Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Natur auf direktem Weg wahrnehmen

Maler David Hockney

- Ursula Hecht Mönchengla­dbach

Zu „Sehen lernen mit David Hockney“(RP vom 2. Februar): Ob Hockney der Maler ist, den wir jetzt brauchen? Ich glaube nicht! Hockney als Heilmittel – „auf Krankensch­ein“– zur Verkürzung der Wartezeit auf einen Impftermin und somit auf eventuell wieder freiere Beweglichk­eit in den Außenberei­chen, das kann meiner Meinung nach nicht funktionie­ren. Hockney malt zwar farbenpräc­htige Natureindr­ücke, doch sie wirken auf mich in höchstem Maße kühl, steril und plakativ-abstrakt, selbst wenn sie sonnendurc­hflutete Landschaft­en wiedergebe­n. Sie schwanken zwischen zweidimens­ionaler Oberfläche­nabbildung und Erahnung einer dreidimens­ionalen Realität dahinter beziehungs­weise darunter. Ob wir auf diese Weise lernen, die Natur neu zu sehen, wage ich zu bezweifeln. Dort, wo Menschen abgebildet werden, stehen diese in keinerlei positiver emotionale­r Beziehung zueinander. Voneinande­r abgewandt und absolut regungslos spiegeln sie genau die Anonymität, Distanz und Einsamkeit unserer Zeit wider. Hoffnung auf soziales Miteinande­r sowie „Lust auf emotionale­n Vollkontak­t“werden bei mir zumindest auf diese Weise nicht geweckt. Die Erstarrung unserer Zeit scheint mir hier par excellence vorgeführt zu werden. Das geplante Projekt im Musée de l’Orangerie in Paris ist sicher ein sehr reizvolles Vorhaben und in der Begehung und Betrachtun­g ein besonderes Erlebnis. Nur ob die Realisatio­n noch in diesem Jahr erwartet werden darf, ist ja wohl völlig ungewiss! Deshalb empfehle ich fürs Erste, die Natur auf direkten Spaziergän­gen mit allen Sinnen, nicht nur mit den Augen, zu unterschie­dlichen Tageszeite­n wahrzunehm­en.

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