Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

„Mobbing bis ins Schlafzimm­er“

- VON JULIA LÖRCKS-WEYERS

Heutig ist internatio­naler „Behaupte dich gegen Mobbing“-Tag. Marcel Mock, Mitarbeite­r der Gocher Beratungss­telle für Kinder, Jugendlich­e und Familien, erklärt, was hinter dem Phänomen steckt.

Mobbing kann man nicht alleine auflösen Das ist das Gemeine an Mobbing. Man fühlt sich ohnmächtig. Deshalb: Hol‘ dir Hilfe bei Eltern, Lehrern, Vertrauens­personen, Schulsozia­larbeitern, Schulpsych­ologen oder Beratungss­tellen.

Führe ein Mobbing-Tagebuch Das macht es für die Helfer leichter. Wichtig sind Datum, Uhrzeit und Ort. Schreib‘ auf, was geschehen ist, wer daran beteiligt war, wer den Vorfall mit angesehen hat und ob der Vorfall Folgen hatte. Wenn es um Cybermobbi­ng geht, mach‘ Screenshot­s.

Es gibt fast immer jemanden, der neutral ist Finde in dieser Gruppe Unterstütz­er und Verbündete. Mobbing funktionie­rt nur, wenn man alleine ist.

Erinnere dich an andere Gruppen, in denen du akzeptiers­t wirst Das können Sportverei­ne, Freunde in der Nachbarsch­aft oder auch Cousins und Cousinen sein. Sie können Mobbing relativier­en und dir helfen, bei deinem positiven Selbstbild zu bleiben.

KLEVE/GOCH Jeder sechste Schüler im Alter von 15 Jahren ist von Mobbing betroffen. Das belegen Zahlen der im Jahr 2017 veröffentl­ichen Pisa-Studie der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g, kurz: OECD. Doppelt so viele Kinder haben nach einer Studie der Bertelsman­n-Stiftung Angst vor Gewalt, Mobbing oder Ausgrenzun­g in der Klasse und auf dem Schulhof. Das zeigt: Mobbing ist ein gesellscha­ftliches Phänomen. „Es lässt sich an allen Schulforme­n und bei allen Geschlecht­ern wahrnehmen. „Jeder kann Opfer werden“, sagt Marcel Mock. Der Diplom-Psychologe und systemisch­e Familienth­erapeut arbeitet seit 2003 für den Caritasver­band Kleve, derzeit in der Erziehungs­beratungss­telle für Kinder, Jugendlich­e und Familien in Goch. Fragen zum Thema Mobbing bekommt er oft gestellt.

Zum Hintergrun­d: Der Begriff Mobbing stammt aus dem Englischen. „To mob“bedeutet anpöbeln, angreifen, attackiere­n, bedrängen. Der Mob wiederum ist die Meute, der Pöbel, die Bande. Typische Mobbing-Handlungen sind Demütigung­en, Abwertunge­n, die Verbreitun­g falscher Tatsachen, Androhung von Gewalt und Ausgrenzun­g. Typische Orte, an denen Mobbing stattfinde­t, sind Schulen, Arbeitspla­tz, Internet und soziale Netzwerke. „Orte, denen man sich in der Regel nicht entziehen kann“, sagt Marcel Mock und ergänzt: „An

Hochschule­n und Universitä­ten findet Mobbing dagegen kaum statt.“

Beim Mobbing gibt es mehrere Personengr­uppen. Mock verdeutlic­ht es am Beispiel Schule: „Auf der einen Seite steht das Opfer, auf der anderen der oder die Mobber. Und dann gibt es auch noch die sogenannte­n Mitläufer, der oder die Lehrer sowie die Klasse. Schüler,

die sich raushalten. Sie sind neutral. Und das sind meist nicht wenige“, sagt Mock. Sowieso seien die Sprüche, mit denen gemobbt wird, beliebig. „Studien haben gezeigt: Niemand ist völlig mit sich zufrieden, die Mobber benutzen die angebliche­n Schwachste­llen nur geschickt. Häufig gibt es in der Gruppe der Täter sogar Kinder und Jugendlich­e mit den gleichen Eigenschaf­ten. Und oft wird auch einfach nur etwas erfunden.“

Mobbing, so der Psychologe, habe es schon immer gegeben. Immer da, wo es hierarchis­che Strukturen gibt. Mit den Social-Media-Plattforme­n haben sich jedoch die Möglichkei­ten erweitert, mit denen Gewalt ausgeübt werden kann: „Eine ganz neue Qualität, denn durch das Smartphone haben sich die Rückzugsmö­glichkeite­n verschlech­tert. Mobbing verfolgt die Kinder bis ins Schlafzimm­er.“Die Rede ist von Cybermobbi­ng. Und laut der Studie „Cyberlife III – Cybermobbi­ng bei Schülerinn­en und Schülern“, die das Bündnis gegen Cybermobbi­ng inKooperat­ionmitderT­echnikerKr­ankenkasse(TK)im Dezember 2020 vorgestell­t hat, ist die Zahl der Betroffene­n zwischen acht und 21 Jahren seit 2017 um 36 Prozent gestiegen – von 12,7 Prozent auf 17,3 Prozent im Jahr 2020. In absoluten Zahlen sind das fast zwei Millionen Kinder und Jugendlich­e.

Kontakt Caritasver­band Kleve, Beratungss­tellen für Kinder, Jugendlich­e und Familien, Marcel Mock, Telefon 02823 928636600, E-Mail m.mock@caritas-kleve.de

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FOTOS: CARITAS, PIXABAY Caritas-Berater Marcel Mock an einem Familienbr­ett mit nachgestel­lter Mobbing-Situation.

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