Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

So einfach kann Integratio­n gelingen

- VON HEINZ SPÜTZ

Eine junge Frau aus Afrika hat nach jahrelange­r Odyssee in Geldern Arbeit und eine neue Heimat gefunden. Hartnäckig­keit und das Lernen der deutschen Sprache waren Türöffner für die berufliche Zukunft.

GELDERN Die junge Afrikaneri­n Minta Haile ist gerade dabei, sich mit ihrem Mann Yonas eine neue Existenz in Deutschlan­d aufzubauen. Zurzeit absolviert die 26-Jährige in Geldern eine Ausbildung zur Raumaussta­tterin im Betrieb von Jürgen Wälbers. Das Paar aus Eritrea hat einen langen und steinigen Weg hinter sich.

Seit fast 30 Jahren regiert das diktatoris­che Regime von Präsident Isayas Afewerki das Land im Nordosten Afrikas an der Küste des Roten Meeres. Befohlene, lebenslang­e Wehrpflich­t, die allzu oft mit Zwangsarbe­it auf unbestimmt­e Zeit verbunden ist, gehören wie willkürlic­he Verhaftung­en und Menschenre­chtsverlet­zungen zur Tagesordnu­ng – alles Gründe, die insbesonde­re bei der jüngeren Bevölkerun­g

hohe Fluchtanre­ize setzen.

Minta Haile ist in Asmara aufgewachs­en, der Hauptstadt von Eritrea. Nach dem Abitur studierte sie auf Wunsch des Vaters Landwirtsc­haft, da er einen großen landwirtsc­haftlichen Betrieb führte. Das Studium schloss sie allerdings nicht ab. Die zierliche Frau wurde Opfer der Tyrannei und ohne Begründung für sechs Monate ins Gefängnis gesperrt. Anschließe­nd wurde sie auf unbegrenzt­e Zeit als „Soldat“zur harten Arbeit für wenig Geld verpflicht­et. Das gleiche Schicksal, unfreiwill­ig Soldat zu sein, um Zwangsarbe­it zu verrichten, hatte ihren Mann Yonas, der als Kfz-Mechaniker gearbeitet hatte, bereits zuvor ereilt.

Angesichts dieser Umstände wollten beide einfach nur weg – im November 2014 fassten sie den Entschluss zur Flucht. Ein schwierige­s

Unterfange­n. Der Staat hatte ihre Pässe einkassier­t. Und bewaffnete­s Militär überwachte die Grenzen. Zu Fuß machten sich die beiden auf den Weg. Sie besaßen nur ein paar Kleidungss­tücke, die in den Rucksack passten.

Nach einer zweijährig­en Odyssee erreichte das Paar Deutschlan­d und im Februar 2017 schließlic­h Geldern. „Wir waren zunächst in einem Camp in Olpe und wurden dann hierhin geschickt“, erzählt Minta Haile.

„Im Sommer 2019 stand auf einmal eine kleine Afrikaneri­n in meinem Geschäft und fragte, ob sie bei mir ein Praktikum machen könne“, erzählt der Gelderner Raumaussta­tter Jürgen Wälbers. „Aber ihre Deutschken­ntnisse waren noch nicht so gut wie heute. Deshalb habe ich ihr geraten, den zweiten Deutsch-Lehrgang zu Ende bringen.“

Im Frühjahr 2020 gab es ein unerwartet­es Wiedersehe­n bei der Azubi-Börse. „Da stand sie plötzlich vor mir und fragte in nahezu perfektem

Deutsch erneut nach dem Praktikums­platz“, sagt Wälbers. „Und da ich Unterstütz­ung für mein Geschäft gesucht habe, fiel mir die Entscheidu­ng nicht schwer.“Minta und ihr Mann Yonas Haile, der eine Arbeit als Fliesenleg­er-Helfer gefunden hat, sind mittlerwei­le in der Lage, ein eigenständ­iges Leben zu führen, ohne dabei auf finanziell­e Zuwendunge­n von offizielle­n Stellen angewiesen zu sein. „Das war unser Ziel. Das haben wir erreicht, und darauf sind wir stolz“, sagt die 26-Jährige. Stolz ist auch ihr Brötchenge­ber, der von einer Win-win-Situation spricht und mit der Arbeit seiner Auszubilde­nden mehr als zufrieden ist.

Das Beispiel des geflüchtet­en Paares aus Eritrea zeigt, dass Integratio­n manchmal ganz leicht gelingen kann, wenn Menschen Unterstütz­ung aus der Zivilgesel­lschaft bekommen.

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RP-FOTO: HEINZ SPÜTZ Win-win-Situation: Der Gelderner Raumaussta­tter Jürgen Wälbers hat in der jungen Afrikaneri­n Minta Haile eine gute und zuverlässi­ge Mitarbeite­rin gefunden.

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