Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Von der Leyen hat Fehler gemacht

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Delegieren ist eine hohe Führungstu­gend. Eine Mannschaft erreicht mehr als ein Kapitän allein. Doch am Ende steht auf der Brücke dann doch nur einer, der die Entscheidu­ngen trifft – besonders dann, wenn es ums Kentern oder Überleben geht. Das ist ein etwas dramatisch­es Bild, zugegeben. Doch in der Frage der Impfstoffb­eschaffung gegen das Coronaviru­s geht es für Europa auch um Rettung. Rettung von Leben und Rettung von wirtschaft­lichen Existenzen. Ursula von der Leyen, die Präsidenti­n der Europäisch­en Kommission, hat falsch gehandelt. Die Medizineri­n hätte die Impfstoffe zur Chefsache machen müssen. Stattdesse­n überließ sie monatelang Gesundheit­skommissar­in Stella Kyriakides die Geschäfte – deren Kompetenz nicht den besten Ruf genießt.

Von der Leyen startete nun einen Erklärungs­versuch: Man habe sich zu spät auf die Impfstoffp­roduktion fokussiert. Die Wissenscha­ft habe die Industrie überholt. Da stellt sich dann aber doch die Frage, warum Brüssel Biontech mit viel Geld förderte, aber offenbar keinen Gedanken an die Herstellun­g verwendete. Auch das Abwälzen der Probleme allein auf die Verträge mit den Unternehme­rn war kein kluger Schachzug – in keinerlei Hinsicht. Die Idee, Exportkont­rollen an der EU-Grenze zu Nordirland einzuführe­n, gehört ebenfalls zur traurigen Begleitmus­ik der Brüsseler Rechtferti­gungen. Politisch überwölbt wurde das Handeln der Kommission von der deutschen EU-Ratspräsid­entschaft. Sich dem Vorwurf auszusetze­n, vor allem im nationalen Interesse zu handeln, das wollte man auf jeden Fall verhindern. Doch man hätte vonseiten der deutschen Regierung nachhaken müssen, beständig und kritisch. Die Bedenken, dass es vielleicht nicht rund läuft, hat es intern gegeben. Man hätte auf sie hören sollen.

BERICHT 8,7 MILLIONEN MASKEN FÜR BEDÜRFTIGE, TITELSEITE

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