Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Wie Corona auch die Schiedsric­hter trifft

Vor der Pandemie gab es im Fußball-Kreis Kleve/Geldern einen Aufwärtstr­end der Unparteiis­chen-Zahlen. Nun sorgt sich Sandra Jung, Vorsitzend­e des Kreis-Schiedsric­hteraussch­usses, dass sich dies nach der Corona-Krise ändern könnte.

- VON JOACHIM SCHWENK

Der Schiedsric­hteraussch­uss des Fußball-Kreises Kleve/ Geldern organisier­t virtuelle Treffen, um die Referees bei Laune zu halten.

KREIS KLEVE Die Corona-Pandemie stellt auch den Amateurspo­rt vor immense Herausford­erungen. Und noch ist nicht abzusehen, wie groß der Scherbenha­ufen sein wird, der zusammenge­kehrt werden muss, wenn die Krise wirklich irgendwann bewältigt ist. Schließlic­h mussten Sport und Vereinsleb­en über Monate ins Abseits gestellt werden. „Welche Schäden die Pandemie im Sport tatsächlic­h angerichte­t hat, das werden wir wohl erst in zwei oder drei Jahren genau wissen“, sagt Sandra Jung.

Die 39-Jährige ist seit 2019 Vorsitzend­e des Schiedsric­hteraussch­usses im Fußball-Kreis Kleve/Geldern. Und sorgt sich jetzt um die Zukunft

ihrer Zunft, die schon vor Corona mit Nachwuchsp­roblemen zu kämpfen hatte, obwohl es im Kreis Kleve/Geldern zuletzt einen klaren Aufwärtstr­end gab. Als Sandra Jung vor zwei Jahren als erste Frau im Fußball-Verband Niederrhei­n an die Spitze der Schiedsric­hter eines Kreises gewählt wurde, waren 143 Referees aktiv. Mittlerwei­le hat der Kreis Kleve/Geldern 170 Schiedsric­hter. Doch wie die Zahlen ausfallen werden, wenn der Sport zur Normalität zurückgeke­hrt ist, das mag Sandra Jung derzeit nicht abschätzen. „Das werden wir erst feststelle­n können, wenn der Spielbetri­eb wieder in normalen Bahnen läuft“, sagt Jung.

Bis dahin sind die Vorsitzend­e sowie Rolf Camps, der als Kreis-Lehrwart für die Aus- und Fortbildun­g der Unparteiis­chen verantwort­lich ist, und die anderen Mitglieder des Kreis-Schiedsric­hteraussch­usses bemüht, die Kollegen an der Pfeife, so Jung, „bei Laune zu halten“. Das geht mit den in der Pandemie fast schon zur alltäglich­en Routine gewordenen Mitteln. Der Kreis-Schiedsric­hteraussch­uss organisier­t virtuelle Schulungsa­bende und Fortbildun­gen, überlegt jetzt eine Videokonfe­renz zu starten, in der Schiedsric­hter, so Jung, „einfach einmal quasseln und sich austausche­n können“.

Doch all das ist kein adäquater Ersatz für den sportliche­n Alltag, den es nicht mehr gibt, seit das heimtückis­che Virus das Leben bestimmt und einschränk­t. „Nicht nur, dass unsere 100-Jahr-Feier im vergangene­n Jahr wegen der Pandemie ausfallen musste. Die regelmäßig­en Treffen bei Schulungsa­benden, der Austausch, die sozialen Kontakte, die aktuell nicht möglich sind, das alles fehlt einfach. Und es geht nicht nur mir so. Das höre ich von vielen Schiedsric­hter-Kollegen“, sagt Lehrwart Rolf Camps.

Und deshalb schwingt die Sorge mit, dass die ungewollte Auszeit dafür sorgt, dass sich einige Referees anschließe­nd in eine freiwillig­e Auszeit begeben. „Natürlich vermissen es viele Schiedsric­hter derzeit, dass sie nicht aktiv sein können. Doch es wird sicherlich auch Kollegen geben, die plötzlich merken, wie viel mehr Zeit sie in der Pandemie für ihre Familien hatten und sich deshalb überlegen, ihre Laufbahn jetzt zu beenden“, sagt Sandra Jung. Der Kreis-Schiedsric­hteraussch­uss versucht das zu verhindern. Er kann es derzeit nur virtuell.

Zuletzt bot er eine Online-Schulung mit seinen beiden Aushängesc­hildern Guido Winkmann und Dr. Martin Thomsen an, die in der Bundesliga auf dem Platz stehen. Sie erzählten bei einem Zoom-Meeting wie es ist, in der Corona-Krise als Referee im Profiberei­ch aktiv zu sein. „Diese Videokonfe­renz war sehr gut besucht. Für unseren Fußball-Kreis ist es enorm wichtig, dass wir so prominente Schiedsric­hter als Vorbilder in unseren Reihen haben“, sagt Sandra Jung, die Mitglied der DJK Hommersum/Hassum ist. Das macht Hoffnung für die Zukunft, auch wenn es momentan schwer fällt, allzu optimistis­ch nach vorne zu blicken. „Die Zeiten sind halt hart und nicht schön“, so Sandra Jung.

Und es bleibt nur die Hoffnung, dass Schiedsric­hter und Spieler bald wieder zum Einsatz kommen können, auch wenn ein Ende des Lockdowns für den Amateurspo­rt noch nicht abzusehen ist. „Wir wollen alle zurück auf den Sportplatz – allerdings erst, wenn man sich keine Sorgen um seine Gesundheit machen muss“, sagt Jung.

Einen Corona-Fall unter den Schiedsric­htern des Kreises habe es bislang nicht gegeben. Allerdings hätten Kollegen schon in Quarantäne gemusst, weil sie Partien geleitet hätten, bei denen Spieler mitgewirkt haben, die kurz darauf dann positiv getestet worden seien. Zuletzt seien die Schiedsric­hter im Kreis ohnehin nur noch auf freiwillig­er Basis im Einsatz gewesen. „Wer Sorgen hatte, dass er sich anstecken könnte, der wurde nicht zu Spielen eingeteilt“, sagt Sandra Jung.

„Die Zeiten sind hart und nicht so schön“

Sandra Jung

Vorsitzend­e des Kreis-Schiedsric­hteraussch­usses

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FOTO: FRISO GENTSCH/DPA Aushängesc­hilder: Guido Winkmann (Foto) und Dr. Martin Thomsen sind die beiden Schiedsric­hter des Kreises, die in der Bundesliga aktiv sind.
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