Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Ärzte, Lehrer und Firmen wollen Stufenplan
Mit fallenden Infektionswerten werden Rufe nach vorhersehbaren Lockerungen des Lockdowns lauter.
BERLIN Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen sind in die Offensive gegangen, andere Landesregierungen bereiten sie vor: Stufenpläne, nach denen Schulen, Geschäfte und Restaurants je nach Infektionsgeschehen wieder öffnen sollen. Mehrere Verbände fordern die Regierungschefs in Bund und Ländern jetzt dazu auf, einen solchen Plan möglichst zügig vorzulegen.
Hintergrund sind die seit einigen Tagen sinkenden Infektionszahlen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Mittwoch 9705 Neuinfektionen binnen eines Tages. Vor einer Woche hatte das RKI noch 13.198 Neuinfektionen binnen 24 Stunden verzeichnet. Am 19. Januar hatten Bund und Länder beschlossen, den Lockdown bis zum 14. Februar zu verlängern. Voraussichtlich werden die Ministerpräsidenten am 10. Februar erneut mit der Kanzlerin beraten und über eine Fortsetzung der Maßnahmen entscheiden. Zuletzt hatten sie vereinbart, dass bis dahin eine Arbeitsgruppe „ein Konzept für eine sichere und gerechte Öffnungsstrategie“erarbeiten solle. Beschlüsse liegen noch nicht vor, doch der Druck wächst.
Die Hausärzte warnen vor gesundheitlichen Problemen, sollte den Menschen keine Lockerungsperspektive geboten werden. Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, sagte dazu: „Nach mehr als einem Jahr Pandemie, verbunden mit Ängsten vor Erkrankung, Existenzverlust und zahlreichen weiteren enorm belastenden Einschränkungen im privaten, beruflichen wie auch öffentlich-gesellschaftlichen Bereich, sind die Menschen nicht nur physisch wie psychisch zermürbt.“Weigeldt forderte Bund und Länder zu einer anderen Kommunikation auf.
„Das klägliche ,Es reicht leider immer noch nicht’, das wir tagaus, tagein hören, muss endlich einer Sprache weichen, die den persönlichen Ehrgeiz der Menschen anspornt, zum Mitmachen beflügelt und klare Etappenziele aufzeigt.“
Den wohl größten Druck für Öffnungen bekommt die Politik im Bildungssektor. Schulen und Kitas müssten schnellstmöglich zum Regelbetrieb zurückkehren, so die Forderung. Bei der Bildungsgewerkschaft GEW nimmt man die Kultusminister in die Pflicht. GEWChefin Marlis Tepe sagte: „Schulen brauchen jetzt endlich eine klare Strategie und einen bundesweit einheitlichen, verlässlichen Stufenplan.“Dieser müsse vorgeben, bei welchen Inzidenzwerten welche Maßnahmen ergriffen werden sollten.
Auch die Unternehmen drücken aufs Tempo. So forderte der mittelständische Verband der Familienunternehmer Bund und Länder auf, den Corona-Lockdown Mitte Februar zu beenden und eine Öffnungsstrategie für Unternehmen und Familien vorzulegen. „Es ist immens wichtig, dass endlich eine belastbare Perspektive und Planungsgrundlage geschaffen wird“, sagte Verbandschef Reinhold von Eben-Worlée.