Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

57 Corona-Infizierte in Flüchtling­sheim

Die Kölner Unterkunft steht unter Quarantäne: 42 der positiv Getesteten haben sich mit der südafrikan­ischen Virusvaria­nte infiziert.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Mehrere Polizeifah­rzeuge stehen am Sonntagabe­nd vor einer Flüchtling­sunterkunf­t an der Herkulesst­raße in Köln-Ehrenfeld. Die Beamten sollen mit Mitarbeite­rn des Ordnungsam­ts sicherstel­len, dass niemand das Gebäude verlässt oder betritt. Alle 108 Bewohner der Unterkunft stehen unter Quarantäne, weil bei 31 von 41 positiv auf das Coronaviru­s getesteten Bewohnern die südafrikan­ische Variante nachgewies­en wurde. Auch elf von 16 positiv getesteten Beschäftig­ten haben sich nach Angaben der Stadt mit der Virusvaria­nte infiziert.

Nach Angaben der Stadt leben fast ausschließ­lich Familien in der kommunalen Einrichtun­g. Die meisten stammen aus Albanien, Mazedonien und Bosnien. Vor etwa elf Tagen waren zunächst zwei Beschäftig­te positiv auf das Coronaviru­s getestet worden – wo sie sich infiziert haben, ist noch ungeklärt. „Innerhalb einer Woche gab es sieben weitere Fälle, vergangene Woche wurde der erste Fall einer Virusvaria­nte nachgewies­en“, teilt die Stadt mit. Ein Beschäftig­ter sei im Krankenhau­s. Nachdem die Unterkunft ohnehin schon unter Quarantäne stand, will das Gesundheit­samt nun ganz sichergehe­n, dass niemand das Haus verlässt.

Nachdem im Frühjahr 2020 bereits mehrere Flüchtling­sunterkünf­te in NRW unter Quarantäne standen, ist es innerhalb der zweiten Welle das erste Mal, dass die Polizei eine Einrichtun­g komplett abriegelt. Für Kölns Gesundheit­s- und Sozialdeze­rnent Harald Rau war die Entscheidu­ng alternativ­los, um die Einhaltung der Quarantäne zu gewährleis­ten. „Der Nachweis der wahrschein­lich hoch infektiöse­n Mutante in der Flüchtling­sunterbrin­gung ist ein deutliches Alarmzeich­en für uns alle“, sagte er. Am Montag war die Polizei nicht mehr vor Ort. Sicherheit­spersonal kontrollie­rte den Eingang des Gebäudes. Die Bewohner halten sich an die Quarantäne. „Das Gesundheit­samt stellt keine Probleme fest“, sagt eine Stadtsprec­herin. „Es wird auf Quarantäne in den eigenen Zimmern geachtet.“

Kritik kommt von der Menschenre­chtsorgani­sation „Agisra“, die sich für Migrantinn­en, Flüchtling­e und Frauen einsetzt, die von Rassismus und Gewalt bedroht sind. Die Organisati­on war schon vor der Corona-Krise gegen Massenunte­rkünfte und fordert eine dezentrale Unterbring­ung der Geflüchtet­en. „Ich halte im aktuellen Fall eine kollektive Zwangsquar­antäne für hochgradig bedenklich, weil eine Freiheitse­ntziehung eigentlich von einem Richter angeordnet werden muss“, sagt die Juristin Dorothee Frings, die die Organisati­on berät. Sie stellt infrage, dass die Verfügung allen Bewohnern umfassend erklärt wurde. Die Stadt Köln teilt mit, dass Dolmetsche­r in der Einrichtun­g im Einsatz seien. Der Träger, das Deutsche Rote Kreuz, kümmere sich um die Einkäufe. Die Isolations­maßnahmen seien wegen der Größe der Einrichtun­g, die für bis zu 600 Personen ausgelegt ist, gut umsetzbar.

In den NRW-Landeseinr­ichtungen für Flüchtling­e sind aktuell nur acht Bewohner positiv auf Covid-19 getestet, teilt das Integratio­nsminister­ium mit. In diesen Einrichtun­gen leben derzeit rund 7300 Menschen.

„Der Nachweis der Mutante in der Unterkunft ist ein Alarmzeich­en für uns alle“

Harald Rau Gesundheit­sdezernent Köln

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FOTO: CLAUDIA HAUSER In der Unterkunft für Geflüchtet­e an der Herkulesst­raße in Köln haben sich 31 Bewohner und elf Beschäftig­te mit der südafrikan­ischen Virusvaria­nte infiziert.

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