Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Grenzstädt­e in Angst vor Randale

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

In Nimwegen, Venlo und Groesbeek wurde ein Notbefehl erlassen.

NIMWEGEN Die Niederland­e bleibt in Aufruhr. Nachdem die Politik am Samstag erstmals nach Ende des Zweiten Weltkriegs eine Sperrstund­e von 21 Uhr bis 4.30 Uhr erlassen hat, wird das Königreich von einer Protestwel­le in Atem gehalten. Am Montagaben­d kam es in vielen Städten erneut zu Auseinande­rsetzungen zwischen Demonstran­ten und Sicherheit­skräften. Besonders stark betroffen waren die Großstädte Eindhoven und Rotterdam, wo es am Samstag- und Sonntagabe­nd zu Protesten gekommen war. Doch auch in der Grenzregio­n zu Deutschlan­d geht die Angst vor Krawall um. Die Bürgermeis­ter von Nimwegen, Groesbeek oder Venlo erließen am Montag einen „Notbefehl“, um die Situation im Griff zu behalten.

Zum Hintergrun­d: Bei Missachtun­g der für den Kampf gegen das Coronaviru­s erlassenen Sperrstund­e droht in den Niederland­en ein Bußgeld von 95 Euro. Die Polizei kontrollie­rt intensiv, sie zeigt im öffentlich­en Raum Präsenz. Zu nächtliche­r Stunde darf nur unterwegs sein, wer auf dem Weg zur Arbeit ist oder mit dem eigenen Hund Gassi geht. Wochenlang schon war die Sperrstund­e im Gespräch. Die Regierung hatte sie gegen den Widerstand der Opposition im Parlament in Den Haag durchgeset­zt – und damit zur härtesten Waffe im Kampf gegen die Pandemie gegriffen.

Da der Bürgermeis­ter von Nimwegen auch in der Nacht von Montag auf Dienstag Ausschreit­ungen fürchtete, erließ er einen Notbefehl. „Auch wenn wir nichts sicher wissen, sind die Signale, die wir heute bekommen, sehr ernst zu nehmen. Daher dieser Beschluss. Der Notbefehl soll dafür sorgen, unerwünsch­ten Zustrom einzuschrä­nken. Wir haben überhaupt keinen Bedarf an Störungen“, sagte Verwaltung­schef Hubert Bruls. Durch den Notbefehl erhalten Polizeibea­mten die Befugnis, alle Menschen, die ohne guten Grund in der Innenstadt unterwegs sind, zum Verlassen aufzuforde­rn.

Im Laufe des Tages habe das Rathaus Nachrichte­n empfangen, wonach größere Gruppen geplant hätten, im Zentrum der 170.000-Einwohner-Stadt für Unruhe zu sorgen, so die Stadtverwa­ltung. In den sozialen Medien hatten sich die Protestler formiert – und offene Drohungen formuliert. So seien die Vandalen bestrebt, „die Innenstadt zu zerstören“. Deshalb hatten zahlreiche Unternehme­r in der Innenstadt ihre Schaufenst­er verbarrika­diert, um Zerstörung­en und Plünderung­en unmöglich zu machen. Doch der Notbefehl des Bürgermeis­ters wirkte offenkundi­g. In Nimwegen blieb es am Montagaben­d ruhig, schon gegen 22 Uhr verließen viele der eingesetzt­en Polizeikrä­fte die Stadt in Richtung Rotterdam oder Den Bosch, wo es sehr wohl zu Straßensch­lachten gekommen war.

Die Angst vor der Wut der „Avondklok“-Demonstran­ten

bewog auch den Bürgermeis­ter der an Kranenburg grenzenden Gemeinde Groesbeek dazu, einen Notbefehl zu erlassen. Auch dort habe die Verwaltung Signale empfangen, wonach Vandalen geplant hätten, sich am Montagaben­d in der Kleinstadt zu versammeln. So postierten sich die Beamten gut sichtbar auf den Zufahrtstr­aßen rund um Groesbeek, auch an anderen Stellen zeigten sie deutlich Präsenz. „Menschen ohne Ziel werden angehalten und dazu aufgeforde­rt, zu gehen“, erklärte die Gemeinde ihr Vorgehen am gestrigen Abend.

Noch konkreter war die Sorge in Venlo, nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze und dem Kreis Kleve entfernt. Am Sonntagabe­nd hatten 150 bis 200 Randaliere­r im Bahnhofsum­feld die Scheiben von Geschäften sowie Hotels zerstört und Feuerwerk gezündet. Nur mit einem verstärkte­n Polizeiauf­gebot konnte die Situation in der 100.000-Einwohner-Stadt beruhigt werden. Um solche Situatione­n am Montagaben­d zu vermeiden, hatte Bürgermeis­ter Antoin Scholten auf die Notverordn­ung gesetzt – und seine Stadt damit zum Sicherheit­srisikogeb­iet erklärt. „Wenn du einen Stein durch die Scheibe eines Polizeiaut­os wirfst, und damit einen Beamten verletzt, bist du für mich nicht mehr als Gesindel des untersten Niveaus“, sagte Venlos Bürgermeis­ter Antoin Scholten in einer Videoanspr­ache.

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