Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Kleve als Laufsteg
Mensing – das waren über Jahrzehnte auch Laufstege, auf denen die große Welt der Mode am eher beschaulichen Niederrhein gezeigt wurde. Immer vorbei an den Augen der kritischen Besucher. Ein Rückblick auf 40 Jahre Klever Catwalk.
KLEVE Ein bisschen Boss, ein bisschen Tommy Hilfiger, ein bisschen Marc Aurel, die langen Beine beim Gehen kreuzen, den Rücken gerade und immer lächeln: Models auf der Modenschau bei Mensing. 40 Jahre lang holte das Haus an der Ecke Kavarinerstraße / Große Straße den Glamour zurück in die Schwanenstadt, den Glamour der Jahrhundertwende und der rauschenden Feste im Hotel Maywald, der großen Kurzeit in Kleve. Ende der 1970er Jahre wurden die ersten Catwalks bei Mensing aufgebaut und stolzierten die schlanken Schönen mit dem Neuesten aus der Welt der Mode an glänzenden Augen vorbei. Boss hatte wenige Jahre zuvor den österreichischen Designer Werner Baldessarini eingestellt, der zum Chefdesigner aufstieg.
Mit der Eröffnung Mensings 1979 in der Schwanenstadt gehörten die Schauen mit Frühjahrs- und Winter-Kollektionen zum regelmäßigen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in der Stadt. Und zum 30. Jahrestag der Eröffnung 2009 gab’s eine dicke Geburtstagstorte von Wanders. Der damalige Bürgermeister der Stadt, Theo Brauer, sowie die neue Gründungs-Präsidentin der Hochschule Rhein-Waal, Marie-Louise Klotz, waren ebenfalls gekommen. Dabei überreichte Brigitta Schmitt von Mensing einen Scheck von 1000 Euro an Klotz – zum Kauf von Büchern. Das Damen- und Herrenmodehaus, das in Kleve damals 30 Mitarbeiter und vier Auszubildende beschäftigte, hatte zum Geburtstag den Kavarinerbrunnen mit Herbst-Blumen geschmückt und verschenkte diese anschließend an die Passanten.
Café Wanders war auch mehr als einmal Kulisse für die neuesten Kollektionen, wenn die Kavarinerstraße zum Laufsteg gemacht wurde wie Mitte der 80 Jahre mit breiten Schulterpolstern für die Damen und fürchterlich gemusterten Pullovern für die Herren. Vorteil: Damals war das alles etwas weiter geschnitten. Verschwunden
sind aber auch die festen Dauerwellen (pardon: eine wie die andere), die in den Anfangsjahren den Catwalk umlagerten.
Die Röcke der Damen wurden in den Jahren kürzer und länger und kürzer und länger, die Jackets der Herren enger und weiter und schließlich vor allem casual: Es setzt sich der Freizeitlook durch, das steife Kostüm ist nur noch selten auf dem Catwalk zu sehen, Jeans, Blusen und Pullis machen das Gros aus.
Prêt-à-porter gab’s nicht bei Mensing – es galt wie gesagt ein bisschen Boss, ein bisschen Tommy Hilfiger, ein bisschen Marc Aurel, denn letztlich zeigte Mensing tragbare Mode. Mode, die für die Kundschaft gedacht war. Die Kundschaft, die den Modenschauen aber vor allem dem Haus auch die Treue hielten.
Prêt-à-porter hatte ein anderer auf dem Zettel: der Klever Willy Maywald, der als Modefotograf die Models und die großen Labels der 1930er und 1950er Jahre in Paris fotografierte und in der Stadt der Mode ein Atelier hatte: Er erzählte mit seinen zur Ikone gewordenen Fotografien von Christian Dior und Pierre Balmain, von Jacques Fath und Jeanne Paquin.