Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Nicht gewählt, aber nicht gescheitert
Wie die Zeit vergeht… Fast auf den Tag genau vor einem Jahr titelte die Rheinische Post „CDU schickt Reintjes ins Rennen“. Gemeint war, dass der damals 31-Jährige als Bürgermeister-Kandidat antreten sollte.
Der 15. Januar 2020 war der Startschuss für Sie. Es ging darum, Bürgermeister Ihrer Heimatstadt zu werden. Das hat nicht geklappt. War 2020 deshalb ein verlorenes Jahr?
MATTHIAS REINTJES Nein, ganz und gar nicht. Es war für mich persönlich ein spannendes, herausforderndes und lehrreiches Jahr. Ich habe sehr viel mitgenommen. Die Corona-Pandemie war natürlich die größte Herausforderung, ich konnte leider deutlich weniger persönlichen Kontakt zu den Emmericherinnen und Emmerichern haben, als ich es geplant hatte. Deshalb habe ich versucht, mit meinem Team besonders online neue Wege zu gehen, aber dies kann den direkten Kontakten niemals ersetzen. Der CDU Emmerich ist es insgesamt mit einem guten und modernen Wahlprogramm im Gepäck gelungen ihr Ergebnis auf fast 41 Prozent zu verbessern. Somit war es politisch definitiv kein verlorenes Jahr. Und auch privat war es alles andere als das. Ich habe im kleinen Kreis geheiratet und ein Häuschen in Elten gekauft.
Trotz Niederlage. Die Arbeit geht weiter. Und Ihre Pläne für die Zukunft ja auch. Wird es also im Jahr 2025 wieder heißen: „CDU schickt Reintjes ins Rennen“?
REINTJES Die gestärkte CDU-Ratsfraktion hat mich als Fraktionsvorsitzenden bestätigt. Jetzt heißt es erst einmal, mit meinem Team für Emmerich arbeiten. Das ist unser Auftrag. Alles andere wird die Partei in frühstens vier Jahren entscheiden.
Zwischen den Wahlen liegen fünf Jahre, in denen es nicht um Wahlkampf geht, sondern um das tägliche kommunalpolitische Brot. Wie ist die Stimmung im Rat? Konfrontation? Oder ziehen alle an einem Strang?
REINTJES Ein genaues Stimmungsbild kann ich ehrlich nicht abgeben. Dafür ist die neue Konstellation im Rat noch zu jung. Außerdem ist es schwer, in der aktuellen Corona-Pandemie überhaupt sowas wie kommunalpolitische Normalität aufkommen zu lassen. Viele Sitzungen finden online statt, in abgespeckter Version und im Eiltempo. Das macht es schwer, mit allen Beteiligten einfach mal ins Gespräch zu kommen. Leider. Dennoch muss man zwei grundsätzliche Sachen festhalten: Im Rat gibt es eine klare bürgerliche Mehrheit, und der Stadtrat gibt die Leitlinien vor. Und niemand anderes. Dass der Bürgermeister den Antrag der CDU, die Stadtgutscheine zur Stärkung des Einzelhandels einzuführen, die z.B. in Rees sehr erfolgreich sind, prompt öffentlich kritisierte, wurde nicht nur aus den Reihen der CDU als unverhältnismäßiges Getöse bewertet. Der normale Weg wäre gewesen, dies im Ausschuss und Rat zu beraten. Gleiches beim Thema der zweiten Jugendeinrichtung. Die Mehrheit im Rat fordert zuerst ein schlüssiges Konzept, bevor weitere Schritte gegangen werden. Der Bürgermeister sucht schon nach Gebäuden. Das geht so nicht, und das wird die CDU auch so nicht mittragen. Auch wird es spannend sein, wie sich die Grünen in den kommenden Jahren positionieren. Ich könnte mir eine punktuelle Zusammenarbeit besonders im Umweltausschuss (Anm. Matthias Reintjes ist stellv. Vorsitzender des Umweltausschusses) gut vorstellen.
Alle reden von Corona und haben Angst vor den finanziellen Folgen. Was glauben Sie: Gibt es nach Corona eine Krise in Emmerich? REINTJES Das kann man heute nicht seriös beantworten. Aktuell hat die Stadt keine so hohen Steuerausfälle zu beklagen wie vergleichbare Kommunen. Das ist positiv, aber auch nur eine Momentaufnahme. Die CDU wird daher zu den laufenden Haushaltsberatungen – abgesehen von der Forderung, die Stadtgutscheine zur Unterstützung des Einzelhandels einzuführen – keine neuen Projekte beantragen und die Situation in den kommenden Monaten abwarten. Wir werden lediglich bereits angestoßene Projekte priorisieren, u.a. dem Glasfaserausbau im Außenbereich, das Dorfentwicklungskonzept für Praest und die Entwicklung am ehemaligen „Wemmer & Jansen“-Grundstück.
Mit Ihrem Namen verband sich 2020 besonders ein Thema: das Sondervermögen zur Stärkung der Innenstadt. Gibt es da Neuigkeiten? REINTJES Das Sondervermögen nimmt weiter Fahrt auf. So wurde der Bahnhof, seit Jahren ein Schandfleck, gerade vom Sondervermögen erworben und wird in diesem Jahr umgestaltet. Ebenso die alte Polizeiwache am Geistmarkt. Hier drohte die Unterbringung von Leiharbeitern. Aktuell wird hier eine Nutzungskonzept entwickelt. Viele weitere Projekte sind in der Bearbeitung. Ich bin der festen Überzeugung, dass mit dem Sondervermögen ein wesentliches Instrument zur Innenstadtentwicklung geschaffen wurde, wo sowohl das Know-How und die Mittel da sind, solche Projekte zu stemmen. Übrigens wird auch die Start- und Popup-Store-Förderung nun umgesetzt. Dies hatte die CDU im Sommer gefordert. Hier haben Verwaltung, das Sondervermögen und die Politik schnell an einem Strang gezogen, sodass Ende des Jahres die Förderzusage aus Düsseldorf für rund 450.000 Euro aus dem „Sofortprogramm Innenstadt“gekommen ist. Das ist die größte Förderzusage im Kreis und ein Erfolg für unsere Stadt.