Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Prozess um illegale Zigarettenfabrik in Kranenburg beginnt
Verhandelt wird nun in Düsseldorf, weil die Säle in der Schwanenburg zu klein sind. Zuständig bleibt die Wirtschaftskammer des Landgerichts Kleve.
KLEVE/DÜSSELDORF Der Prozess um die illegale Zigarettenfabrik, die aus Polen und der Ukraine stammende Angeklagte jahrelang in Kranenburg betrieben haben sollen, wird von Kleve nach Düsseldorf verlegt. Der Grund: Die Gerichtssäle in der Schwanenburg sind für eine Verhandlung dieses Ausmaßes nicht ausgelegt. Angeklagt sind zwölf Menschen, viele von ihnen haben jeweils zwei Verteidiger, so dass man insgesamt auf 20 Rechtsanwälte kommt. „Auch ohne die Bestimmungen aus der Corona-Schutzverordnung einhalten zu müssen, wäre das in Kleve nicht machbar, denn die Räumlichkeiten sind dafür zu klein“, sagt Richterin Judith Gottwald, Sprecherin des Landgerichts.
Unsere Redaktion hatte mehrfach über den Fall berichtet, der in der Region in dieser Form einmalig ist. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft haben die zwölf tatverdächtigen Männer im Alter von 28 bis 59 Jahren fast vier Jahre lang in Kranenburg illegal Zigaretten produziert. Als der Zoll Wind davon bekam, erfolgte am 18. August 2020 der Zugriff durch Einsatzkräfte: Die Spezialeinheit des Zolls (ZUZ) sprengte die Fabriktür auf und ertappte die Männer auf frischer Tat. Die mit Panzerwesten gesicherten Einsatzkräfte mit Sturmhauben über dem Kopf und Maschinenpistolen im Anschlag blickten seinerzeit auf eine industrielle Produktionsstraße, auf 55.000 Stangen mit etwa elf Millionen dort produzierter und gefälschter Zigaretten, rund sechs Tonnen Tabak, Filter- und Zigarettenpapier und Umverpackungen. Rund zehn Millionen Zigaretten pro Woche wurden in Kranenburgs illegaler Fabrik produziert. Das sind rund 500.000 Schachteln, die jede Woche übers Band gingen. Das Technische Hilfswerk, das damals bei der Räumung der Fabrik half, war drei Tage im Einsatz. Die Halle, die unweit des Gemeindezentrums liegt, war durch die Gruppierung „hochprofessionell und sehr aufwändig für ihre kriminellen Zwecke um- und ausgebaut worden, auch um das Entdeckungsrisiko zu minimieren“, schrieb kurz nach dem Zugriff das Zollfahndungsamt Essen.
Wie das illegale Treiben vier Jahre lang unentdeckt bleiben konnte, ist trotzdem noch nicht ganz klar. Vielleicht wird hier die Hauptverhandlung Aufschluss geben. Weil schnell klar wurde, dass die verhandlung in Kleve am Landgericht aufgrund der zahlreichen Beteiligten nicht durchführbar ist, machten die Richter sich auf die Suche nach einer alternativen Räumlichkeit. Dabei war zunächst wohl auch die Klever Stadthalle im Gespräch. Dann meldete sich das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf und bot an, einen speziell für große Prozesse ausgelegten und besonders gesicherten Gerichtssaal nutzen zu können. Durchgeführt wird das Verfahren von der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Kleve unter Vorsitz von Richter Christian Henckel. Es beginnt am 18. Februar um 10 Uhr.