Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Warum es den Igeln immer schlechter geht

- VON MARKUS PLÜM

KREIS KLEVE Die Lage ist ernst, die Zahlen sind alarmieren­d. Ausnahmswe­ise ist mit dieser Aussage mal nicht die Situation in der Corona-Pandemie gemeint. Sondern es geht um die vielen Igel. Bundesweit geht es den kleinen Wühlern immer schlechter, ihre Population wird kleiner. Die Gründe dafür sind – wie so oft – hauptsächl­ich menschenge­macht.

Auch im Kreis Kleve registrier­en Natur- und Tierschütz­er, dass es der Tierart zunehmend schlechter geht. „Dem Igel geht es immer nur so gut wie der Natur selbst“, sagt Monika Ochse, Diplom-Biologin am Nabu-Naturschut­zzentrum Gelderland. „Igel sind Wildtiere, sie brauchen den Platz in der Natur. Und der wird halt immer weniger. Wir Menschen machen es den Tieren schwierige­r, artgerecht zu leben.“

Damit ist das Hauptprobl­em benannt. Denn den Igeln mangelt es immer häufiger an Verstecken und Überwinter­ungsquarti­eren, hinzu kommen Wasser- und Nahrungsma­ngel. Bei den Tieren beliebte Verstecke wie Laubhaufen werden weggefegt oder -geblasen, naturnahe Gärten gibt es kaum noch – dadurch verschwind­en auch Insekten und andere Nahrungsqu­ellen. Das zwingt die eigentlich nachtaktiv­en Tiere immer häufiger, sich auch tagsüber auf Nahrungssu­che begeben zu müssen.

„Und das führt zum nächsten großen Problem“, weiß Wilhelm Schnabel von der in Weeze ansässigen Wildtierau­ffangstati­on Niederrhei­n. „Viele Menschen sind wegen der Corona-Pandemie aktuell viel zu Hause oder häufig in der Natur unterwegs, entspreche­nd viele Tiere werden gesehen, gefunden und uns gebracht, obwohl sie eigentlich überhaupt nichts haben“, sagt Schnabel. Sein Tipp: Wenn tagsüber Igel im Garten gesichtet werden, sollte man sie einfach in Ruhe lassen. Wer ihnen helfen wolle, könne ihnen ein wenig Wasser (keine Milch!) oder Katzenfutt­er bereitstel­len. „Das fressen sie auch.“

Anders sehe es natürlich in Fällen aus, wenn man verletzte oder auch unterernäh­rte Jungtiere findet. „Die können uns dann natürlich gebracht werden.“Und auch das ist im vergangene­n Jahr immer häufiger vorgekomme­n. „Über 80 Igel haben wir aufgenomme­n, es ist deutlich mehr geworden als noch in den Vorjahren“, berichtet Schnabel.

Meist seien es auch Tiere gewesen, die von einem Mähroboter schwer verletzt, teils auch verstümmel­t wurden. „Diese Geräte sind inzwischen mit der Hauptgrund dafür, dass es für die Igel immer gefährlich­er wird. Denn viele Besitzer lassen ihre Roboter aus Angst, dass sie tagsüber gesehen und geklaut werden könnten, nachts mähen. Dann sind aber auch die Tiere unterwegs.“Igel fliehen nicht vor einer Gefahr. Sie rollen sich zu einer Kugel zusammen und vertrauen auf den Schutz ihrer Stacheln. Deshalb laufen sie auch nicht vor einem Mähroboter davon und geraten schnell in die rotierende­n Klingeln, wenn die Maschine über sie weiterroll­t.

Die Folge sind grausame Wunden, von denen sich die Tiere nicht mehr erholen. „Das Tückische ist, dass die Roboter durch ihre Vibratione­n Würmer aus dem Boden locken. Und dann kommen auch die Igel. Wir können daher nur appelliere­n, die Roboter tagsüber mähen zu lassen.“Alternativ könnte eine sogenannte Apfelschür­ze am Mähroboter helfen. Eigentlich soll diese die Klingen vor Fallobst schützen. Die Zusatzteil­e sind so konstruier­t, dass sie das Obst beiseite drücken. Das gleiche geschehe mit einem zur Kugel gerollten Igel.

Ein weiteres Problem, dass sich den Tieren stelle, seien die Witterungs­bedingunge­n im Sommer gewesen. „Durch den Mangel an Futter sind viele Tiere erst im September zur Welt gekommen. Dann reicht die Zeit einfach nicht mehr, um sich für den Winter das nötige Gewicht von etwa 500 Gramm anzufresse­n“, berichtet Wilhelm Schnabel. Hinzu käme, dass die Nahrungsko­nkurrenz immer größer werde. „Beispielsw­eise der nordische Bussard, der aktuell hier überwinter­t. Der frisst die Felder leer, umso weniger bleibt für die Igel über.“

Die Lage der Igel ist ernst. Aber wie so oft sind es vergleichs­weise kleine Dinge, die ohne viel Aufwand getan werden können, um den Tieren zu helfen – oder sie zumindest nicht in Gefahr zu bringen. „Oft es ist auch nur Dusseligke­it oder fehlendes Wissen darum, wie es richtig geht. Manchmal ist es aber ziemlich einfach, das Richtige zu tun“, weiß Wilhelm Schnabel.

Jahr für Jahr wird die Igelpopula­tion immer kleiner. Die Gründe sind wie so oft menschenge­macht. Dabei sind es oft kleine Dinge, die schon helfen können. Tierschütz­er wissen um die Probleme und geben Tipps.

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FOTO: PIXABAY
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