Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Große Leistung, große Klappe
Eintracht Frankfurt ist 2021 das beste Bundesliga-Team. Die Hessen haben nicht vor, sich kleiner zu machen, als sie sind. Die anderen sollten sich warm anziehen.
Wollen Sie mal ein paar Zahlen lesen? Bitte schön: 2021, 7, 19, 1. Etwas ausführlicher: Im Jahr 2021 wurden in der Fußball-Bundesliga sieben Spieltage ausgetragen, Eintracht Frankfurt blieb ungeschlagen, holte in dieser Zeit 19 Punkte und ist in der Rangliste des Jahres Erster – noch vor den Dauerrekordlern aus München.
Das ist toll, nicht allein für Frankfurter Fans. Denn es zeigt, dass der Erfolg nicht nur käuflich ist. Natürlich wird auch bei der Eintracht das Monatssalär nicht in Äppelwoi ausgezahlt, und auch hier sind die Stammspieler längst mehrfache Einkommens-Millionäre. Knapp 100 Millionen Euro weist der jüngste Geschäftsbericht beim Posten Personalaufwand aus. Das ist ordentlich.
Aber es ist nicht alles. Im Vergleich zu den Branchenriesen ist das immer noch bescheiden. Die Bayern geben fast viermal so viel für ihr Personal aus. Dennoch haben sie in diesem Jahr drei Punkte
weniger geholt und – wichtiger – sicher nicht so beeindruckend aufgespielt wie die vergleichsweise kleine Eintracht, die 2012 noch in der zweiten Liga antrat.
Ähnlich wie bei Borussia Mönchengladbach wird in Frankfurt die alte These widerlegt, dass der Zug nach oben abgefahren ist, wenn in der Vereinschronik ein paar Abstiege verzeichnet sind. Und ähnlich wie in Gladbach hat auch der Frankfurter Höhenflug einen Namen: Bei der Borussia ist der Aufschwung mit Sportdirektor Max Eberl verbunden, bei der Eintracht mit Sportvorstand Fredi Bobic.
Dem ehemaligen Nationalspieler haben nicht viele in der Branche ein derartiges Meisterstück zugetraut. Bobic galt als freundliches Kerlchen, das in seiner Spielerkarriere als Teil des legendären „magischen Dreiecks“mit Krassimir Balakow und Giovane Elber beim VfB Stuttgart die Fußballfreunde verzaubert hatte, mehr nicht.
Auch sein Geschäftsmodell fand zunächst mal nicht so viele Anhänger, die Branche hielt es für naiv. Für Bobic war es in einem Wort der Kanzlerin „alternativlos“. Weil der Klub zumindest anfangs schön klamm war, lieh er sich eine kleine Weltauswahl aus Spielern zusammen, die anderswo schwer vermittelbar, schwierig oder generell untauglich schienen. Doch das Experiment ging auf. Über Sprachgrenzen hinweg wurden die Frankfurter ein Team, das viel Ähnlichkeit mit dem Vereinsnamen aufwies. Fußball-Deutschland staunte, die Eintracht sammelte Erfolge ein, und sie wurde ganz nebenbei finanziell sehr gesund – auch ein Ergebnis kluger Transferpolitik.
Sie hat es deshalb schon lange aufgegeben, sich kleiner zu machen, als sie ist. Das unterscheidet die Eintracht von einigen Mitbewerbern. Der Vorstoß in die Champions-League-Ränge wird nicht mit dem üblichen Understatement als „schöne Momentaufnahme“verkauft, sondern als klare Ansage an die Konkurrenz. „Wir wissen um unsere Qualität“, sagt Martin Hinteregger, auch so einer, der erst in Frankfurt sein Glück fand. Und Trainer Adi Hütter stellt ungerührt fest: „Wir spielen seit geraumer Zeit wie eine Spitzenmannschaft.“
Solche Bemerkungen verdanken sich dieser Einsicht: Wer große Leistungen bietet, der darf eine große Klappe haben.
Weiter so!