Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
CDU und Grüne verlassen aus Protest den Saal
Eklat im Klever Hauptausschuss: Auslöser war eine halbstündiger Vortrag vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Christian Nitsch.
KLEVE Gut eine halbe Stunde redete SPD-Fraktionschef Christian Nitsch zum Haushalt der Stadt Kleve. Die Fraktionen von CDU und Grüne hatten zuvor den großen Saal der Stadthalle, in der die Sitzung tagte, aus Protest verlassen. Die Fraktionsvorsitzenden von CDU, Grüne, FDP und auch AfD hatten ihre Reden im Vorfeld oder in der Sitzung schriftlich zu Protokoll gegeben – aus Rücksicht auf die Länge der Sitzung in Zeiten von Corona. Auch in Corona-Zeiten sind nämlich politische Sitzungen erlaubt und auch gewollt. Diese Sitzungen sollen aber mit Blick auf die Ansteckungsgefahr auf das Notwendigste beschränkt sein. Nach ausführlicher Diskussion – die Fraktionen waren wieder alle vollzählig – wurde der Haushalt gegen die beiden Stimmen der Offenen Klever (OK) verabschiedet.
Im Vorfeld der Sitzung des Hauptausschusses, der anstelle des Rates tagte, hatten vor allem Christian Nitsch für die SPD und Udo Weinrich für die OK darauf gedrungen, möglichst keine Fachausschüsse tagen zu lassen und wenn, dann wirklich nur die, in denen Beschlüsse gefasst werden sollten. Als dann aber Christian Nitsch zum Rednerpult marschierte, erklärte Hiob, dass er jetzt mit Blick auf Corona den Mitgliedern seiner CDU-Fraktion freistelle, den Saal zu verlassen. Die Etatrede habe keine Relevanz für die späteren Beschlüsse und deshalb müsse man sich in dieser Zeit dem Risiko nicht aussetzen. Dem schlossen sich die Grünen an. Beide Fraktionen verließen nach und nach den Saal. Nach der halbstündigen Rede Nitschs erklärte Daniel Rütter, Fraktionschef der
Klever FDP, er sei verwundert, dass angesichts der Mahnungen im Vorfeld gerade die Sozialdemokraten auf ihrem Rederecht bestanden hätten. „Wir verzichten auf Reden in derartiger Länge, weil wir so in Pandemie-Zeiten die Sitzung so kurz wie möglich halten wollen. Nachdem ich ihre Rede gehört habe, muss ich sagen, es wäre sinnig gewesen, auch rauszugehen“, attackierte er den SPD-Fraktionschef.
OK-Fraktionschef Udo Weinrich hingegen erklärte, er empfinde die unangekündigte, demonstrative, kollektive und kompromisslose Weigerung der Ausschussmitglieder von Grünen und CDU, die Stellungnahme des SPD-Fraktionsvorsitzenden zum Haushalt anzuhören, als stillos. Er sehe das als Geringschätzung der politischen Kultur, die er den beiden Parteien nie zugetraut hätte. Nitsch selbst verwahrte sich dagegen, dass man seine Rede ignoriere: Das sei schlechter Stil, so der SPD-Fraktionschef. Die Klever SPD sprach nach der Sitzung von einem Eklat. Sie Klever CDU von „unsolidarischer Uneinsichtigkeit“der SPD, durch die Teilnehmer der Sitzung einer unnötigen Gefährdung ausgesetzt wurden, so CDU-Sprecher Gerd Driever.
In seiner Rede war Nitsch auf bundespolitsche Hilfen in Zeiten von Corona eingegangen, auf das Pariser Klimaschutzabkommen, auf die Anfänge der Amtszeit von Sonja Northing und auf die Rücklagen der Stadt, die mit Hilfe von Olaf Scholz erst später in Angriff genommen werden müsse. Kämmerer Willibrord Haas sprach später von „kreativer Buchführung“. Zudem betreffe die Ausgleichszahlung vom Bund für die ausgefallene Gewerbesteuer den zurückliegenden Haushalt 2020, hier diskutiere man aber den Haushalt 2021. Er werde die tatsächlichen Defizite im Haushalt weiter benennen.
Nach der Nitsch-Rede wurden noch einmal alle 50 Anträge an den Haushalt ausführlich diskutiert und einzeln abgestimmt – denn weder die Offenen Klever noch die SPD hatten an der für diese Diskussion anberaumten Hauptausschuss-Sitzung im Dezember 2020 teilgenommen, so dass die Anträge dieser Parteien dort nicht diskutiert und beschlossen wurden. Die SPD beantragt, zu prüfen, ob man in Stadtnähe im Reichswald nicht einen Baumwipfelpfad bauen könne – das sei eine Attraktion und die nächsten Wege durch die Baumwipfel wären 150 Kilometer entfernt. „Das wäre ein richtiges Alleinstellungsmerkmal“, begründete Josef Gietemann die Idee. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
Einstimmig ging auch der Antrag der CDU durch, die Tiefgarage unter dem Rathaus endlich als Fahrrad-Garage zu nutzen, was in der vergangenen Ratsperiode Jörg Cosar und
Wiltrud Schnütgen (Grüne) immer wieder angemahnt hatten. Einstimmig angenommen wurden auch die FDP-Anträge zur Aussetzung der Beherbergungsabgabe und der Sondernutzungsgebühr
für Außengastronomie und der Antrag der Offenen Klever zum E-Government: Hier wird eine deutliche Erhöhung des Ansatzes geprüft.