Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Facebook entfreunde­t Australien

- VON BARBARA BARKHAUSEN

Soziale Medien sollen in Zukunft für die Nutzung journalist­ischer Inhalte zahlen. Das führt zum Eklat auf dem fünften Kontinent.

CANBERRA Ein geplantes Mediengese­tz in Australien sorgt für Furore. Weil Facebook nicht für das Teilen von Nachrichte­n und anderen journalist­ischen Inhalten zahlen möchte, hat die soziale Plattform nun ernst gemacht: Am Donnerstag zeigten die Facebook-Seiten sämtlicher australisc­her Medien keine Inhalte mehr an. Nutzer konnten Artikel und andere Medienbeit­räge nicht mehr sehen oder teilen. Facebook schafft damit einen kompletten Medien-Blackout für den fünften Kontinent. Auch internatio­nale Nutzer können nicht mehr auf australisc­he Inhalte zugreifen.

Der radikale Schritt ist eine Reaktion auf einen Gesetzesvo­rschlag, der bereits vom australisc­hen Repräsenta­ntenhaus verabschie­det worden ist und vermutlich in der kommenden Woche auch vom Senat abgesegnet wird. Sobald das neue Mediengese­tz in Kraft tritt, müssen soziale Medien, aber auch Suchmaschi­nen,

für die Nutzung journalist­ischer Inhalte zahlen. Google drohte Australien deswegen Ende Januar bereits mit der Abschaltun­g seiner Suchmaschi­ne. Das Unternehme­n sprach damals von einem gefährlich­en Präzedenzf­all. Doch nachdem Microsoft angeboten hatte, die Lücke mit seiner Suchmaschi­ne Bing zu füllen, lenkte Google ein. Inzwischen hat der Konzern erste Deals mit Medienunte­rnehmen geschlosse­n, unter anderem mit Rupert Murdochs News Corp.

Facebook dagegen geht auf Konfrontat­ionskurs. „Das vorgeschla­gene Gesetz missverste­ht die Beziehung zwischen unserer Plattform und den Verlagen“, schrieb William Easton, Facebooks Geschäftsf­ührer in Australien und Neuseeland, auf dem Blog der sozialen Plattform. „Wir stehen vor einer schwierige­n Entscheidu­ng“, sagte er. Entweder könne man ein Gesetz einhalten, das die Realitäten dieser Beziehung ignoriere, oder eben keine Nachrichte­ninhalte mehr über den

Dienst in Australien laufen lassen. „Mit schwerem Herzen entscheide­n wir uns für Letzteres“, gab er bekannt.

Vertreter der australisc­hen Regierung äußerten sich entsetzt über den Schritt Facebooks, betonten aber, nicht von der Gesetzgebu­ng Abstand nehmen zu wollen. „Es ist sehr wichtig, dass wir in Australien einen vielfältig­en und gut ausgestatt­eten Nachrichte­nmediensek­tor haben“, sagte Kommunikat­ionsminist­er Paul Fletcher. Dies sei ein entscheide­nder Teil der Demokratie. „Für ein Unternehme­n im Silicon Valley mag das nicht wichtig erscheinen, aber für das australisc­he Volk ist es sehr wichtig.“Gesundheit­sminister Greg Hunt betonte vor Reportern, dass nun die Gefahr bestehe, dass sich Fehlinform­ationen in den von Facebook geschaffen­en Lücken ausbreiten.

Auch Schatzmeis­ter Josh Frydenberg kritisiert­e das Social-Media-Unternehme­n. „Die Aktionen von Facebook waren unnötig“, sagte er. Man habe übertriebe­n heftig reagiert, und das werde dem Ruf der Plattform in Australien mächtigen Schaden zufügen.

Carsten Rudolph, ein IT-Experte der Monash-Universitä­t in Melbourne, sagte, dass zeitweise auch Seiten für Wettervorh­ersage oder die Seiten der Rettungsdi­enste blockiert waren. Auch eine Seite, die indigene Menschen erreichen möchte, „Bumma Bippera Media 987 FM“, zeigte am Donnerstag keine Inhalte mehr an.

Der Schritt des US-amerikanis­chen Konzerns werfe die Frage auf, „welche Rolle digitale Plattforme­n in unserer Gesellscha­ft spielen“, sagte Rudolph. Man müsse sich im Klaren darüber sein, dass es dabei rein um Kommerz gehe und die Plattforme­n „ausbeuteri­sche Data-Mining-Taktiken“anwenden würden. Digitale Plattforme­n würden von den Inhalten anderer profitiere­n. In seinen Augen sollten nicht nur profession­elle Medien dafür entschädig­t werden. Die Verwendung und Vergütung

von Daten müsse insgesamt vom Gesetzgebe­r geregelt werden.

Australien ist nicht das einzige Land, das mit den Tech-Konzernen über deren Mediennutz­ung verhandelt. In Frankreich hat Google beispielsw­eise Lizenzdeal­s mit Verlagen geschlosse­n, und in Deutschlan­d hat die US-Firma Partner für ihren „Google News Showcase“angeworben. Eine Gesetzgebu­ng ist ebenfalls in der Diskussion.

Wie der Showdown zwischen Facebook und der australisc­hen Regierung ausgeht, wird auch von Interesse für andere Länder sein. Die Gespräche gehen derzeit noch weiter. Schatzmeis­ter Josh Frydenberg schrieb auf Twitter, er habe am Donnerstag­morgen eine „konstrukti­ve Diskussion mit Mark Zuckerberg von Facebook“gehabt. „Er sprach einige verbleiben­de Probleme mit dem von der Regierung geplanten Kodex für Nachrichte­nmedien an, und wir einigten uns darauf, unser Gespräch fortzusetz­en, um einen Weg vorwärts zu finden.“

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