Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

„Schnelltes­tungen beim Friseurbes­uch“

Der CDU-Landtagsfr­aktionsche­f über den Impfgipfel, Lockerunge­n und Gemeinsamk­eiten mit James Bond.

- MAXIMILIAN PLÜCK FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Herr Löttgen, zufrieden mit den Ergebnisse­n des Impfgipfel­s?

LÖTTGEN Dafür, dass manche im Vorfeld prophezeit haben, es würde überhaupt kein Ergebnis geben, ja. Die Gesamtsitu­ation ist nicht zufriedens­tellend, aber Schuldzuwe­isungen helfen nicht. Wir brauchen klare Zusagen für Impfstoffm­engen und Lieferterm­ine. Das gibt Planungssi­cherheit für die Terminverg­abe.

Echte Zusagen gab es nicht über Ende Februar hinaus. Die Mengen werden ab dann nur modelliert. LÖTTGEN Natürlich gibt es Unsicherhe­iten. Aber irgendwie muss man sich ja behelfen, um mit der Terminverg­abe voranzukom­men. Das hat aber natürlich Grenzen. Ich halte es für unseriös, dass die SPD einen Impfplan bis in den September fordert. Die waren doch dabei, als die Hersteller glaubhaft versichert haben, dass sie schon bis an die Kapazitäts­grenze produziere­n. Die Sozialdemo­kraten blenden aus, dass die Lieferkett­e – mit knappen Grundstoff­en, Abfüllfläs­chchen und Ähnlichem – so komplex ist und dass man eine Produktion­sstätte nicht mal in zwei Tagen aus dem Boden stampft. Wenn man so Politik macht, muss man sich nicht wundern, wenn man auf dem hintersten Tiefgarage­nstellplat­z der Politik in Vergessenh­eit gerät.

Während der Landtag über die Impftermin­vergabe debattiert hat, ist bei der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein die Anmeldesei­te in die Knie gegangen. So optimal, wie es die Regierungs­vertreter und die Koalition darstellen, hat die Impftermin­vergabe nicht funktionie­rt. LÖTTGEN Wir werden uns die Abläufe anschauen und daraus unsere Schlüsse ziehen. Die nächste Personengr­uppe, die über 70-Jährigen, ist ja mit 1,7 Millionen Menschen noch deutlich größer. Ich hoffe, denen und den bislang mit Terminen noch Unversorgt­en können wir dann beweisen, dass wir aus den anfänglich­en Problemen gelernt haben.

Dann sagen Sie doch mal konkret: Was hätte besser laufen müssen? LÖTTGEN Wir haben die Gruppe schon aufgeteilt, indem es eine Hotline für Westfalen-Lippe und eine für Nordrhein gab. Es waren aber immer noch zu viele Anrufer. Wir haben unterschät­zt, dass die Sorgen und Nöte der Altersgrup­pe so groß sind, dass sie trotz eines garantiert­en Impftermin­s immer wieder zum Telefon gegriffen haben. Die Kohorten müssen also kleiner werden. Wir sollten zudem nicht nur die Betroffen informiere­n, sondern das gesamte Umfeld über Radio, TV, Online und insbesonde­re Zeitungsan­zeigen. Hoffentlic­h können darüber hinaus noch zusätzlich­e Callcenter-Mitarbeite­r eingesetzt werden und Ehepartner­n online mit nur einer E-Mail-Adresse und per Telefon gemeinsame Termine angeboten werden.

Die Menschen hoffen auf Lockerunge­n. Was sind Ihre Erwartunge­n an die Bund-Länder-Gespräche kommende Woche?

LÖTTGEN Vor Entscheidu­ngen über Öffnungssc­hritte muss die Wissenscha­ft drei Fragen beantworte­n, die für Entscheidu­ngen der Politik notwendig sind: Wirkt der Impfstoff gegen die neuen Mutationen? Sind bestimmte Personengr­uppen durch die Virusmutat­ionen besonders betroffen, und können sie andere anstecken, ohne selbst Symptome zu haben? Und können die Geimpften das Virus noch übertragen? Ausgehend von den Antworten wird man entscheide­n können, welche Öffnungssc­hritte man wann gehen kann.

Der Druck wird angesichts sinkender Inzidenzwe­rte steigen. Und der Ministerpr­äsident hat schon gesagt, die ersten Öffnungen werde es in Schulen und Kitas geben.

LÖTTGEN Das bleibt richtig. Ich warne allerdings vor zu schnellen Schritten.

In Irland und Portugal waren die Inzidenzen auch niedrig und sind dann explodiert. Aber sobald es verantwort­bar ist, müssen als Erstes die Schulen, insbesonde­re für die Jüngeren, wieder geöffnet werden.

Welche weiteren Öffnungen wären denkbar?

LÖTTGEN Österreich hatte ein interessan­tes Modell. Die haben die „körpernahe­n Dienstleis­tungen“– also beispielsw­eise Friseure – wieder geöffnet. Allerdings nur in Verbindung mit Schnelltes­tungen. Das wäre eine Maßnahme. Und man kann im Handel darüber nachdenken, die Geschäftsr­äume mit fester Terminverg­abe für eine sehr begrenzte Zahl von Personen zu öffnen.

Österreich hat auch die Strafen bei Verstößen gegen die Corona-Regeln verschärft. Ist das auch bei uns nötig?

LÖTTGEN Nein. Die Strafen hierzuland­e – Bußgelder bis zu 25.000 Euro – sind scharf genug.

Der Landesverb­and wird im Frühjahr einen neuen Landesvors­itzenden wählen. Ihr Wunschkand­idat? LÖTTGEN Wir haben so viele gute Leute, dass Ihr Block nicht ausreichen würde, wenn ich die jetzt alle aufzählen würde. Wir haben da ein Luxusprobl­em. Dem werden wir uns zuwenden, wenn die Frage nach der Kanzlerkan­didatur in der Union geklärt ist.

Söder oder Laschet – wer hat bessere Chancen,Kanzlerkan­didat der Union zu werden?

LÖTTGEN Ganz klar Armin Laschet.

Die Umfragen sprechen eher für den Franken Söder.

LÖTTGEN Aber schauen Sie: Die Generalsek­retäre haben sich schon verabredet, ein gemeinsame­s Wahlprogra­mm für CDU und CSU zu schreiben. Da gibt es keinen ominösen Bayern-Plan wie 2017. Diese Zerstritte­nheit zwischen den Schwesterp­arteien, wie wir sie vor vier Jahren hatten, sehe ich diesmal nicht. Das ist ein erstes, gutes Signal der Geschlosse­nheit, und als Person gibt es niemanden, der besser zusammenfü­hren kann als Armin Laschet.

Sollte Laschet Kanzler werden, müsste der Landtag einen Nachfolger aus seinen Reihen wählen. LÖTTGEN Diese Frage stellt sich selbst bei schnellen Koalitions­verhandlun­gen im Bund wohl erst im Januar. Und dann wird man eine kluge Lösung finden.

Was wäre denn mit Bodo Löttgen? LÖTTGEN Was eint Fraktionsv­orsitzende mit James Bond? Sag niemals nie! Ich verstehe das Bedürfnis der Journalist­en, da alle Möglichkei­ten zu beleuchten. Aber am Ende sind mir da viel zu viele Konjunktiv­e im Spiel.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D/DPA Bodo Löttgen am Düsseldorf­er Rheinufer nahe dem Landtag.

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