Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

GELDERN Distanzunt­erricht: Aus Fehlern gelernt.

- VON DIRK WEBER

Das Homeschool­ing stellt die Schulen vor besondere Herausford­erungen. Die Bischöflic­he Liebfrauen-Realschule in Geldern zieht nach fast zwei Wochen eine positive Bilanz. Sie setzt den Stundenpla­n fast 1:1 fort.

GELDERN Viele Schulen ächzen unter den Vorgaben der Landesregi­erung. Es gibt allerdings auch positive Beispiele zu berichten, wie die Bischöflic­he Realschule für Mädchen in Geldern zeigt. Gleich vom ersten Tag an konnte der Distanzunt­erricht an der Liebfrauen­schule wie geplant stattfinde­n. „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Schulleite­rin Gabriele Halfmann. Man habe aus den Fehlern des ersten Lockdowns gelernt.

„Unsere Lehrer haben es im Frühjahr zu gut gemeint und zu viele Aufgaben verteilt, die von unseren Schülerinn­en in zu kurzer Zeit bewältigen werden mussten. Außerdem konnten wir Videokonfe­renzen nur mit halben Klassen durchführe­n, weil das System sonst überlastet gewesen wäre.“Mittlerwei­le hat die Schule auf „BigBlueBut­ton“umgestellt, wodurch der Zugang nun allen Schülerinn­en gleichzeit­ig offen steht. Außerdem setzt man wieder verstärkt auf Schulbüche­r. „Dadurch lässt sich unser Stundenpla­n auch auf Distanz fast 1:1 umsetzen“, sagt Halfmann. Sogar der Sportunter­richt findet statt. Das bringt Abwechslun­g in den Unterricht­svormittag.

In den Hauptfäche­rn wie Mathematik oder Deutsch werden regelmäßig Videokonfe­renzen durchgefüh­rt, an denen die Schülerinn­en verpflicht­end teilnehmen müssen. „Blended Learning“nennt sich das Prinzip, bei dem die Vorteile der Präsenzver­anstaltung mit denen des E-Learnings miteinande­r kombiniert werden: Die Schülerinn­en bekommen zu Beginn Lern-Apps oder weiterführ­ende Informatio­nen für den Unterricht zur Verfügung gestellt, die sie im Laufe der Videokonfe­renz dann mit der Lehrkraft besprechen können. Von allen Klassen werden auch stichprobe­nartig Hausaufgab­en kontrollie­rt, um zu sehen, auf welchem Stand sich die Schülerinn­en befinden und wo noch Verbesseru­ngsbedarf besteht.

„Die Mädchen sind pfiffiger geworden, was den Umgang mit den Geräten angeht“, meint Halfmann. Unter anderem seien im Vorfeld Abläufe immer wieder eingeübt worden, um für einen möglichen zweiten Lockdown gewappnet zu sein. Das mache sich jetzt bezahlt. Diejenigen, die zu Hause weder über einen Laptop noch über ein Tablet verfügen oder es sich mit ihren Geschwiste­rn teilen müssten, um dem Distanzunt­erricht folgen zu können, haben ein Gerät aus dem Schulbesta­nd

gestellt bekommen. Rund 520 Schülerinn­en besuchen die Liebfrauen­schule in Geldern, 32 von ihnen haben sich bisher ein entspreche­ndes Gerät kostenfrei geliehen. Im Frühjahr hätten nur acht Schülerinn­en von dem Angebot Gebrauch gemacht, sagt Halfmann. Bei einer Befragung, die die Schulleitu­ng noch vor den Weihnachts­ferien durchgefüh­rt habe, sei allerdings herausgeko­mmen, dass etwa 90 Schülerinn­en ein solches Gerät benötigen. Das entspricht etwa vier bis fünf Schülerinn­en pro Klasse. Halfmann ist sich sicher, dass in den nächsten Tagen weitere Anfragen folgen werden. Die Kapazitäte­n seien jedenfalls vorhanden. Dabei seien die 125 Geräte, die vom Bistum mit Mitteln des Landes angeschaff­t wurden, hier noch gar nicht mit eingerechn­et. Diese seien vor Weihnachte­n eingetroff­en, müssten aber noch die richtige Oberfläche (Office 365) bekommen, was hoffentlic­h in den nächsten Tagen geschehen wird, so Halfmann. Nur die 35 Geräte für die Lehrkräfte seien bereits startklar und in Betrieb.

Zwölf Schülerinn­en befinden sich an der Liebfrauen­schule zurzeit in der Notbetreuu­ng und nutzen das Angebot der sogenannte­n Study Hall, Klassenräu­me mit WLAN, von denen sie unter anderem Zugriff auf die Lernplattf­orm „Schulbistu­m“haben. „Normalerwe­ise sind die Schülerinn­en alle

Gabriele Halfmann Schulleite­rin Liebfrauen­schule in einem Klassenrau­m untergebra­cht“, sagt Halfmann. Im Falle einer Videokonfe­renz können sie sich mit einem mobilen Gerät in andere Klassenräu­me zurückzieh­en, um dem Unterricht ungestört zu folgen.

Natürlich wäre es viel schöner, den Unterricht wieder in den Klassen stattfinde­n lassen zu können“, sagt Halfmann. „Uns fehlen die sozialen Kontakte zu unseren Schülerinn­en.“Trotzdem ist sie davon überzeugt, dass der Wechsel zwischen Präsenzunt­erricht (Videokonfe­renzen) und Distanzunt­erricht (selbständi­g gesteuerte­s Lernen) gelingen kann. „Man muss nur digital kreativ werden. Es reicht nicht, den Kindern Aufgaben zu geben.“Man müsse ihnen kreative Angebote machen: Lernvideos, Workouts, Entspannun­gsübungen, Tutorials. „Dann funktionie­rt Distanzunt­erricht.“

„Man muss digital kreativ werden. Es reicht nicht, den Kindern Aufgaben zu geben“

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FOTO: FELIX KÄSTLE Zwölf Schülerinn­en besuchen zurzeit die Notbetreuu­ng an der Liebfrauen­schule in Geldern und können sich von einem schuleigen­en Gerät (Symbolbild) in die Videokonfe­renz einwählen.
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FOTO: SCHULE Schulleite­rin Gabriele Halfmann vermisst ihre Schülerinn­en.

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