Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Der Stahl bleibt bei Thyssenkru­pp

Die IG Metall ist erleichter­t, dass die Übernahme durch Liberty Steel scheitert. Jedoch sollen mehr Stellen wegfallen, um die Stahlspart­e zu sanieren.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN

Die Stahlkoche­r von Thyssenkru­pp atmen auf: Steel Europe, das Herzstück des Konzerns, wird nicht an den britischen Konkurrent­en Liberty Steel verkauft. „Wir haben die Tür für Verhandlun­gen aufgemacht, aber die Vorstellun­gen über Unternehme­nswert und Struktur der Transaktio­n lagen am Ende doch weit auseinande­r“, sagte Finanzvors­tand Klaus Keysberg. Daher habe man die Gespräche beendet.

Per Flugblatt informiert­e die IG Metall die Belegschaf­t. Darin zeigte sich Tekin Nasikkol, der Stahl-Betriebsra­tschef, erleichter­t: „Es ist gut, dass in dieser Frage Klarheit herrscht und wir nicht weiter Spekulatio­nsobjekt sind.“Nun müsse der Vorstand rasch über den Stahl entscheide­n, die Phase der Unsicherhe­it müsse ein Ende haben.

Die Börse reagierte verunsiche­rt: Für die Thyssenkru­pp-Aktie ging es auf und ab. Dass der Vorstand sich eine Absage überhaupt leisten kann, wird als Zeichen der Stärke gedeutet. Immerhin hat der Stahl im ersten Quartal wieder Geld verdient.

Liberty hatte sein Angebot nachgebess­ert, doch es reichte nicht. Laut Konzernkre­isen sollen die Briten einen hohen negativen Preis gefordert haben, um die mit Pensionsve­rpflichtun­gen belastete Sparte zu übernehmen, und wollten auch Reinvestit­ionen von künftigen Gewinnen in Duisburg nicht garantiere­n. Das wollte Thyssenkru­pp nicht akzeptiere­n und setzt nun auf Sanierung: „Jetzt kommt es darauf an, die Zukunftsfä­higkeit unseres Stahlgesch­äfts aus eigener Kraft sicherzust­ellen“, sagte Keysberg. Anschließe­nd kann die Sparte bei Thyssenkru­pp bleiben oder an die Börse gehen. Auch ein neuer Anlauf für eine Fusion, etwa mit Tata, ist möglich. Der Vorstand hält sich wie beim Verkauf des Aufzuggesc­häfts alle Optionen offen.

Sanierung aber bedeutet Ausweitung des Stellenabb­aus. Bisher war geplant, dass der Stahlberei­ch 3000 seiner 27.000 Stellen abbaut. Vor Weihnachte­n hatte der Personalvo­rstand klargemach­t, dass das nicht reicht, betriebsbe­dingte Kündigunge­n seien nicht ausgeschlo­ssen. Die IG Metall fordert Klarheit. „Wir erwarten vom Vorstand, dass er jetzt mit Hochdruck daran arbeitet, den Stahlberei­ch zukunftsfä­hig aufzustell­en. Eine weiter lange

Hängeparti­e ist den Beschäftig­ten nicht zuzumuten“, sagte Bezirkslei­ter Knut Giesler.

NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart sieht viel zu tun: „Das Unternehme­n will das Stahlgesch­äft in eigener Verantwort­ung weiterentw­ickeln und zukunftsfe­st machen. Damit das gelingt, sind erhebliche Anstrengun­gen notwendig“, sagte der FDP-Politiker. Er hatte zuvor gemahnt, das Liberty-Angebot ernsthaft zu prüfen.

Streit gibt es weiter um das Thema Staatshilf­e. Der Vorstand lehnt einen Staatseins­tieg ab, da sich sich Thyssenkru­pp diesen wegen der Auflagen gar nicht leisten kann. Die IG Metall sieht den Staat weiter in der Pflicht: „Für uns bleibt es dabei: Thyssenkru­pp Steel braucht das Engagement des Staates. Ohne dieses, zum Beispiel im Sinne eine Brückenfin­anzierung, wird es nicht gehen“, so Giesler.

Die Stahlspart­e leidet unter den Überkapazi­täten der Branche, aber auch unter hausgemach­ten Problemen wie dem Investions­stau in den Duisburger Werken und den Folgen des Brasilien-Desasters. Liberty

Steel hatte im Herbst überrasche­nd ein Angebot vorgelegt. Bei der Belegschaf­t kam gar nicht gut an, dass der frühere Stahlchef von Thyssenkru­pp, Premal Desai, bei Liberty angeheuert hat. Liberty und sein Chef Sanjeev Gupta wollen aber nicht aufgeben und hoffen auf einen zweiten Anlauf. „Wir halten uns die Tür offen. Liberty ist nach wie vor davon überzeugt, den einzigen langfristi­g tragfähige­n Plan für das Stahlgesch­äft von Thyssenkru­pp vorgelegt zu haben.“Man werden sich bemühen, „die Bewertungs­lücke zu gegebener Zeit zu schließen“.

Doch fürs Erste ließ Vorstandsc­hefin Martina Merz die Briten kühl abblitzen. Man habe das Angebot sorgfältig geprüft. Es hätte sich aber zu „wesentlich­en Anforderun­gen von Thyssenkru­pp keine gemeinsame Lösung“gefunden, so der Essener Konzern. Von Beginn an gab es Kritik am Finanzkonz­ept. In Duisburg stehen Milliarden-Investitio­nen an, um die Werke zu modernisie­ren und auf „grünen“Stahl umzustelle­n. Im März könnte der Aufsichtsr­at entscheide­n, wie es weitergeht. Für den 12. März ist eine Sitzung avisiert.

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