Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Wer zahlt, wenn die Eltern ins Heim müssen?
In NRW sind Pflegeheime besonders teuer. Kinder müssen aber nur zahlen, wenn ihr Jahreseinkommen über 100.000 Euro liegt.
DÜSSELDORF Die Menschen in Deutschland werden immer älter. Und die meisten möchten so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben. Doch wenn die Einschränkungen zu groß werden, wird es Zeit für ein Pflegeheim. Das aber ist teuer, vor allem in Nordrhein-Westfalen. Immerhin sorgt das Angehörigen-Entlastungsgesetz für Erleichterung.
Was kostet ein Pflegeheim-Platz? Die Unterschiede in Ausstattung, Leistungen und Kosten sind groß. Zum einen fallen Kosten für Pflege und Betreuung an, hierfür kommen grundsätzlich die gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherungen auf. Hinzu kommen die Kosten Älteren Rente und Vermögen dazu aber nicht aus. Dann haften auch Kinder für ihre Eltern (nicht aber Enkel- und Schwiegerkinder, Nichten, Cousinen und Geschwister). Konkret wird das Sozialamt einspringen und das Geld von den Kindern zurückfordern. Seit 2020 gilt jedoch das Angehörigen-Entlastungsgesetz, das viele Kinder von der Elternunterhaltspflicht befreit. Dies soll es den Eltern erleichtern, ins Pflegeheim zu gehen, ohne finanzielle Folgen für die gesamte Familie fürchten zu müssen.
Was sagt die 100.000-Euro-Regel? Ein Kind ist nur unterhaltspflichtig, wenn es ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro hat. Dabei werden Erwerbseinkommen, Renten, Kapitalund Mieteinkünfte berücksichtigt. Abgezogen werden unter anderem Werbungskosten, Vorsorgeaufwand und Steuerfreibeträge.
Keine Rolle spielt mehr das Vermögen des Kindes. Es ist nur relevant, wenn es zu Einnahmen führt. Wer die 100.000-Euro-Grenze überschreitet, muss auch nicht gleich alle Heimkosten übernehmen. Das wird individuell ermittelt. Zudem gibt es einen Selbstbehalt: Ledigen Kindern müssen mindestens 2000 Euro im Monat bleiben.
Wie ermittelt das Sozialamt den Verdienst der Kinder? Erst einmal geht der Gesetzgeber davon aus, dass Kinder ein Einkommen von weniger als 100.000 Euro haben und nicht für ihre Eltern zahlen müssen. Das Sozialamt darf daher grundsätzlich weder andere Behörden noch die Kinder zu ihren Einkommensverhältnissen befragen – es sei denn, es liegen „hinreichende Anhaltspunkte“vor, dass die Grenze überschritten wird. Dazu zählen Informationen, dass die Kinder Berufe ausüben, in denen man erfahrungsgemäß gut verdient wie Chefarzt, Notar oder Wirtschaftsprüfer, wie die Verbraucherzentrale erläutert. Oder auch Informationen, dass die Kinder viele Immobilien besitzen, aus denen sie Mieten erhalten. Die Verbraucherschützer gehen davon aus, dass es hierzu noch viel Streit geben wird und die Gerichte festlegen werden, was „hinreichende Anhaltspunkte“sind.
Welche Rolle spielt das Einkommen des Partners? Erst einmal keine. Das Sozialamt schaut sich nur an, ob das Kind selbst die 100.000-Euro-Grenze überschreitet. Das Einkommen des Partners spielt dabei zunächst keine Rolle. Es kommt erst ins Spiel, wenn das Kind selbst mehr als 100.000 Euro verdient und es darum geht, welchen Beitrag es zur Unterstützung seiner Eltern leisten kann. Dabei berücksichtigt der Staat aber einen Mindestselbstbehalt für die Kinder, den die Sozialämter nicht antasten dürfen. Bei Ehepaaren sind es 3600 Euro, so die Stiftung Warentest.
Was gilt bei Geschwistern? Das Sozialamt schaut sich jedes Kind isoliert an. Wenn die Tochter als Geschäftsführerin eines Unternehmens mehr als 100.000 Euro verdient, der Bruder aber nur die Hälfte, wird nur die Schwester für die Pflege ihrer Eltern herangezogen. Und das auch nur im Rahmen ihrer eigenen unterhaltsrechtlichen Verpflichtung. „Geschwister haften grundsätzlich prozentual anteilig nach ihren Erwerbsverhältnissen und nicht nach Kopfteilen“, betont das Bundessozialministerium.
Was ist, wenn der Partner ins Heim muss? Anders als Kinder profitieren Ehepartner nicht von dem Angehörigen-Entlastungsgesetz. Sie können weiter an den Kosten der Heimpflege ihres Partners beteiligt werden. Der Staat begründet das damit, dass Ehepartner eine besondere Einstandspflicht füreinander haben. Aber auch hier gibt es Abzugsmöglichkeiten und Selbstbehalte.
Was gilt für Schenkungen? Hier bleibt es trotz des Entlastungsgesetzes dabei: Haben die Kinder in den vergangenen zehn Jahren Schenkungen von ihren Eltern erhalten und sind diese nun nicht mehr in der Lage, ihre Pflege zu finanzieren, können die Schenkungen zurückgefordert werden, wie die Verbraucherzentrale betont. Wer als Eltern seinen Kindern etwas Gutes tun will, sollte dies also frühzeitig tun.