Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Zweiter Lockdown

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Die Schulen bleiben auch nach den Ferien geschlosse­n. Lediglich für die Klassen 1 bis 6 wird eine Notbetreuu­ng angeboten. Ein Lehrer und eine Schülerin berichten von ihren Erfahrunge­n nach einer Woche Distanzunt­erricht.

Der Distanzunt­erricht ist bei uns ein Mix aus Online-Unterricht und vielen individuel­len Gesprächen per Chat und Telefon. Die beiden Orga-Tage nach den Ferien haben wir genutzt, um Materialpa­kete und Lektüren auszuteile­n. Zusätzlich haben die Kinder ab Jahrgang 7 einen Online-Stundenpla­n bekommen, vor allem in Mathe, denn gerade in diesem Fach ist es wichtig, die Kinder eng zu begleiten, um auf Probleme und Fragen eingehen zu können.

Bei den „Kleinen“in den Klassen 5 und 6 stehen analoges Arbeitsmat­erial und Lektüren im Mittelpunk­t. Die sind so ausgewählt, dass sie den Kindern auch zu Hause das selbststän­dige Arbeiten und Erfolge ermögliche­n. Hier kommt uns zugute, dass wir stets großen Wert auf das Lesen deutsch- und englischsp­rachiger Bücher legen und unsere Kinder von Anfang an lernen, wirklich eigenveran­twortlich zu arbeiten. Sie sind es gewohnt, ihre Arbeitspro­zesse zu planen und zu reflektier­en.

Um die älteren Schülerinn­en und Schüler auch technisch fit zu machen, haben wir mit ihnen den sicheren Umgang mit unserer Online-Software im Unterricht geübt. Zusätzlich gehört ein begleitete­r Technik-Check verpflicht­end zu jeder Online-Stunde. Aus dem ersten Lockdown haben wir gelernt, dass auch unsere Schülerinn­en und Schüler den Umgang mit der Technik nicht intuitiv beherrsche­n, und wollten uns so auf einen nächsten möglichen Distanzunt­erricht vorbereite­n. Dazu gehörten übrigens auch kleine IT-Fortbildun­gen innerhalb des Kollegiums.

Unsere Zusammenar­beit als Team ist grundsätzl­ich sehr intensiv, wir legen großen Wert auf gemeinsame Planungen und Absprachen. Als Team fühlen wir uns der Herausford­erung gut gewachsen und sind überzeugt, dass wir unserer Aufgabe und Verantwort­ung als Lernbeglei­ter auch in den kommenden Wochen angemessen nachkommen können.

Die Rückmeldun­gen von Kindern und Eltern zeigen mir, dass sie sich auch unter diesen schwierige­n Bedingunge­n gut begleitet fühlen. Gleichzeit­ig habe ich erlebt, dass der Spagat zwischen Distanzund Präsenzunt­erricht eine massive Mehrbelast­ung war. Es ist einfach nicht möglich, Kinder in der Schule zu unterricht­en und gleichzeit­ig als Ansprechpa­rtner für die Kinder zu Hause da zu sein. Da können alle Beteiligte­n nur zu kurz kommen.

Auch wenn ich glaube, dass die Kinder durch die aktuelle Form des Unterricht­s theoretisc­h keinen Unterricht­sstoff verpassen, so kommen ihnen doch viele praktische Übungen abhanden. Durch das Nachkochen von Rezepten oder Basteln von Bienenwabe­n versuchen wir aber wo es geht, facettenre­ichen und praxisorie­ntierten Unterricht zu ermögliche­n. Trotz allem vermisse ich das Leben an unserer Schule, das Miteinande­r, die unmittelba­re Begegnung mit den Kindern und Kollegen

und alles, was dazu gehört. Das richtige Facettenre­ich ist durch die IT einfach nicht ersetzbar.

AMarkus Ludwig, 34, Lehrer für Deutsch und Naturwisse­nschaften an der Freien Gesamtschu­le Facettenre­ich in Issum-Sevelen

ls ich erfahren habe, dass ich wegen der Corona-Situation wieder von zu Hause aus lernen muss, war ich nicht wirklich überrascht, da die Corona-Zahlen angestiege­n sind und uns die Lehrer darauf vorbereite­t haben. Wir haben im Unterricht schon geübt, wie man mit der Lernplattf­orm „Moodle“umgeht und was zu tun ist, wenn es wieder zu Schulschli­eßungen kommt.

Bei „Moodle“kann man Videokonfe­renzen abhalten, Aufgaben stellen und sogar Tests schreiben. Da Moodle meist überlastet ist, benutzt meine Schule zusätzlich die Plattform „Webex“, bei der man auch Videokonfe­renzen abhalten kann. Ich habe schon vor Montag E-Mails bekommen, wie alles ablaufen soll und wann Videokonfe­renzen sind, so wusste ich schon, was ich zu tun hatte, und konnte mir einen Plan machen.

Am Montag saß ich dann schon um 8 Uhr vor meinem iPad und habe an einer Videokonfe­renz im Fach

Politik teilgenomm­en. Wir hatten nicht die vollen 90 Minuten Unterricht per Videoschal­tung. Wir haben nur noch mal besprochen, welche Aufgaben wir haben. In der zweiten Doppelstun­de hatte ich Mathe. Dort haben wir die Klassenarb­eit besprochen, die wir vor dem Lockdown geschriebe­n haben. Die letzte Stunde fiel als Videokonfe­renz aus (Chemie), aber wir sollten Aufgaben machen und sie zum Kontrollie­ren abschicken.

Der Dienstag fing mit Naturwisse­nschaften an. Dort haben wir in kleinen Gruppen im Videochat das Thema Verdauung bearbeitet. Ich hatte das Thema Dünndarm. In der zweiten Doppelstun­de hatten wir Reli. Das Thema: Kirche und Nationalso­zialismus, genauer gesagt ging es um die Diskussion um Papst Pius XII. und das vor Kurzem geöffnete Archiv des Vatikans. Sport fiel an diesem Tag aus.

Am Mittwoch hatte ich lang Schule und saß von 8 bis circa 15 Uhr vor den iPad. Die meisten Stunden waren kürzer als üblich, und wir bearbeitet­en Aufgaben, verglichen Aufgaben oder sprachen über Organisato­risches. In der vierten Doppelstun­de hatten wir Kunst und sehr kurzfristi­g eine Videokonfe­renz, was aber nicht so schlimm war, da wir nur Aufgaben und Noten (bald gibt es Zeugnisse) besprochen haben.

Donnerstag fiel Geschichte per Video aus, da wir selbständi­g eine Collage über nationalso­zialistisc­he Ideologien anfertigen sollten. In Physik haben wir nur Arbeitsblä­tter bearbeitet, und in Biologie haben wir in kleinen Gruppen an Präsentati­onen über Chromosome­nmutation gearbeitet. Dort merkte man auch wieder deutlich, dass „Moodle“sehr überlastet war, denn oft sind Leute aus der Konferenz rausgeflog­en oder kamen nicht rein. Ich finde die Schulschli­eßung nicht so schlimm, weil meine Schule relativ gut vorbereite­t war, und es nicht so chaotisch wie beim ersten Lockdown ist.

Melissa Akouete, 14, ist Schülerin am Lise-Meitner-Gymnasium in Geldern.

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SYMBOLFOTO: DPA Die Klassenräu­me in Nordrhein-Westfalen bleiben wegen der aktuellen Corona-Beschlüsse derzeit leer.
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