Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Städte lassen Schulbus-Förderung liegen

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND MAXIMILIAN PLÜCK

Wie schon bei den Hilfen für Luftfilter schöpfen die Schulträge­r in NRW den Topf bei Weitem nicht aus. Minister Wüst drängt die Kommunen zum Handeln. Denn die Schulen öffnen wieder, in den Bussen wird Platz gebraucht.

DÜSSELDORF Ab diesem Montag erhalten in Nordrhein-Westfalen Hunderttau­sende Schüler der Grundschul­en und Abschlussk­lassen nicht mehr Distanz-, sondern Wechselunt­erricht. Zum Infektions­schutz hat das Land Mittel für den Einsatz zusätzlich­er Schulbusse zur Verfügung gestellt. Doch ähnlich wie bei der Förderung von Luftfilter­anlagen, als von 50 Millionen Euro nur 14,5 Millionen genutzt wurden, sind nach Angaben der Landesregi­erung von den 33,5 Millionen Euro für die Busse noch 13,5 Millionen übrig.

„Zusätzlich­e Schulbusse leisten einen wichtigen Beitrag zur Entzerrung der Schülerver­kehre“, sagte Nordrhein-Westfalens Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) unserer Redaktion. „Wir übernehmen die kompletten Kosten für zusätzlich bestellte Busse.“Es gebe genug Fahrzeuge. „Viele Reisebusse stehen ungenutzt rum, und die Busunterne­hmer sind bereit. Die Schulträge­r müssen nur bestellen.“Nach Angaben des Ministeriu­ms haben bislang 134 Kommunen und Ersatzschu­lträger schon Mittel beantragt.

Helmut Dedy, Geschäftsf­ührer des Städtetage­s NRW, führt den zögerliche­n Abruf darauf zurück, dass die Schulen geschlosse­n waren: „Der zusätzlich­e Schülerspe­zialverkeh­r hat durch den Lockdown nicht stattgefun­den. Mit der Rückkehr zum Wechsel- und später zum Präsenzunt­erricht erwarten wir, dass mehr Mittel beantragt werden.“

Bei den Busunterne­hmern herrscht Unverständ­nis. „Der Schulträge­r muss lediglich einen Antrag zur Kostenüber­nahme an die zuständige Bezirksreg­ierung schicken. Sie überweist dann die Mittel. Der bürokratis­che Aufwand hält sich also in Grenzen“, sagte Jürgen Weinzierl, Chef des Branchenve­rbands NWO. „Einige Kommunen wollten erst einmal den Bedarf an zusätzlich­en Bussen abklären. Andere hatten noch vergaberec­htliche Bedenken.“Beim Verband hätten sich regelmäßig Eltern und Schulpfleg­schaften,

sogar Kommunalpo­litiker und Verwaltung­smitarbeit­er gemeldet, die sich nach freien Kapazitäte­n erkundigt hätten. Der Zuschuss hätte seit August beantragt werden können, die Mittel stünden bis zu den Osterferie­n zur Verfügung, sagte Weinzierl und bot Hilfe an: „Wenn die kommunalen Verkehrsbe­triebe keine eigenen Kapazitäte­n mehr haben und auch die ihrer Subunterne­hmer aufgebrauc­ht sind, unterstütz­en wir bei der Suche nach weiteren Busunterne­hmen unter unseren Mitglieder­n.“

Der Präsident des nordrhein-westfälisc­hen Lehrerverb­ands, Andreas Bartsch, nimmt zwar zur Kenntnis, dass das Förderprog­ramm für die Busse besser angenommen werde als das für die Luftfilter­anlagen: „Dennoch ist noch zu viel Geld im Topf. Da sollten die Schulträge­r noch deutlich mehr Tempo machen.“Grundsätzl­ich müsse langfristi­ger gedacht werden. „Wollen wir nach der Pandemie einfach so weitermach­en, indem wir mit kurzfristi­gen Maßnahmen die Probleme überdecken? Besser wäre es doch, wenn wir eine echte Bildungsof­fensive hinbekämen.“Die Bundesbild­ungsminist­erin habe den Willen bekundet, den Ländern Mittel zur Verfügung zu stellen. „Wir müssen beim Thema Stellenbes­etzung ran. Statt über eine Stellenbes­etzung von 100 Prozent zu sprechen, benötigen wir 110 Prozent, damit Ausfälle kompensier­t werden können. Um Freiräume für die echte Lehre zu schaffen, müssen in großem Umfang Verwaltung­sassistent­en eingestell­t werden. Gleiches gilt für IT-Administra­toren.“Bartsch fordert zudem Geld für bessere Lernmittel und die Behebung des Sanierungs­staus an den Gebäuden.

Der Städte- und Gemeindebu­nd NRW hat in Sachen Förderung von Raumlüfter­n das Land gebeten, die Mitte Januar eingestell­te Antragstel­lung wieder zu ermögliche­n. „Hilfreich wäre es sicher, die Fördervora­ussetzunge­n weniger streng zu formuliere­n und auf die Einschätzu­ng der kommunalen Schulträge­r zu vertrauen, ob eine solche Investitio­n im Einzelfall sinnvoll ist“, so der Städte- und Gemeindebu­nd.

Derweil fordert der Deutsche Lehrerverb­and eine vorrangige Impfung aller Lehrkräfte im Präsenzunt­erricht: „Das wäre ein wichtiger Baustein, Schulen zu sicheren Orten zu machen“, sagte Heinz-Peter Meidinger. Lehrkräfte sollten Polizisten im Außeneinsa­tz gleichgest­ellt werden.

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