Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Hoffen auf prominente Coming-outs
Schalker Fanclub sieht in der Gesellschaft genug Rückhalt für schwule Fußballer.
GELSENKIRCHEN Mit ihrem Appell „Ihr könnt auf uns zählen!“haben mehr als 800 deutsche Fußballprofis in einer Aktion des Magazins „11Freunde“ein deutliches Zeichen gegen Homophobie und vor allem für die Unterstützung homosexueller Kollegen gesetzt. In den deutschen Profiligen gibt es bis heute keinen offen homosexuellen Fußballer. „Wir werden euch unterstützen und ermutigen und, falls notwendig, auch gegen Anfeindungen verteidigen. Denn ihr tut das Richtige, und wir sind auf eurer Seite“, heißt es in dem Solidaritätsschreiben.
Michael Batzdorff ist Mitglied des Sprecherrates des QFF (Queer Football Fanclubs), dem Dachverband aller schwul-lesbischen Fanclubs Europas, und Vorsitzender des queeren Fanclubs „Regenbogenknappen“von Schalke. Seine Hoffnung: dass sich durch die Aktion viele Spieler outen. „Am Geilsten wäre es, wenn sich von jedem großen Verein ein Spieler outen würde.“Es müsse sich jetzt nur jemand trauen.
Der Rückhalt der Vereine, der Mannschaft, der Fans und der Gesellschaft
sei da, sagt der 41-Jährige. Man könne sich auch an den queeren Fanclub richten, wenn man ein Coming-out plant: „Es wäre mir die größte Freude, einen Spieler von Schalke als Ehrenmitglied in unserem Fanclub aufzunehmen.“
Ex-DFB-Kapitän Philipp Lahm sieht das anders und rät in seinem am Mittwoch veröffentlichtem neuen Buch Profis davon ab, sich in ihrer aktiven Zeit zu ihrer Homosexualität zu bekennen. Batzdorff ist enttäuscht von den Aussagen: „Philipp Lahm als ehemaliger Spieler der Nationalmannschaft und als jemand, zu dem auch Kinder und junge Leute aufschauen, hätte die Möglichkeit
gehabt, zu zeigen, dass der deutsche Fußball moderner wird.“Er glaubt, dass ein Fußballspieler sich nicht vor einem Coming-out fürchten muss. Auch innerhalb der Mannschaft wäre es aus seiner Sicht kein Problem. Rufe und verbale Anfeindungen von anderen Fans, beispielsweise bei Auswärtsspielen, würde es wahrscheinlich schon geben, aber das würde nicht lange andauern, vermutet der Fanclub-Vorsitzende.
Die Gesellschaft insgesamt sei bereit. „Ich glaube, dass das Coming-out eines Profis vielleicht mal ein kurzes Feuer entfacht, eine Stichflamme, aber die wird ganz schnell wieder weg sein. Die Leute wollen sich damit doch heutzutage nicht mehr beschäftigen“, sagt Batzdorff. Er persönlich hat noch nie Anfeindungen erlebt, wenn er in der Kurve stand. „Wir waren mit bunten Fahnen da, mit Schals. Das hat keinen interessiert“, sagt Batzdorff.
„Ich gönne es jedem, dass er sein Leben lebt und liebt, wen er will – ohne sich zu verstecken,“sagt Batzdorff. „Und es ist an der Zeit, dass das auch passiert.“Sein langfristiger Wunsch ist, dass es normal ist, dass auch schwule Männer Fußball spielen.