Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
„Schnelltestungen beim Friseurbesuch“
Der CDU-Landtagsfraktionschef über den Impfgipfel, Lockerungen und Gemeinsamkeiten mit James Bond.
Herr Löttgen, zufrieden mit den Ergebnissen des Impfgipfels?
LÖTTGEN Dafür, dass manche im Vorfeld prophezeit haben, es würde überhaupt kein Ergebnis geben, ja. Die Gesamtsituation ist nicht zufriedenstellend, aber Schuldzuweisungen helfen nicht. Wir brauchen klare Zusagen für Impfstoffmengen und Liefertermine. Das gibt Planungssicherheit für die Terminvergabe.
Echte Zusagen gab es nicht über Ende Februar hinaus. Die Mengen werden ab dann nur modelliert. LÖTTGEN Natürlich gibt es Unsicherheiten. Aber irgendwie muss man sich ja behelfen, um mit der Terminvergabe voranzukommen. Das hat aber natürlich Grenzen. Ich halte es für unseriös, dass die SPD einen Impfplan bis in den September fordert. Die waren doch dabei, als die Hersteller glaubhaft versichert haben, dass sie schon bis an die Kapazitätsgrenze produzieren. Die Sozialdemokraten blenden aus, dass die Lieferkette – mit knappen Grundstoffen, Abfüllfläschchen und Ähnlichem – so komplex ist und dass man eine Produktionsstätte nicht mal in zwei Tagen aus dem Boden stampft. Wenn man so Politik macht, muss man sich nicht wundern, wenn man auf dem hintersten Tiefgaragenstellplatz der Politik in Vergessenheit gerät.
Während der Landtag über die Impfterminvergabe debattiert hat, ist bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein die Anmeldeseite in die Knie gegangen. So optimal, wie es die Regierungsvertreter und die Koalition darstellen, hat die Impfterminvergabe nicht funktioniert. LÖTTGEN Wir werden uns die Abläufe anschauen und daraus unsere Schlüsse ziehen. Die nächste Personengruppe, die über 70-Jährigen, ist ja mit 1,7 Millionen Menschen noch deutlich größer. Ich hoffe, denen und den bislang mit Terminen noch Unversorgten können wir dann beweisen, dass wir aus den anfänglichen Problemen gelernt haben.
Dann sagen Sie doch mal konkret: Was hätte besser laufen müssen? LÖTTGEN Wir haben die Gruppe schon aufgeteilt, indem es eine Hotline für Westfalen-Lippe und eine für Nordrhein gab. Es waren aber immer noch zu viele Anrufer. Wir haben unterschätzt, dass die Sorgen und Nöte der Altersgruppe so groß sind, dass sie trotz eines garantierten Impftermins immer wieder zum Telefon gegriffen haben. Die Kohorten müssen also kleiner werden. Wir sollten zudem nicht nur die Betroffen informieren, sondern das gesamte Umfeld über Radio, TV, Online und insbesondere Zeitungsanzeigen. Hoffentlich können darüber hinaus noch zusätzliche Callcenter-Mitarbeiter eingesetzt werden und Ehepartnern online mit nur einer E-Mail-Adresse und per Telefon gemeinsame Termine angeboten werden.
Die Menschen hoffen auf Lockerungen. Was sind Ihre Erwartungen an die Bund-Länder-Gespräche kommende Woche?
LÖTTGEN Vor Entscheidungen über Öffnungsschritte muss die Wissenschaft drei Fragen beantworten, die für Entscheidungen der Politik notwendig sind: Wirkt der Impfstoff gegen die neuen Mutationen? Sind bestimmte Personengruppen durch die Virusmutationen besonders betroffen, und können sie andere anstecken, ohne selbst Symptome zu haben? Und können die Geimpften das Virus noch übertragen? Ausgehend von den Antworten wird man entscheiden können, welche Öffnungsschritte man wann gehen kann.
Der Druck wird angesichts sinkender Inzidenzwerte steigen. Und der Ministerpräsident hat schon gesagt, die ersten Öffnungen werde es in Schulen und Kitas geben.
LÖTTGEN Das bleibt richtig. Ich warne allerdings vor zu schnellen Schritten.
In Irland und Portugal waren die Inzidenzen auch niedrig und sind dann explodiert. Aber sobald es verantwortbar ist, müssen als Erstes die Schulen, insbesondere für die Jüngeren, wieder geöffnet werden.
Welche weiteren Öffnungen wären denkbar?
LÖTTGEN Österreich hatte ein interessantes Modell. Die haben die „körpernahen Dienstleistungen“– also beispielsweise Friseure – wieder geöffnet. Allerdings nur in Verbindung mit Schnelltestungen. Das wäre eine Maßnahme. Und man kann im Handel darüber nachdenken, die Geschäftsräume mit fester Terminvergabe für eine sehr begrenzte Zahl von Personen zu öffnen.
Österreich hat auch die Strafen bei Verstößen gegen die Corona-Regeln verschärft. Ist das auch bei uns nötig?
LÖTTGEN Nein. Die Strafen hierzulande – Bußgelder bis zu 25.000 Euro – sind scharf genug.
Der Landesverband wird im Frühjahr einen neuen Landesvorsitzenden wählen. Ihr Wunschkandidat? LÖTTGEN Wir haben so viele gute Leute, dass Ihr Block nicht ausreichen würde, wenn ich die jetzt alle aufzählen würde. Wir haben da ein Luxusproblem. Dem werden wir uns zuwenden, wenn die Frage nach der Kanzlerkandidatur in der Union geklärt ist.
Söder oder Laschet – wer hat bessere Chancen,Kanzlerkandidat der Union zu werden?
LÖTTGEN Ganz klar Armin Laschet.
Die Umfragen sprechen eher für den Franken Söder.
LÖTTGEN Aber schauen Sie: Die Generalsekretäre haben sich schon verabredet, ein gemeinsames Wahlprogramm für CDU und CSU zu schreiben. Da gibt es keinen ominösen Bayern-Plan wie 2017. Diese Zerstrittenheit zwischen den Schwesterparteien, wie wir sie vor vier Jahren hatten, sehe ich diesmal nicht. Das ist ein erstes, gutes Signal der Geschlossenheit, und als Person gibt es niemanden, der besser zusammenführen kann als Armin Laschet.
Sollte Laschet Kanzler werden, müsste der Landtag einen Nachfolger aus seinen Reihen wählen. LÖTTGEN Diese Frage stellt sich selbst bei schnellen Koalitionsverhandlungen im Bund wohl erst im Januar. Und dann wird man eine kluge Lösung finden.
Was wäre denn mit Bodo Löttgen? LÖTTGEN Was eint Fraktionsvorsitzende mit James Bond? Sag niemals nie! Ich verstehe das Bedürfnis der Journalisten, da alle Möglichkeiten zu beleuchten. Aber am Ende sind mir da viel zu viele Konjunktive im Spiel.