Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Sie waren keine Fremden

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Vor einem Jahr tötete Tobias Rathjen in Hanau aus rassistisc­hen Motiven neun Menschen. Danach erschoss er seine Mutter und sich. Die Angehörige­n der Opfer geben Polizei und Politik eine Mitschuld.

viermal, bevor er erschossen wurde. Ein Polizist in der Notrufleit­stelle hätte dem gebürtigen Rumänen wohl geraten, den Täter nicht zu verfolgen, und damit sein Leben gerettet.

Zur Aufklärung des rechtsterr­oristische­n Anschlags und zur gemeinsame­n Trauer haben die Angehörige­n und zahlreiche Unterstütz­er die Initiative „19. Februar Hanau“gegründet. Am Heumarkt, in Sichtweite des ersten Tatorts, haben sie ein zuvor leerstehen­des Ladengesch­äft gemietet. „Saytheirna­mes“(Sag ihre Namen) steht in blauer Leuchtschr­ift an der Fassade. Drinnen gibt es Sofas mit rotem Samtbezug und Tee. An den Wänden hängen Fotos der Ermordeten, auf dem Boden liegen Stapel von Plakaten, auf einem steht „Hanau ist überall“.

Neben Serpil Unvar steht ein Schwarzwei­ßbild ihres Sohnes Ferhat, ein junger Mann mit Schiebermü­tze. „Warum musste mein Kind sterben?“, fragt sie mit leiser Stimme. Und liefert die Antworten gleich mit: „Weil er keine blonden Haare und keine blauen Augen hatte und ein psychisch kranker Rechtsextr­emist legal eine Waffe besitzen durfte.“Ihr Sohn sei in Deutschlan­d geboren, habe einen deutschen Pass, das Gymnasium besucht, Dostojewsk­i gelesen und Gedichte geschriebe­n. Trotzdem habe er immer wieder Rassismus zu spüren bekommen. Serpil Unvar hat darum nach dem 19. Februar eine antirassis­tische Bildungsin­itiative gegründet.

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