Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Rathäuser stoppen „Bürotourismus“
Die meisten Mitarbeiter wurden ins Homeoffice geschickt. Der Betrieb läuft weiter – unter strengen Auflagen.
Die meisten Mitarbeiter der Verwaltungen im Gelderland wurden ins Homeoffice geschickt. Der Betrieb geht weiter – unter strengen Auflagen.
GELDERLAND Nachdem sich im Weezer Rathaus weitere Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert haben, hat Bürgermeister Georg Koenen entschieden, das Rathaus für mindestens eine Woche zu schließen (wir berichteten). Es gibt nur eine Notbesetzung, die in der Verwaltung anzutreffen ist. Wie sieht es in den anderen Rathäusern im Gelderland aus? Wir haben uns umgehört.
Kevelaer Ordnungsamtsleiter Ludger Holla hat noch am Sonntagabend der Nachbarkommune Weeze Hilfe angeboten. „Wenn die Verwaltung Unterstützung im Ordnungsbereich benötigt, würden wir helfen“, sagt Holla. Das Beispiel von Weeze zeige, wie ernst die Lage sei. Für Kevelaer sei das der Anlass gewesen, im Krisenstab noch einmal über verschärfte Maßnahmen im Rathaus zu sprechen. So sollen Masken jetzt im Büro auch schon beim Aufstehen getragen werden. Zudem gibt es genaue Vorgaben, wann die Büros zu lüften sind. Wie in Corona-Zeiten gearbeitet werde, sei von Fachbereich zu Fachbereich unterschiedlich. In einigen Teilen der Verwaltung arbeitet die Hälfte im Homeoffice, in anderen Bereichen wird mit einem Schichtsystem gearbeitet. Ins Rathaus kommen Besucher nur nach Terminabsprache. Bisher blieben Mitarbeiter im Rathaus vom Virus verschont. Infektionen hatte es aber in Außenstellen wie Kitas oder Mittagstreff gegeben.
Geldern Da zurzeit kein positiver Corona-Fall innerhalb der Gelderner Verwaltung bekannt ist, sind aktuell auch keine umfassenden Testungen geplant. Seit dem ersten Lockdown im März hatte Bürgermeister Sven Kaiser weniger als fünf Index-Fälle zu beklagen. Rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten in Quarantäne geschickt werden. Die Parole lautet: „Es sollen möglichst alle Kollegen in den Bereichen, wo es möglich ist, von zuhause aus arbeiten“, so der Verwaltungschef. Mehr als 130 Homeoffice-Arbeitsplätze seien nach dem ersten Lockdown in kurzer Zeit eingerichtet worden. Seit Sommer gilt die Regel, dass alle Besucher, die das Rathaus betreten wollen, vorher einen Termin vereinbaren müssen. Seit Monaten herrscht Maskenpflicht, auch für Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz verlassen oder an einer Besprechung teilnehmen. In regelmäßigen Abständen wird auch auf den Fluren gelüftet. Seit Sommer hat die Stadt Geldern außerdem die Kontaktnachverfolgung selbst übernommen. Somit ist das Ordnungsamt sofort im Bilde, wenn es positive – auch interne Fälle – gibt und kann die Betroffenen gleich in Quarantäne schicken.
Issum Für das Issumer Rathaus ist aktuell keine Schließung vorgesehen, weil es keine positiven Covid19-Fälle bei Mitarbeitern gibt. Eine Reihentestung ist aus dem gleichen Grund aktuell nicht geplant. Allerdings sei man offen für das Thema, wenn Mitarbeiter getestet werden möchten, erklärt Issums Bürgermeister Clemens Brüx. Den Homeoffice-Anteil schätzt er auf 30 bis 40 Prozent. „Wir haben alles ausgeschöpft“, sagt Brüx. Nicht alles sei im Homeoffice möglich. „Wir legen Wert darauf, dass wir für die Bürger da sind und möglichst alle Dienstleistungen anbieten“, so der Bürgermeister. Deswegen ist das Bürgerbüro besetzt und kann nach Terminabsprache besucht werden. Auch die drei IT-Fachleute können nicht alle Arbeiten im Homeoffice erledigen, wenn es zum Beispiel um Reparaturen geht. Und vor allem die Mitarbeiter des Bauhofs sind weiterhin „draußen“im Einsatz, unter anderem für den Winterdienst.
