Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Echte Type mit breitem Kreuz
Johannes Smitmans ist seit mehr als 25 Jahren Ortsbürgermeister in Vernum. Wenn es nach ihm ginge, würde er gerne einem Jüngeren Platz machen. Politisch hat sich der 61-Jährige schon zurückgezogen.
VERNUM Wenn Johannes Smitmans überlegt, wie lange er schon im Amt ist, kommen nach seiner Rechnung gut und gerne 1000 Jahre zusammen. Das ist natürlich maßlos übertrieben, doch es fühle sich genauso an.
Seine Familie, sagt Smitmans, sei seit mindestens 500 Jahren in Vernum verwurzelt. Der Hülshof, auf dem er lebt, sei sogar noch älter und stamme aus dem Fränkischen Reich. Sein Vater war Bauer, und er sei es auch, obwohl er mittlerweile beim Wachdienst arbeite. „Lange Zeit wurde ich mit ihm verwechselt“, erzählt Smitmans, „obwohl wir uns gar nicht ähnlich sahen.“Er zeigt ein breites Grinsen. „Aber wenn mich die Leute auf der Straße getroffen haben, haben sie mich immer mit Franz angeredet.“
In Wahrheit ist Smitmans seit 1994 Ortsbürgermeister. Zur Wahrheit gehört auch, dass er den Job nie machen wollte. „Ich war 34, viel zu jung, um als Ortsbürgermeister zu kandidieren“, erzählt er. Sein Vorgänger Toni Barz sei sehr gut darin gewesen, das zu tun, was man als Ortsbürgermeister eben so tue. Barz habe ihn da „reingebracht“, in die CDU und in den Stadtrat und überhaupt. „Ich war so was wie sein persönlicher Vertreter“, erzählt Smitmans. Als Barz dann aus beruflichen und gesundheitlichen Gründen nicht mehr weitermachen wollte, sei klar gewesen, dass er in seine Fußspuren treten würde. „Ein Jahr sollte ich ihn begleiten, damit er mich den Leuten vorstellen konnte. Dabei war er der Zugezogene.“Smitmans muss schon wieder grinsen. Den Alten gratulieren, die Kirmes eröffnen, am Volkstrauertag an die Kriegstoten erinnern... „Da wird man eingeladen, und dann muss man da hin.“
Smitmans ist das, was man hemdsärmelig nennt. Ein Original, eine echte Type. Er habe ein breites Kreuz, sagt er. Wenn er etwas will, dann will er es. Der 61-Jährige nimmt kein Blatt vor den Mund. Aber wie so oft: harte Schale, weicher Kern. Als die Lage mit dem früheren Bürgermeister Ulrich Janssen zu eskalieren drohte, habe man ihn gebeten, es zu richten. Alle hatten Angst vor dem Bürgermeister, erzählt Smitmans. Jedenfalls war niemand bereit, den Fraktionsvorsitz zu übernehmen, um ihm Paroli zu bieten. „Ich sollte das machen, hieß es“, sagt Smitmans, „aber für höchstens ein Jahr.“Am Ende wurden zwei daraus, und Janssen war abgewählt. „Man muss sich wehren“, sagt Smitmans. Und: „Ich kann auch giftig werden.“
Zwei Herzen schlagen in Smitmans’ Brust. „Ich bin Vernumer“, erzählt er, „aber mein Ort ist Hartefeld.“Dazu muss man wissen, dass Vernum bis zur NRW-Gemeindereform 1969 aus den Ortschaften Vernum, Hartefeld und Poelyck bestand. Poelyck kam zur Gemeinde Kerken, Vernum und Hartefeld wurden getrennt und in die Stadt Geldern eingemeindet. Bis heute benutzen beide Ortschaften dasselbe grüne Wappen. „Wenn es nach mir ginge, hätte man die beiden zusammen gelassen“, sagt Smitmans. Vernum sei seine Heimat. Er grinst. Wenn er den Heimatverein Hartefeld-Vernum ärgern wolle, das komme manchmal vor, drehe er die Wörter einfach um: Vernum-Hartefeld.
In den mehr als 25 Jahren, in denen er Ortsbürgermeister sei, habe er mit ansehen müssen, wie die Welt um ihn herum immer verrückter wurde, anonymer, das Gegenteil von gesellig. Noch zwei Jahre Corona, und das ist der Todesstoß. Es gehe ihm nicht nur um die Alten, sagt Smitmans, es gehe um alle Generationen, auch um die Kinder. Die Corona-Pandemie sei eine Katastrophe. Vor allem die Vereine hätten sehr gelitten. Er versuche zu helfen,
wo er nur kann. Wenn es sein muss, auch aus eigener Tasche, wie er es beim Spielplatz an der Viernheimer Straße getan hat. Als nächstes will er sich um den Sportverein kümmern, damit der eine neue Sanitäranlage bekommt. Dafür sucht er zurzeit Sponsoren. „Wenn man so lange Ortsbürgermeister ist wie ich, dann denken die meisten, ach, der hält doch eh zur Verwaltung. Aber das stimmt nicht.“Er sei für den Bürger da. „Wenn sie mich nicht mehr haben wolle, dann sollen sie sich einen anderen suchen.“Basta.
Politisch habe er sich bereits zurückgezogen. Das habe nichts mit seinem Bluthochdruck zu tun, wie er beteuert. „Ich bin leer“, gibt Smitmans zu. Außerdem: „Wenn man einen jungen Guten gefunden hat, soll man aufhören.“Er hatte Glück. Norbert Clancett sei ein „sehr guter Nachfolger“. Auch er könne zu fast nichts nein sagen. „Der macht alles und hat noch Familie.“
Nur bei einer Sache habe Clancett abgelehnt. Den Job des Ortsbürgermeisters wollte er sich nicht auch noch aufbürden. Also macht Smitmans weiter. Solange, bis er einen jungen Neuen gefunden hat, der in seine Fußstapfen treten kann. „Ich freue mich schon auf die Zeit, wenn ich auf der Kirmes endlich wieder mittrinken darf. Bis dahin muss ich mich zusammenreißen“, sagt Smitmans und grinst.