Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Ohne Maske hinter der Kasse
Bislang sind Kassierer hinter einer Scheibe von der Maskenpflicht befreit. Ein Vorstoß aus Hagen könnte das ändern.
DÜSSELDORF/ HAGEN Ein Nachmittag in einem großen Düsseldorfer Supermarkt: Fünf Kassen sind geöffnet, hinter zwei von ihnen sitzen Kassierer ohne Maske. In einem deutlich kleineren Geschäft nebenan trägt ein Kassierer seine Stoffmaske unter der Nase, seine Kollegin hingegen hat sich für eine OP-Maske entschieden. Wer regelmäßig in Supermärkten einkauft, kennt solche Szenen nur zu gut. Allerdings: Kassierer dürfen das. Ob ganz ohne oder am Kinn statt auf dem Gesicht – für sie gilt die Maskenpflicht nicht, solange sie durch eine Scheibe von den Kunden getrennt sind. Wenn es nach der CDU-Landtagsfraktion in Düsseldorf geht, könnte die Ausnahme für Beschäftigte im Einzelhandel aber wegfallen.
Hagen hat es schon vorgemacht. Die Stadt hat seit mehreren Tagen die höchste Sieben-Tage-Inzidenz in NRW. Lange Zeit lag sie sogar über 200, aktuell beträgt der Wert 154 (Stand Freitag). Abtrennungen, etwa aus Acrylglas, seien nicht ausreichend wirksam, sagt ein Sprecher der Stadt. „Wir haben eine hohe Inzidenz, zudem ein diffuses und dynamisches Geschehen.“Eine ganze Liste mit Maßnahmen schlug die Stadt vor, um die Lage in den Griff zu bekommen – darunter die Ausweitung der Maskenpflicht auf Beschäftigte im Einzelhandel. Daran könnte man sich landesweit orientieren, findet Peter Preuß, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Ich begrüße den Vorstoß aus Hagen, er dient schließlich auch dem Schutz der Beschäftigten selbst“, sagt Preuß.
In der aktuell gültigen Corona-Schutzverordnung ist es klar geregelt: Während Kunden im Einzelhandel medizinische oder FFP2-Masken tragen müssen, sind sie für die Beschäftigten optional. „Die Verpflichtung kann durch gleich wirksame Schutzmaßnahmen (Abtrennung durch Glas, Plexiglas oder ähnliches) ersetzt werden“, heißt es darin. Es gilt nach der Verordnung aber auch: Städte mit anhaltend starkem Infektionsgeschehen können in Absprache mit dem Gesundheitsministerium weiterreichende Regeln zum Infektionsschutz beschließen. Das Ministerium konnte der Argumentation aus Hagen offenbar folgen. Sechs einzelne Maßnahmen hatte Hagen am vergangenen Freitag dem Ministerium vorgelegt, schon am Montag traten sie in Kraft. „Das Ministerium reagierte sehr aufgeschlossen“, sagt ein Sprecher der Stadt. Deutlich zurückhaltender antwortet das Ministerium jedoch auf die Frage, ob die Maskenpflicht für Kassierer auch landesweit denkbar wäre. Die Regelungen
in Hagen seien als „besondere Maßnahmen in einer besonderen Situation zu bewerten“, schreibt ein Sprecher des Ministeriums.
Anders sieht es Peter Preuß. „Angesichts der Lage ist es sinnvoll, die Maskenpflicht für Beschäftigte im Einzelhandel landesweit auszudehnen.“Auch wenn Abtrennungen aus Acrylglas das Infektionsrisiko minimierten, sei ein zusätzlicher Schutz durch eine medizinische Maske „auf jeden Fall ratsam“, sagt Preuß. Bei einer solchen Maßnahme sollte allerdings der Arbeitgeber die Masken zur Verfügung stellen.
Für den Koalitionspartner FDP wäre eine punktuelle Ausdehnung der Maskenpflicht für besonders betroffene Städte vorstellbar, landesweit sei das aber nicht erforderlich. „Wir sollten uns dieser Option für technische Alternativlösungen, bei denen eine vergleichbare Schutzwirkung anzunehmen ist, nicht vorschnell verschließen“, sagt die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Susanne Schneider. Dafür spricht sich auch die Opposition aus. „Eine solche Maskenpflicht soll stets vom Inzidenzwert und der jeweiligen Situation vor Ort abhängig gemacht werden“, sagt Josef Neumann, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD. Neumann setzt auf die Eigenverantwortung der Kassierer. Trotz der Ausnahme in der Verordnung empfehle er allen Beschäftigten im Einzelhandel, zum zusätzlichen Infektionsschutz eine Maske zu tragen.
„Die Maskenpflicht im Einzelhandel sollte vom Inzidenzwert abhängen“
Josef Neumann Gesundheitspolitischer Sprecher, NRW-SPD