Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
„Mobbing bis ins Schlafzimmer“
Heutig ist internationaler „Behaupte dich gegen Mobbing“-Tag. Marcel Mock, Mitarbeiter der Gocher Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien, erklärt, was hinter dem Phänomen steckt.
Mobbing kann man nicht alleine auflösen Das ist das Gemeine an Mobbing. Man fühlt sich ohnmächtig. Deshalb: Hol‘ dir Hilfe bei Eltern, Lehrern, Vertrauenspersonen, Schulsozialarbeitern, Schulpsychologen oder Beratungsstellen.
Führe ein Mobbing-Tagebuch Das macht es für die Helfer leichter. Wichtig sind Datum, Uhrzeit und Ort. Schreib‘ auf, was geschehen ist, wer daran beteiligt war, wer den Vorfall mit angesehen hat und ob der Vorfall Folgen hatte. Wenn es um Cybermobbing geht, mach‘ Screenshots.
Es gibt fast immer jemanden, der neutral ist Finde in dieser Gruppe Unterstützer und Verbündete. Mobbing funktioniert nur, wenn man alleine ist.
Erinnere dich an andere Gruppen, in denen du akzeptierst wirst Das können Sportvereine, Freunde in der Nachbarschaft oder auch Cousins und Cousinen sein. Sie können Mobbing relativieren und dir helfen, bei deinem positiven Selbstbild zu bleiben.
KLEVE/GOCH Jeder sechste Schüler im Alter von 15 Jahren ist von Mobbing betroffen. Das belegen Zahlen der im Jahr 2017 veröffentlichen Pisa-Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz: OECD. Doppelt so viele Kinder haben nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung Angst vor Gewalt, Mobbing oder Ausgrenzung in der Klasse und auf dem Schulhof. Das zeigt: Mobbing ist ein gesellschaftliches Phänomen. „Es lässt sich an allen Schulformen und bei allen Geschlechtern wahrnehmen. „Jeder kann Opfer werden“, sagt Marcel Mock. Der Diplom-Psychologe und systemische Familientherapeut arbeitet seit 2003 für den Caritasverband Kleve, derzeit in der Erziehungsberatungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien in Goch. Fragen zum Thema Mobbing bekommt er oft gestellt.
Zum Hintergrund: Der Begriff Mobbing stammt aus dem Englischen. „To mob“bedeutet anpöbeln, angreifen, attackieren, bedrängen. Der Mob wiederum ist die Meute, der Pöbel, die Bande. Typische Mobbing-Handlungen sind Demütigungen, Abwertungen, die Verbreitung falscher Tatsachen, Androhung von Gewalt und Ausgrenzung. Typische Orte, an denen Mobbing stattfindet, sind Schulen, Arbeitsplatz, Internet und soziale Netzwerke. „Orte, denen man sich in der Regel nicht entziehen kann“, sagt Marcel Mock und ergänzt: „An
Hochschulen und Universitäten findet Mobbing dagegen kaum statt.“
Beim Mobbing gibt es mehrere Personengruppen. Mock verdeutlicht es am Beispiel Schule: „Auf der einen Seite steht das Opfer, auf der anderen der oder die Mobber. Und dann gibt es auch noch die sogenannten Mitläufer, der oder die Lehrer sowie die Klasse. Schüler,
die sich raushalten. Sie sind neutral. Und das sind meist nicht wenige“, sagt Mock. Sowieso seien die Sprüche, mit denen gemobbt wird, beliebig. „Studien haben gezeigt: Niemand ist völlig mit sich zufrieden, die Mobber benutzen die angeblichen Schwachstellen nur geschickt. Häufig gibt es in der Gruppe der Täter sogar Kinder und Jugendliche mit den gleichen Eigenschaften. Und oft wird auch einfach nur etwas erfunden.“
Mobbing, so der Psychologe, habe es schon immer gegeben. Immer da, wo es hierarchische Strukturen gibt. Mit den Social-Media-Plattformen haben sich jedoch die Möglichkeiten erweitert, mit denen Gewalt ausgeübt werden kann: „Eine ganz neue Qualität, denn durch das Smartphone haben sich die Rückzugsmöglichkeiten verschlechtert. Mobbing verfolgt die Kinder bis ins Schlafzimmer.“Die Rede ist von Cybermobbing. Und laut der Studie „Cyberlife III – Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern“, die das Bündnis gegen Cybermobbing inKooperationmitderTechnikerKrankenkasse(TK)im Dezember 2020 vorgestellt hat, ist die Zahl der Betroffenen zwischen acht und 21 Jahren seit 2017 um 36 Prozent gestiegen – von 12,7 Prozent auf 17,3 Prozent im Jahr 2020. In absoluten Zahlen sind das fast zwei Millionen Kinder und Jugendliche.
Kontakt Caritasverband Kleve, Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und Familien, Marcel Mock, Telefon 02823 928636600, E-Mail m.mock@caritas-kleve.de