Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Binnengren­zen um jeden Preis offenhalte­n

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Für die Politik ist es der bislang kritischst­e Moment in der Corona-Pandemie. Nachdem die Entscheide­r im Herbst zu lange zögerten und dann aus Sorge vor dem Zorn der Wähler auch an Weihnachte­n schärfere Kontaktbes­chränkunge­n scheuten, müssen sie nun in einer Situation völliger Unsicherhe­it weitreiche­nde Entscheidu­ngen fällen. Zum einen liegt das an der Virusmutat­ion, von der man zwar weiß, dass sie in Nordrhein-Westfalen angekommen ist – aber das Ausmaß ihrer Verbreitun­g ist weitgehend unbekannt. Zudem werden sich die Zahlen der Gesundheit­sämter erst Anfang kommender Woche normalisie­rt haben.

Doch es gibt Indizien, die für eine angespannt­e Situation sprechen. Allein die ungebroche­n hohe Zahl an Toten, die täglich verkündet wird, zeigt, dass die mahnenden Rufe der Kanzlerin ihre Berechtigu­ng hatten. Was nun einsetzt, ist allerdings ein Überbietun­gswettbewe­rb an Abriegelun­gsvorschlä­gen. Dass der Bund nun den Grenzübert­ritt für all jene Länder verschärft, in denen das mutierte Virus wütet, ist nachvollzi­ehbar. Das darf allerdings nicht dazu führen, dass eine Forderung nach Grenzschli­eßungen zu unseren direkten Nachbarlän­dern aus der Mottenkist­e geholt wird. Das gab es während des ersten Lockdowns in mehreren anderen Bundesländ­ern.

Der eine oder andere mag damals müde gelächelt haben, als der frühere Europa-Abgeordnet­e Armin Laschet sich gegen eine solche Regelung wehrte. Doch die Einstellun­g war und ist richtig. Natürlich sollte niemand derzeit zum Shoppen in die Niederland­e oder nach Belgien fahren. Aber der Grenzverke­hr etwa für medizinisc­hes Personal, das im Nachbarlan­d lebt, ist in der jetzigen Phase überlebens­wichtiger denn je. Und auch für die Versorgung mit Produkten des täglichen Bedarfs benötigen wir offene Grenzen. BERICHT WAS EXPERTEN ZUM LOCKDOWN SAGEN, POLITIK

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