Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Kein leichter Start für die BiG
Die Wählergemeinschaft „Bürger in Geldern“ist neu im Gelderner Rat. Für die Fraktionsmitglieder ging es mit den Haushaltsberatungen gleich von null auf hundert. Statt Bürgernähe gibt es politische Arbeit auf Distanz.
GELDERN Es war ein gelungener Start: Gleich im ersten Anlauf konnte die BiG – Bürger in Geldern bei der Kommunalwahl im September zwei Mandate für den Stadtrat einheimsen. Die Wählergemeinschaft, die sich erst Anfang 2018 gegründet hat, schien mit ihrem Wahlprogramm ins Schwarze zu treffen. Ihre wichtigsten Themen lauten Bürgerbeteiligung und Bürgernähe. Blöd nur, dass in der Corona-Pandemie alles anders ist. Statt Nähe heißt es nun Abstand halten. Die anfänglichen Euphorie ist der Ernüchterung gewichen.
Für die Fraktion war es kein leichter Start in die Politik. Schon die konstituierende Sitzung musste coronabedingt in die Turnhalle am Bollwerk verlegt werden. Die Ratssitzung, die eigentlich in der Woche vor Weihnachten stattfinden sollte, wurde kurzerhand ganz abgesagt. Und als Hausaufgabe galt es gleich mal, den 530 Seiten starken Haushaltsentwurf von Kämmerer Thomas Knorrek durchzuarbeiten. Um das Zahlenwerk richtig zu verstehen, holte sich die Wählergemeinschaft Hilfe beim Bund der Steuerzahler und beim Kämmerer selbst. Es ging also gleich von null auf hundert.
„Nichts ist gerade normal“, sagt Fraktionsvorsitzender Markus Peukes und seufzt. „Wir können keine normale Arbeit machen, weil uns die Pandemie einschränkt.“Fraktionssitzungen könnten derzeit nur online stattfinden. Persönliche Gespräche mit den Bürgern seien lediglich auf Distanz möglich. Schon der Wahlkampf sei anders gelaufen, als man sich das gewünscht hätte. „Wir mussten mit der Stadt sprechen, ob und wie wir die Leute auf der Straße ansprechen dürfen – ob mit oder ohne Maske.“
Doch die Stimmung innerhalb der BiG sei super. „Alle sind motiviert, engagiert und voll bei der Sache“, so Peukes. „Bis wir wirklich angekommen sind, brauchen wir aber bestimmt noch ein halbes Jahr.“Bisher sei niemand abgesprungen. Ein gutes Zeichen, findet Peukes. Seit 2012 ist er aktiv in der Politik, die ersten dreieinhalb Jahre für die Piraten-Partei. Nach zwei Jahren saß er zum ersten Mal im Rat. Als seine damaligen Mitstreiter merkten, dass sich nicht alle Ideen sofort umsetzen ließen, hätten sich die ersten schnell wieder ausgeklinkt.
Mittlerweile hat die BiG auch ihren ersten Antrag auf den Weg gebracht. Es geht um die Erstellung einer digitalen Plattform/Internetseite für Hilfe- und Beratungsangebote nicht nur aus Geldern, sondern aus ganz Deutschland für Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche sowie um ein 24-Stunden-Hilfetelefon mit Ansprechpersonen, Online-Chatberatung und Beratung via
Videokonferenz. Auch von den anderen Fraktionen sei man „eigentlich gut“aufgenommen worden. „Leider kommt man in der Pandemie nicht so richtig miteinander ins Gespräch“, sagt Peukes.
Dabei sei man angetreten, um genau das zu ändern – und um ein Ohr
Treffen Der BiG-Fraktionsvorsitzende Markus Peukes hofft, dass der politische Stammtisch sobald wie möglich wieder in der Außengastronomie „Zum Schwarzbrenner“in Geldern stattfinden kann.
Kontakt BiG Bürger in Geldern, Vorsitzender Markus Peukes, Telefon: 02831 1339661, E-Mail: markus. peukes@buerger-in-geldern.de.
für die Menschen in der Stadt zu haben. Erst vor Kurzem habe sich die Wählergemeinschaft eine Software angeschafft, um auch Nicht-Mitglieder zumindest virtuell an ihren Sitzungen und Veranstaltungen teilnehmen lassen zu können. Wie so etwas funktionieren kann, habe die
Bürgerbeteiligung im Fall des geplanten Neubaugebiets „Im Lüßfeld“in Veert gezeigt. Weil ein Treffen vor Ort wegen der Abstandsregeln ausfallen musste, konnten sich die Bürger online an der Diskussion beteiligen, Fragen stellen und Einwände formulieren. Rund 70 Bürger folgten dem Angebot. Peukes wertet dies als Erfolg und plädiert für eine „Diskussionsplattform“, wo sich die Bürger regelmäßig einbringen können. Auch Haushaltsinformationsveranstaltungen könnten online angeboten werden, ist Peukes überzeugt. Bürgerbeteiligung werde in Geldern immer noch stiefmütterlich behandelt, dabei sei die Pandemie auch eine Chance, Politik anders zu gestalten. „Wir machen das für die Stadt und für die Bürger, die hier leben und nicht fürs Parteibuch“, sagt Peukes.