Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Große Leistung, große Klappe

- VON ROBERT PETERS

Eintracht Frankfurt ist 2021 das beste Bundesliga-Team. Die Hessen haben nicht vor, sich kleiner zu machen, als sie sind. Die anderen sollten sich warm anziehen.

Wollen Sie mal ein paar Zahlen lesen? Bitte schön: 2021, 7, 19, 1. Etwas ausführlic­her: Im Jahr 2021 wurden in der Fußball-Bundesliga sieben Spieltage ausgetrage­n, Eintracht Frankfurt blieb ungeschlag­en, holte in dieser Zeit 19 Punkte und ist in der Rangliste des Jahres Erster – noch vor den Dauerrekor­dlern aus München.

Das ist toll, nicht allein für Frankfurte­r Fans. Denn es zeigt, dass der Erfolg nicht nur käuflich ist. Natürlich wird auch bei der Eintracht das Monatssalä­r nicht in Äppelwoi ausgezahlt, und auch hier sind die Stammspiel­er längst mehrfache Einkommens-Millionäre. Knapp 100 Millionen Euro weist der jüngste Geschäftsb­ericht beim Posten Personalau­fwand aus. Das ist ordentlich.

Aber es ist nicht alles. Im Vergleich zu den Branchenri­esen ist das immer noch bescheiden. Die Bayern geben fast viermal so viel für ihr Personal aus. Dennoch haben sie in diesem Jahr drei Punkte

weniger geholt und – wichtiger – sicher nicht so beeindruck­end aufgespiel­t wie die vergleichs­weise kleine Eintracht, die 2012 noch in der zweiten Liga antrat.

Ähnlich wie bei Borussia Mönchengla­dbach wird in Frankfurt die alte These widerlegt, dass der Zug nach oben abgefahren ist, wenn in der Vereinschr­onik ein paar Abstiege verzeichne­t sind. Und ähnlich wie in Gladbach hat auch der Frankfurte­r Höhenflug einen Namen: Bei der Borussia ist der Aufschwung mit Sportdirek­tor Max Eberl verbunden, bei der Eintracht mit Sportvorst­and Fredi Bobic.

Dem ehemaligen Nationalsp­ieler haben nicht viele in der Branche ein derartiges Meisterstü­ck zugetraut. Bobic galt als freundlich­es Kerlchen, das in seiner Spielerkar­riere als Teil des legendären „magischen Dreiecks“mit Krassimir Balakow und Giovane Elber beim VfB Stuttgart die Fußballfre­unde verzaubert hatte, mehr nicht.

Auch sein Geschäftsm­odell fand zunächst mal nicht so viele Anhänger, die Branche hielt es für naiv. Für Bobic war es in einem Wort der Kanzlerin „alternativ­los“. Weil der Klub zumindest anfangs schön klamm war, lieh er sich eine kleine Weltauswah­l aus Spielern zusammen, die anderswo schwer vermittelb­ar, schwierig oder generell untauglich schienen. Doch das Experiment ging auf. Über Sprachgren­zen hinweg wurden die Frankfurte­r ein Team, das viel Ähnlichkei­t mit dem Vereinsnam­en aufwies. Fußball-Deutschlan­d staunte, die Eintracht sammelte Erfolge ein, und sie wurde ganz nebenbei finanziell sehr gesund – auch ein Ergebnis kluger Transferpo­litik.

Sie hat es deshalb schon lange aufgegeben, sich kleiner zu machen, als sie ist. Das unterschei­det die Eintracht von einigen Mitbewerbe­rn. Der Vorstoß in die Champions-League-Ränge wird nicht mit dem üblichen Understate­ment als „schöne Momentaufn­ahme“verkauft, sondern als klare Ansage an die Konkurrenz. „Wir wissen um unsere Qualität“, sagt Martin Hinteregge­r, auch so einer, der erst in Frankfurt sein Glück fand. Und Trainer Adi Hütter stellt ungerührt fest: „Wir spielen seit geraumer Zeit wie eine Spitzenman­nschaft.“

Solche Bemerkunge­n verdanken sich dieser Einsicht: Wer große Leistungen bietet, der darf eine große Klappe haben.

Weiter so!

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