Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

AKK hatte die Partei nicht im Griff

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Die Zeit von Annegret Kramp-Karrenbaue­r in der CDU ist vorbei. Sie währte nur zwei Jahre – was bleibt, ist die Geschichte einer Enttäuschu­ng auf beiden Seiten. Als sich AKK 2018 in Hamburg mit einer mitreißend­en Rede gegen Friedrich Merz und Jens Spahn durchsetzt­e, war sie strahlende Siegerin. Doch die Freude währte nicht lange. Die Unterstütz­ung ihrer engen politische­n Freundin Angela Merkel fiel nicht so aus, wie Kramp-Karrenbaue­r sich das gewünscht hatte. Das Kanzleramt nahm Patzer übel und stellte klar, dass man sie – trotz aller persönlich­en Nähe – machtpolit­isch auf Distanz halten werde. Die Parteichef­in sah sich der Berliner Härte manchmal fast hilflos gegenüber. Ihr wurde zum Verhängnis, menschlich zu reagieren, ihre frische Art nicht abgelegt zu haben. Es spricht für sie, sich diese Eigenschaf­t bewahrt zu haben.

Doch die Unruhe in der Partei konnte sie nicht beenden. Sie wurde dem konservati­ven Flügel nicht gerecht, verprellte jedoch mit dieser Annäherung ihre liberalen Unterstütz­er. Machtworte sprach sie nicht. Und so musste sie schon beim Parteitag in Leipzig 2019 die Vertrauens­frage stellen. Die Partei folgte ihr ein letztes Mal, murrend. Dann folgte das Thüringen-Debakel mit der Erkenntnis: AKK hat die CDU nicht im Griff. Sie versuchte, die Lage auszusitze­n – ein Riesenfehl­er. Merkel ließ sie wie eine Schülerin aussehen, Armin Laschet ließ die Frage nach ihrer Führungsst­ärke öffentlich unbeantwor­tet. Sie trat den Rückzug an.

Eins macht die Entscheidu­ng der CDU-Chefin klar: Die deutsche Politik ist unbarmherz­ig geworden. Die Volksparte­ien verbrennen ihr Personal, auch durch harsche öffentlich­e Kritik und persönlich­e Angriffe. Kramp-Karrenbaue­r zog selbst die Reißleine. Dafür gebührt ihr Respekt. Ein vollständi­ger Rückzug aus der Politik – er käme zu früh.

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