Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Apples Auto-Pläne werden konkreter

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Seit 2014 soll Firmenchef Tim Cook die Entwicklun­g eines eigenen Fahrzeugs vorantreib­en. Nun könnte aus dem Gerücht mehr werden.

SEOUL/BERLIN (dpa/frin) Seit Jahren wird über ein Apple-Auto spekuliert – doch jetzt häufen sich Berichte, die immer konkreter werden. Eine südkoreani­sche Zeitung schrieb, Apple wolle Milliarden in den Autobauer Kia investiere­n, um in dessen Werk im US-Bundesstaa­t Georgia die Produktion seiner Elektrofah­rzeuge zum Jahr 2024 vorzuberei­ten. Das „Wall Street Journal“berichtete, im ersten Jahr sollten dort bis zu 100.000 Wagen gebaut werden. Der US-Sender CNBC legte mit der Informatio­n nach, die Apple-Autos sollten vollständi­g autonom fahren.

Zuletzt verdichtet­en sich Hinweise, dass Apple nach Südkorea schaut. Die Kia-Schwesterf­irma Hyundai bestätigte Verhandlun­gen – nur um wenig später lediglich vom „Interesse diverser Unternehme­n“zu sprechen. Laut der Zeitung „Nikkei“gibt es auch Gespräche mit japanische­n Autofirmen.

Zwischenze­itlich schien es schon, als würde ein „iCar“ein Phantom bleiben. Apple-Chef Tim Cook soll 2014 grünes Licht für die Entwicklun­g eines Elektroaut­os gegeben haben. Zulieferer bekamen bereits Prototypen zu sehen – doch dann schaltete Apple einen Gang herunter und fokussiert­e sich zunächst auf die Entwicklun­g von Software zum autonomen Fahren.

Das einzige unwiderleg­bare Zeugnis von Apples Auto-Ambitionen waren bisher mehr als 50 zu Roboterwag­en umgebaute SUV der Toyota-Luxusmarke Lexus, die mit Sensoren gespickt im Silicon Valley unterwegs sind.

In den vergangene­n Jahren tauchten immer mal wieder Gerüchte auf. So hieß es, Apple wolle den britischen Sportwagen­bauer McLaren kaufen. Immer wieder wurde der Auftragsfe­rtiger Magna als wahrschein­licher Produktion­spartner gehandelt. Apple holte sich Experten vom Elektroaut­o-Pionier Tesla und etablierte­n Hersteller­n. Doch die Jahre gingen ins Land ohne ein Auto des iPhone-Konzerns. Unterdesse­n wurde Sony Anfang 2019 zum ersten

Elektronik-Konzern, der einen eigenen Autoprotot­ypen vorstellte, entwickelt zusammen mit Magna. Zu einer Serienprod­uktion sagt Sony immer noch nichts – aber jüngste Weiterentw­icklungen und fortlaufen­de Straßentes­ts zeigen, dass die Japaner es ernst meinen.

Zugleich ändert sich die gesamte Industrie. Die Hersteller riefen die Ära des „von Software definierte­n Autos“aus. Die Grundidee: Ein Fahrzeug kann durch Software-Updates immer weiter verbessert und mit neuen Funktionen weiterentw­ickelt werden. Tesla macht es bereits mit seinen System-Aktualisie­rungen vor, der Rest der Branche schwenkt auf den Kurs ein.

Speziell Volkswagen-Chef Herbert Diess mahnt seit Jahren, der größte deutsche Autoherste­ller müsse zur Software-Schmiede werden, um langfristi­g mit Tesla und Co. mithalten zu können. Es geht dabei nicht nur um die Leistung des Fahrzeugs, sondern auch um die Frage, wer künftig den Zugang zum Kunden

hat. Denn sobald Autos autonom fahren, werden Menschen viel Zeit in ihnen verbringen, die anderweiti­g genutzt werden kann – und in der man als Unternehme­n Kunden ein Angebot machen kann.

Schon seit Jahren sehen Branchenex­perten aus diesem Grund einen fundamenta­len Konflikt zwischen Autoherste­llern und großen Tech-Konzernen wie Apple und Google – einen Wettstreit um die Schnittste­lle zum Menschen im Auto. Die Leute wollen im Auto ihre vom Smartphone gewohnten Apps und Dienste nutzen. Die Strategie der Hersteller ist, den Fahrzeugin­sassen eine eigene Welt anzubieten, von der Steuerung der Infotainme­nt-Anlage bis hin zur Auswahl von Apps und anderen Diensten. Sie konkurrier­en in diesem Szenario mit Systemen wie Apples Carplay oder Googles Android Auto, die es Nutzern erlauben, Apps von ihrem iPhone oder Android-Telefon auf den großen Bildschirm im Cockpit zu bringen.

Im Auto der Zukunft geht es bei der Kontrolle über die Interaktio­n mit den Insassen nicht um Prestige, sondern um Geld. „Der Zugang zum Kunden wird bestimmen, wer die Service-Umsätze macht. Und das wird in zehn Jahren ein Viertel der Erlöse der Industrie sein“, sagt Branchenex­perte Axel Schmidt von der Beratung Accenture. Doch bis dahin sind enorme Investitio­nen nötig, die manchen deutschen Hersteller überforder­n könnten. Denn Mercedes, BMW und Co. müssen mehrere Megatrends wie die Elektromob­ilität und die Digitalisi­erung parallel verfolgen – und finanziere­n.

Für Apple gibt es also durchaus Chancen am Markt, zumal Morgan-Stanley-Analystin Katy Huberty zu bedenken gibt, dass der iPhone-Konzern nur zwei Prozent des globalen Mobilitäts­marktes erobern müsste, um mit seinem Auto das Volumen des heutigen iPhone-Geschäfts zu erreichen. Und Apple sei traditione­ll gut darin, einen Markt durch seinen Eintritt zu vergrößern.

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