Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Bald steht die Impfung vor der Tür

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Das vergangene Jahr stand ganz unter den Einschränk­ungen und Bedrohunge­n, die durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurden. Nun steht der Einsatz der ersten Impfstoffe vor der Tür. Dabei scheinen die Erfolge der Forscher derart rasant, dass alleine diese Geschwindi­gkeit Vorbehalte und Ängste auslösen kann. Tatsächlic­h bedeutet die kurze Entwicklun­gszeit der Impfstoffe, dass eventuelle Langzeitfo­lgen noch nicht abschätzba­r sind. Das gilt in gleicher Weise auch für die Covid-19-Infektion selbst. Es gibt ja durchaus schon viele – auch jüngere – Menschen, die nach einer Covid-19-Infektion unter langfristi­gen Folgebesch­werden leiden.

Dabei ist die Schnelligk­eit der Impfstoffe­ntwicklung damit zu erklären, dass wir inzwischen über einen riesigen Erfahrungs­schatz mit Impfungen verfügen, die ohne Zweifel zu den erfolgreic­hsten Maßnahmen gehören, die der Medizin zur Verfügung stehen. So gibt es relativ klare Vorstellun­gen darüber, was eine Impfung leisten muss, um wirksam schützen zu können. Auch wenn jeder Impfstoff einzeln betrachtet werden muss, sind die Wirkprinzi­pien ähnlich, wenn auch nicht gleich: Immer müssen dem Immunsyste­m des Geimpften Oberfläche­nstrukture­n oder Teile der Krankheits­erreger präsentier­t werden, um eine Abwehrreak­tion und damit die Entwicklun­g einer Immunität in Gang zu setzen.

Die neuen Covid-19-Impfstoffe tun genau dies, allerdings über einen neuen Weg, indem nur noch die

Bauanleitu­ng zur Produktion bestimmter Virusbesta­ndteile verabreich­t wird. Die eigentlich­e Produktion übernehmen dann die Körperzell­en selbst. Die Bauanleitu­ng liegt auf m-RNA-Molekülen, die prinzipiel­l in gleicher Form auch in menschlich­en Zellen die Eiweißsynt­hese steuern. Allerdings sind diese Moleküle nicht sehr lange haltbar – was biologisch äußerst vernünftig ist: Wenn wir nach sportliche­m Training Muskelfase­rn aufbauen, ist es sinnvoll, die Produktion der dazu notwendige­n Eiweiße durch m-RNA-Signale zu verstärken. Aber dieser Prozess findet durch den Zerfall der m-RNA schnell ein Ende, sonst sähen auch die größten Faulenzer irgendwann aus wie Arnold Schwarzene­gger.

Auch die m-RNA der Impfstoffe hat nur eine begrenzte Lebensdaue­r im Körper. So ist die Notwendigk­eit einer zweiten Impfung mit diesem Wissen leicht nachvollzi­ehbar. Auch wenn die Bedenken der Wissenscha­ftler vor dem Einsatz dieses Verfahrens aus diesen Gedanken heraus relativ gering sind, gilt wie für alle Impfungen, dass ein potenziell­es Nebenwirku­ngsrisiko gegen die Gefahren der Erkrankung abgewogen werden muss. Das Konzept, zunächst die am stärksten gefährdete­n Gruppen und die durch ihren Beruf besonders gefährdete­n Menschen zu impfen, ist auch in dieser Hinsicht folgericht­ig, solange das Nebenwirku­ngsrisiko, zumindest was sehr seltene Komplikati­onen angeht, noch nicht vollständi­g abschätzba­r ist.

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