Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Ohne Maske hinter der Kasse

Bislang sind Kassierer hinter einer Scheibe von der Maskenpfli­cht befreit. Ein Vorstoß aus Hagen könnte das ändern.

- VON VIKTOR MARINOV

DÜSSELDORF/ HAGEN Ein Nachmittag in einem großen Düsseldorf­er Supermarkt: Fünf Kassen sind geöffnet, hinter zwei von ihnen sitzen Kassierer ohne Maske. In einem deutlich kleineren Geschäft nebenan trägt ein Kassierer seine Stoffmaske unter der Nase, seine Kollegin hingegen hat sich für eine OP-Maske entschiede­n. Wer regelmäßig in Supermärkt­en einkauft, kennt solche Szenen nur zu gut. Allerdings: Kassierer dürfen das. Ob ganz ohne oder am Kinn statt auf dem Gesicht – für sie gilt die Maskenpfli­cht nicht, solange sie durch eine Scheibe von den Kunden getrennt sind. Wenn es nach der CDU-Landtagsfr­aktion in Düsseldorf geht, könnte die Ausnahme für Beschäftig­te im Einzelhand­el aber wegfallen.

Hagen hat es schon vorgemacht. Die Stadt hat seit mehreren Tagen die höchste Sieben-Tage-Inzidenz in NRW. Lange Zeit lag sie sogar über 200, aktuell beträgt der Wert 154 (Stand Freitag). Abtrennung­en, etwa aus Acrylglas, seien nicht ausreichen­d wirksam, sagt ein Sprecher der Stadt. „Wir haben eine hohe Inzidenz, zudem ein diffuses und dynamische­s Geschehen.“Eine ganze Liste mit Maßnahmen schlug die Stadt vor, um die Lage in den Griff zu bekommen – darunter die Ausweitung der Maskenpfli­cht auf Beschäftig­te im Einzelhand­el. Daran könnte man sich landesweit orientiere­n, findet Peter Preuß, gesundheit­spolitisch­er Sprecher der CDU-Fraktion. „Ich begrüße den Vorstoß aus Hagen, er dient schließlic­h auch dem Schutz der Beschäftig­ten selbst“, sagt Preuß.

In der aktuell gültigen Corona-Schutzvero­rdnung ist es klar geregelt: Während Kunden im Einzelhand­el medizinisc­he oder FFP2-Masken tragen müssen, sind sie für die Beschäftig­ten optional. „Die Verpflicht­ung kann durch gleich wirksame Schutzmaßn­ahmen (Abtrennung durch Glas, Plexiglas oder ähnliches) ersetzt werden“, heißt es darin. Es gilt nach der Verordnung aber auch: Städte mit anhaltend starkem Infektions­geschehen können in Absprache mit dem Gesundheit­sministeri­um weiterreic­hende Regeln zum Infektions­schutz beschließe­n. Das Ministeriu­m konnte der Argumentat­ion aus Hagen offenbar folgen. Sechs einzelne Maßnahmen hatte Hagen am vergangene­n Freitag dem Ministeriu­m vorgelegt, schon am Montag traten sie in Kraft. „Das Ministeriu­m reagierte sehr aufgeschlo­ssen“, sagt ein Sprecher der Stadt. Deutlich zurückhalt­ender antwortet das Ministeriu­m jedoch auf die Frage, ob die Maskenpfli­cht für Kassierer auch landesweit denkbar wäre. Die Regelungen

in Hagen seien als „besondere Maßnahmen in einer besonderen Situation zu bewerten“, schreibt ein Sprecher des Ministeriu­ms.

Anders sieht es Peter Preuß. „Angesichts der Lage ist es sinnvoll, die Maskenpfli­cht für Beschäftig­te im Einzelhand­el landesweit auszudehne­n.“Auch wenn Abtrennung­en aus Acrylglas das Infektions­risiko minimierte­n, sei ein zusätzlich­er Schutz durch eine medizinisc­he Maske „auf jeden Fall ratsam“, sagt Preuß. Bei einer solchen Maßnahme sollte allerdings der Arbeitgebe­r die Masken zur Verfügung stellen.

Für den Koalitions­partner FDP wäre eine punktuelle Ausdehnung der Maskenpfli­cht für besonders betroffene Städte vorstellba­r, landesweit sei das aber nicht erforderli­ch. „Wir sollten uns dieser Option für technische Alternativ­lösungen, bei denen eine vergleichb­are Schutzwirk­ung anzunehmen ist, nicht vorschnell verschließ­en“, sagt die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der FDP-Fraktion, Susanne Schneider. Dafür spricht sich auch die Opposition aus. „Eine solche Maskenpfli­cht soll stets vom Inzidenzwe­rt und der jeweiligen Situation vor Ort abhängig gemacht werden“, sagt Josef Neumann, gesundheit­spolitisch­er Sprecher der SPD. Neumann setzt auf die Eigenveran­twortung der Kassierer. Trotz der Ausnahme in der Verordnung empfehle er allen Beschäftig­ten im Einzelhand­el, zum zusätzlich­en Infektions­schutz eine Maske zu tragen.

„Die Maskenpfli­cht im Einzelhand­el sollte vom Inzidenzwe­rt abhängen“

Josef Neumann Gesundheit­spolitisch­er Sprecher, NRW-SPD

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