Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Trickbetrüger wollen Geld von Priestern
Pastor Heiner Dresen ist von einer Frau angerufen worden, die angab, in Not zu sein und finanzielle Unterstützung zu brauchen.
Pastor Heiner Dresen ist von einer Frau angerufen worden, die angab, in Not zu sein und finanzielle Unterstützung zu brauchen. Er solle 800 Euro nach Rumänien schicken. Einen ähnlichen Anruf bekam ein anderer Pfarrer in Geldern.
GELDERN Die Frau am anderen Ende der Leitung klang aufgeregt. „Herr Pfarrer, Sie kennen mich ja, bitte helfen Sie mir“, sagte eine Stimme in gebrochenem Deutsch am Telefon. Pastor Heiner Dresen versuchte sofort, auf die Frau einzugehen und sie zu beruhigen. „Mein seelsorgerliches Herz begann zu klopfen, es gab für mich im ersten Moment gar keinen Anlass, an der Notlage der Frau zu zweifeln“, berichtet der 61-jährige Geistliche aus Geldern, den der Anruf am Montag erreichte. Die Frau erzählte aufgeregt weiter, sie habe einen Autounfall in Siebenbürgen gehabt. Bei dem Unglück in Rumänien seien ihr Mann und ihre Tochter ums Leben gekommen.Damitsiemitihremverletzten Sohn zurück nach Geldern kommen könnte, bräuchte sie 800 Euro.
Als plötzlich von Geld die Rede war, stutzte Heiner Dresen zum ersten Mal und fragte kritisch nach: „Woher soll ich Sie denn kennen?“Sie komme doch immer in die Gottesdienste in Geldern, lautete die Erklärung. Der Pastor ließ nicht locker, wo sie denn wohne, wollte er wissen. Daraufhin gab die Frau die Clemensstraße als angebliche Adresse durch. Dresen bat die Frau, sich gleich noch mal zu melden und erkundigte sich derweil im Pfarrbüro. Dort erhielt er die Auskunft, dass das nicht stimmen könne. An der Clemensstraße befinde sich nur das Hospital, unter dem
angeblichen Namen der
Frau gab es auch keinen Eintrag in der Liste im Pfarrbüro.
Als Dresen die Frau kurze Zeit später damit konfrontierte, gab die den Hörer an einen angeblichen Geistlichen weiter. Der erzählte, er unterstütze die verzweifelte Frau, bestätigte die Geschichte mit dem Unfall und bat noch einmal eindringlich um Geld. Das solle per Western-Union-Überweisung nach Rumänien geschickt werden. Als Dresen daraufhin sagte, er habe nicht so viel Geld, fragte der Anrufer nach: „Wieviel haben Sie denn?“
Spätestens in dem Moment war Heiner Dresen klar, dass Betrüger am Telefon waren. Doch die waren durch die kritischen Nachfragen offenbar nervös geworden und legten schnell auf. Der Geistliche versuchtenocheinmal,aufderNummerzurückzurufen, unter der sich die Frau gemeldet hatte. Vergeblich. Niemand ging dran.
Vom Pastoralreferenten der Gemeinde erfuhr der Geistliche, dass die Betrüger am selben Tag bereits einen anderen Pfarrer in Geldern angerufen hatten. Da hatten sie 2200 Euro gefordert. „Für mich war es da ja noch relativ günstig“, sagt Dresen scherzhaft, der die ganze Sache mit Humor nimmt. „Ich bin froh, dass ich nicht darauf hereingefallen bin.“Ähnliche Anrufe habe er bereits öfter gehabt, aber niemals hätte man ihn gezielt als Pfarrer angesprochen. Das sei zum ersten Mal passiert. „Als Enkel hat sich auch noch niemand am Telefon ausgegeben“, meint Dresen lachend. Als katholischer Geistlicher hätte
er da auch sofort Verdacht geschöpft. Bagatellisieren will Dresen den Vorfall aber auch nicht. Daher hat er die Polizei eingeschaltet und Anzeige erstattet. Zudem ist Dechant Stefan Keller informiert worden. Er soll ein Schreiben aufsetzen und andere Geistliche in der Umgebung vor der Masche warnen. Dresen schüttelt den Kopf darüber, mit welch abstrusen kriminellen Absichten manche Leute inzwischen unterwegs seien. „Es ist traurig, wenn die christliche Seelsorge so ausgenutzt werden soll.“
Dass Betrüger versuchen, über die caritative Schiene Geld zu ergaunern, komme immer wieder vor, erläutert Polizeisprecher Ingo Schankweiler. Die Täter hofften, bei Geistlichen oder Kirchenvertretern mit rührseligen Geschichten Erfolg zu haben. „Seit längerer Zeit ist das hier aber der erste Fall, bei dem Unbekannte ganz gezielt Pfarrer angerufen haben“, so Schankweiler. Dresen vermutet, dass die Anrufer seine Telefonnummer vom Informationsbrief der Pfarrgemeinde hatten. Denn er wurde unter seiner Festnetznummer kontaktiert. Der andere
Geistliche stand ebenfalls auf dieser Liste.