Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Die Grippe fällt aus
Die Bekämpfung des Coronavirus hat einen positiven Nebeneffekt: Im Kreis Kleve hat es 2021 noch keinen gemeldeten Grippefall gegeben.
Die Bekämpfung des Coronavirus hat einen positiven Nebeneffekt: Im Kreis Kleve hat es in diesem Jahr noch keinen gemeldeten Grippefall gegeben. Das dürfte sich erst ändern, sobald die Kontaktbeschränkungen gelockert werden.
KREIS KLEVE Wir sind mitten in der Grippesaison, aber die Influenza, die „echte Grippe“– eine ernste Erkrankung, nicht zu verwechseln mit normalen fiebrigen Erkältungen – findet nicht statt. Dem Kreis Kleve wurde in diesem Jahr noch kein einziger Influenzafall gemeldet, wie Kreissprecherin Ruth Keuken auf Nachfrage unserer Redaktion sagte. „Auch deutschlandweit sind die Fallzahlen sehr niedrig. Die typische Zeit für Infektionen mit Influenzaviren liegt normalerweise zwischen der dritten und 13. Kalenderwoche“, heißt es aus dem Kreishaus. Wir befinden uns gerade in der siebten Kalenderwoche – und trotzdem: nichts.
Zum Vergleich ein Blick auf die Fallzahlen der vergangenen Jahre. Laut Kreissprecherin Keuken wurden 2018 noch 329 Fälle gezählt, im Jahr 2019 insgesamt 370 und 2020 sogar 593 Fälle. Im vergangenen Jahr sei die Zahl so hoch gewesen, weil wegen der Corona-Pandemie zu Beginn des Jahres oft Doppeltestungen auf Covid-19 und auf Influenza durchgeführt worden seien. Durch mehr Tests sei dann auch die Fallzahl gestiegen. „Klinisch hatten wir jedoch im Kreis Kleve keine besonders starke Grippewelle“, sagt Keuken.
Dass die Grippewelle in diesem Jahr gänzlich auszubleiben scheint, ist ganz offenbar das Ergebnis der Corona-Maßnahmen, die derzeit eingehalten werden müssen. „Als Ergebnis kann festgestellt werden, dass die Weiterverbreitung auch anderer Infektionen über Tröpfchen, wie zum Beispiel Influenza, durch Kontaktbeschränkungen, Abstandsregeln, Masken und Händehygiene deutlich eingedämmt werden können“, sagt die Amtsärztin des Kreises Kleve, Martina Scherbaum. Das wiederum hat auch Auswirkungen auf die Corona-Pandemie: „Ich bin erleichtert, dass die momentanen Belastungen der Krankenhäuser und der Bevölkerung durch das Sars-CoV-2-Virus aktuell nicht auch noch durch eine zusätzliche Grippewelle verstärkt werden“, sagt Scherbaum. „Sollten die Kontaktbeschränkungen gelockert werden, ist in den nächsten Wochen auch wieder mit dem Auftreten von Grippefällen zu rechnen.“
Dazu kommt, dass sich mindestens zu Beginn der Saison im Herbst 2020 mehr Menschen in Deutschland gegen Grippe haben impfen lassen als in früheren Jahren. Mit 1,8 Millionen Impfungen im September 2020 sei ein Anstieg um 165 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnet worden, heißt es von einem Sprecher des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung. Das Paul-Ehrlich-Institut, das in Deutschland unter anderem für die Zulassung von Arzneimitteln zuständig ist, hatte in dieser Saison mehr Impfdosen gegen die Influenza freigegeben als in den Jahren zuvor: 25 Millionen. Der Bund hatte zusätzliche Dosen beschafft, um eine zusätzliche Belastung des Gesundheitswesens in der Corona-Krise zu vermeiden. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände geht von einem „sehr erfreulichen Spitzenwert“an Grippe-Impfungen in dieser Saison aus.
Während die Grippe quasi nicht stattfindet, treten in dieser Saison auch andere Leiden wie Durchfallerkrankungen oder die ganz normalen winterlichen Erkältungen stark vermindert auf. Im „Grippeweb“werden unter der Regie des Robert-Koch-Instituts
Daten über Atemwegserkrankungen gesammelt und interpretiert. Darunter fallen dann zwar auch die echte Influenza oder Covid-19, aber die allermeisten Infekte sind immer noch normaler Husten, Schnupfen, Heiserkeit. Seit dem Herbst liege die Rate der Atemwegserkrankungen insgesamt „kontinuierlich und deutlich unterhalb der Vorjahreswerte“, wie es in der Auswertung steht. „Die außergewöhnlich niedrigen Raten sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die kontaktreduzierenden Maßnahmen im Bundesgebiet zurückzuführen.“