Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Im Lockdown geht der Pfarrer ins Netz
Statt „live“treffen sich die Mitglieder der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde Kevelaer zu Online-Gottesdiensten. Mit Videochat und Briefen bleibt man in Kontakt. In St. Maria Magdalena Geldern gibt es noch Präsenzgottesdienste.
Statt „live“treffen sich die Mitglieder der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde Kevelaer zu Online-Gottesdiensten.
GELDERLAND Es ist schon ein kleines Ritual. Wenn Anneke Meredig am Sonntag vom Joggen kommt, geht es auf die Couch und von da direkt in den Gottesdienst. Der Weg mit dem Fahrrad zur Kirche oder zu Fuß entfällt. Der Lockdown verbannt die Gottesdienstbesucher in das heimische Wohnzimmer. Normalerweise würde die Kevelaererin ihre Freunde und Bekannten in der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde (EFG) in der Händelstraße in Kevelaer treffen. Aber da auch weiterhin Kontaktbeschränkungen wegen der Pandemie gelten, finden die Gottesdienste online statt. Am Anfang sei sie nur Zuschauerin gewesen, sagt Anneke Meredig, mittlerweile macht sie mit, auch wenn es sich am Anfang merkwürdig angehört und angefühlt hat, im eigenen Wohnzimmer zu singen statt mit vielen in der Kirche. Auch andere Treffen finden in Online-Meetings statt. Es ist anders als sonst. „Man muss dran denken, das Mikrofon einzuschalten und damit nicht alle durcheinanderreden, hilft es, ein Zeichen zu geben“, erklärt Anneke Meredig. Gerade für ältere Menschen sei das nicht immer einfach. „Der direkte Kontakt, die vertrauten Gespräche, das fehlt am meisten“, fasst die Kevelaererin zusammen. Und dennoch: Jede Kirchengemeinde macht das für sich beste Angebot, um seine Mitglieder, Freunde und Nachbarn auf dem Laufenden zu halten, Kontakte weiterhin zu pflegen und praktische Hilfe anzubieten, sind die Mitglieder der Kevelaerer EFG überzeugt. „E-Mails versenden, Tür-, Fenster- oder Balkongespräche mit ausreichend Abstand, Postkarten und auch Briefe sind zum Glück trotzdem möglich“, nennen die Mitglieder Beispiele, was alles noch geht, um Nähe aufzubauen. Bei einem Videotelefonat kann man sogar zusammen Kaffee oder Tee trinken.
Und dennoch ersetze das alles nicht die Gottesdienste, in denen man zusammenkommt, sagt Issums evangelische Pfarrerin Yvonne Brück. Seit dem vierten Advent geht auch dort alles nur noch online. Die evangelische Landeskirche hatte die Empfehlung ausgesprochen, und dem ist das Presbyterium gefolgt. „Schweren Herzens“, sagt die Pfarrerin. So gab es an Weihnachten kein gemeinsam gesungenes „Oh Du Fröhliche“bei Kerzenschein in der voll besetzten Kirche. Stattdessen wurden Tüten zum Abholen fertig gemacht: mit Mini-Krippe und Predigt zum zu Hause lesen. „Bei allem was schwierig ist, bringt diese besondere Zeit auch neue Gedanken
und Impulse mit“, sagt Yvonne Brück. So werden durch die Online-Gottesdienste auch Menschen angesprochen, die sonst seltenst zu den Gottesdiensten kamen. Ob die irgendwann den Schritt vom digitalen zum analogen Gottesdienst mitgehen, das werde sich zeigen.
Der digitale Weihnachtsgottesdienst von Heiner Dresen und Christian Olding sei eingeschlagen wie eine Bombe, sagt Pfarrer
Arndt Thielen von St. Maria Magdalena im Rückblick. Auch das Digitale habe mit Verkündigung zu tun, so Thielen. Auf Präsenzgottesdienste möchte die katholische Kirchengemeinde aber nicht verzichten. Natürlich Corona-konform, das bedeutet mit Abstand und Maske. Das gemeinsame Singen ist nicht erlaubt. Dass es auch weiterhin Präsenzgottesdienst gibt, „natürlich ist das schwer vermittelbar“, sagt der
Gelderner Pfarrer. „Aber es gibt immer Menschen, die Seelsorger brauchen, vielleicht auch mehr als sonst. Wo sollen sie denn hin?“Beim gemeinsamen Gottesdienst würden die Menschen auf einer anderen Ebene erreicht. „Wenn ich als Pastor nicht dafür stehe, wer denn dann?“Das Angebot ist freiwillig, so Thielen. Wer die Predigt lieber zu Hause hört, findet sie auf der Homepage digital zum Anhören daheim.