Kerken In der Gemeinde haben Bürger nur mit Termin und nur für wichtige, unaufschiebbare Erledigungen Zugang zum Rathaus, seit Montag nur mit FFP2- oder einer vergleichbaren Maske. Für die Mitarbeiter gilt Homeoffice im wöchentlichen Wechsel. Es wurden Einzelbürolösungen und Spuckschutzwände geschaffen. Hausinterne Besprechungen finden nur noch telefonisch, per E-Mail oder als Videokonferenz statt, „Bürotourismus“soll es nicht geben. Entsprechend gab es bisher nur zwei Corona-Fälle in der Verwaltung. „Beide sind wieder gesund und ohne Nachwirkungen“, sagt Bürgermeister Dirk Möcking. „Die Maßnahmen waren erfolgreich im Hinblick auf die geringe Erkrankungszahl meiner Mitarbeiter sowie deren Leistungsfähigkeit“, so der Verwaltungschef. Die Bürger hätten Verständnis für die Rathausschließung und für das Erfordernis der Terminvereinbarung. „Wie beim ersten Lockdown konnten viele Anfragen telefonisch oder per E-Mail bearbeitet werden.“
Straelen In Straelen arbeiten zwei Teams immer im Wechsel von zu Hause oder im Rathaus, so bleibe immer ein Team einsatzfähig, sollte eine Corona-Infektion auftreten, erklärt Bürgermeister Bernd Kuse. Aktuell gebe es keine Fälle, ein Mitarbeiter war im Rahmen der Österreich-Rückkehrer bei der ersten Welle betroffen, zwei weitere Mitarbeiter der Verwaltung Anfang der zweiten Welle. Weil das Rathaus für den allgemeinen Publikumsverkehr geschlossen ist (Termine gibt es nur nach Anmeldung) gebe es deutlich weniger Besucher und Kontakte als üblich. Wie überall gelten besondere Hygienemaßnahmen und Maskenpflicht. Die Möglichkeit einer Reihentestung sei tatsächlich vor kurzem diskutiert worden, man werde das Thema angehen, so Kuse. Er gehe davon aus, eine Reihentestung in den nächsten Wochen anzubieten.
Wachtendonk Vor Weihnachten hatte es einen Covid-19-Fall in der Wachtendonker Verwaltung gegeben. Es habe daraufhin keine weiteren Infektionen gegeben. Das habe man als Bestätigung gewertet, dass das bisherige Konzept funktioniert, sagt Wachtendonks Bürgermeister Paul Hoene. Das Konzept sei eine Kombination aus Homeoffice, Maskenpflicht und Verzicht auf Besprechungen, wo es eben geht. Ungefähr die Hälfte der Mitarbeiter sind im Homeoffice, damit habe man eine gute räumliche Entzerrung erreicht. Für alle Mitarbeiter werden FFP2-Masken zur Verfügung gestellt. Ansonsten gilt ohnehin: Externe kommen nur ins Rathaus nach vorheriger Terminabsprache. Eine Reihentestung aller Mitarbeiter ist bisher nicht vorgesehen. Dazu gibt die aktuelle Situation keinen Anlass. In der nächsten Videokonferenz werde das aber sicher Thema sein, so Hoene.
Weeze Nach den Infektionen bleibt das Rathaus jetzt erst einmal geschlossen. Fünf Mitarbeiter sind dort die Notbesetzung. In den kommenden Tagen soll nach Möglichkeit weiteres Personal dazukommen, das keinerlei Kontakt zu den Infizierten hatte. Noch sei niemand im Krankenhaus, einige hätten Erkältungssymptome. „Wir hoffen, dass wir glimpflich aus dieser Situation herauskommen“, sagt Bürgermeister Georg Koenen.