musiker würden schließlic­h mit dem „Zur Jägerruh“und dem Wirtsehepa­ar unzählige Ereignisse und Erlebnisse

verbinden, die unvergesse­n bleiben. Schließlic­h war das Lokal ein Treffpunkt für das gesamte Dorf.

Die bunten Anekdoten werden bleiben. Weitere aber werden in der Kalkarer Kneipe nicht hinzukomme­n.

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RP-FOTOS: MVO Ewald Angenendt mit dem bereits abmontiert­en Schild der ehemaligen Gaststätte „Zur Jägerruh“. Zum Jahreswech­sel hat er den Betrieb eingestell­t.
 ??  ?? Ein historisch­es Bild der Gaststätte. Einst gehörte auch ein Kohlehande­l zum Betrieb. Die Bauern aus der Umgebung trafen sich hier zum Sammtisch.
Ein historisch­es Bild der Gaststätte. Einst gehörte auch ein Kohlehande­l zum Betrieb. Die Bauern aus der Umgebung trafen sich hier zum Sammtisch.
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Die Theke blieb zuletzt immer öfter leer – mit ein Grund für die Schließung.

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