Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Bewegung für den Büro-Alltag
Till Hagemann aus Emmerich war als Physiotherapeut im Fußballzirkus unterwegs. Nun arbeitet er in Qualburg. Nackenschmerzen seien seit Beginn der Corona-Krise weitverbreitet. Doch einfache Übungen können Abhilfe schaffen.
EMMERICH/BEDBURG-HAU Mit den Auswirkungen der Corona-Krise hat Till Hagemann hauptberuflich zu tun. Der 29-Jährige bekämpft sie jeden Tag. Als Physiotherapeut habe er es immer wieder mit Menschen zu tun, die über Nackenbeschwerden oder Probleme mit der Lendenwirbelsäule klagen. Schmerzen, die in Corona-Zeiten noch deutlich häufiger auftreten würden als ohnehin schon. „Die Gründe sind vielfältig: schlecht ausgestattete Arbeitsplätze, Bewegungsmangel oder schädliche Körperhaltungen“, sagt Hagemann. Jahrelang war der Emmericher bei den Fußballklubs MSV Duisburg, KFC Uerdingen und Fortuna Düsseldorf als Physiotherapeut aktiv. Auch beim Fußball-Oberligisten 1. FC Kleve waren seine Dienste gefragt. Seit drei Jahren aber arbeitet Hagemann in der Qualburger Praxis „Reha Sport Kleve“. Eigentümer ist der Niederländer Frank Borst.
Wenn sich die Menschen mit körperlichen Schmerzen an Till Hagemann wenden, weiß er eine Lösung. Das Fachwissen hat er sich vor Jahren beim Studium in Nimwegen angeeignet. Doch nicht selten dauern die physiotherapeutischen Behandlungen Monate. Damit es gar nicht erst soweit kommt, gebe es niedrigschwellige Übungen, um Beschwerden zu verhindern, so der Emmericher. Zudem sei es in Zeiten der Pandemie wichtig, sich bewusst mit der eigenen Körperhaltung auseinanderzusetzen und darauf zu achten, wie der Home-Office-Arbeitsplatz eingerichtet ist.
Übungen
So empfiehlt Till Hagemann etwa das Rudern an der Türklinke. Dabei müsse man ein Theraband, das im Internet oder Fachhandel erhältlich ist, um die Klinke wickeln und dieses gespannt in beide Hände nehmen. Langsam zieht man das Band in der Folge nach hinten. Die Ellenbogen werden am Körper vorbeigezogen und die Schulterblätter zusammengekniffen. „Es ist ganz wichtig, dass man das Band bei der Übung nicht reißt und nicht mit dem Kopf nach vorne geht“, sagt der 29-Jährige.
Auch der sogenannte Reverse Fly sei ohne großen Aufwand umzusetzen. Dabei hält man das Tera3band vor sich und zieht es erst zur Brust, in der Folge dann auseinander. Die Schulterblätter werden erneut zusammengekniffen, der Kopf bleibt in der Position. „Bei keiner der Übungen sollte man sich übernehmen. Gerade nicht, wenn man sonst nicht allzu viele solcher Übungen macht. Passend wären vielleicht drei bis fünf Sätze mit etwa zehn Wiederholungen“, sagt Hagemann.
Beim Unterarmstütz startet man in Bauchlage – vorzugsweise auf einer Fitness-Matte oder einem Teppich. Die Unterarme werden parallel zum Körper abgestellt. Hüfte und Schultern sollten auf einer Höhe sein. Hagemann spricht von einer „neutralen Körperebene“. Die Ellenbogen werden in die Unterlage gedrückt. Während der Übung sollte der Körper angespannt sein. Diese durchaus anstrengende Position sollte für einige Sekunden gehalten werden. „Wichtig dabei ist der Po. Er sollte nicht durchhängen. Ich würde es lieber sehen, dass er zu hoch als zu tief ist“, sagt Hagemann.
Bei einer vom Physiotherapeuten empfohlenen Bridge-Variation startet man mit dem Rücken auf dem Boden. Das Gesäß wird in die Luft gehoben. Ein Bein wird angewinkelt und danach ausgestreckt. Übung mehrfach wiederholen. Dann das Bein wechseln. Bei der Übung wird unter anderem die Muskulatur im Bauch, Rücken und Gesäß trainiert.
Ergonomie am Arbeitsplatz
Das Arbeiten am Laptop sei häufig ein Graus, so Till Hagemann. „Dabei ist die Arbeitshaltung tendenziell nach unten verlagert, man arbeitet in sich zusammengesunken. Das ist nicht gesund. Auch die Schultern hat man meistens sehr weit vorne“, sagt der Emmericher. Stattdessen solle man möglichst am Desktop-PC arbeiten. Zudem sollte der Sichtabstand zum Monitor mindestens 50 Zentimeter betragen. Ellenbogen und Handflächen sollen sich auf einer Ebene mit Tastatur und Maus befinden. Ein Sitz mit Rückenlehne sei unabdingbar, so Hagemann. „Wer nicht die Möglichkeit hat, hinter einem Desktop-PC zu arbeiten, kann den Laptop höherstellen, indem man beispielsweise einige Bücher unter das Gerät legt“, sagt der 29-Jährige. Zudem solle man sich um eine externe Tastatur und Maus bemühen, sodass eine flexiblere Haltung möglich ist.
Bewegung
Zudem dürfe man auch im stressigen und unübersichtlichen Home-Office-Alltag nicht vergessen, sich ausreichend zu bewegen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt 10.000 Schritte pro Tag, diese Marke propagiert auch der Emmericher. „Es geht nicht unbedingt darum, diese Marke zu knacken. Aber man sollte versuchen, sich immer zu steigern und sich selbst kleine Ziele zu setzen“, sagt Hagemann. Um diese Ziele zu erreichen, seien nicht einmal stundenlange Spaziergänge nötig. Auch kleine Wege seien wichtig. So schlägt Till Hagemann etwa vor, den Drucker in einem anderen Zimmer aufzubauen. Schließlich müsse man dann aufstehen, um das Dokument zu holen. „Immerhin gilt: Die nächste Haltung ist immer die beste“, sagt er.