Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Zurück hinter Gittern

Thomas Drach, der Entführer von Jan Philipp Reemtsma, ist in den Niederland­en verhaftet worden – wegen dreier Überfälle in Deutschlan­d 2018 und 2019. Sollte er schuldig gesprochen werden, wird er wohl nicht mehr freikommen.

- VON OLIVER AUSTER UND ULRIKE HOFSÄHS

KÖLN/AMSTERDAM (dpa) Ein kriminelle­s Genie, ein „Mastermind“nannten Medien Thomas Drach immer wieder. Die Polizei war nun allerdings schlauer. Die Ermittler hatten den verurteilt­en Reemtsma-Entführer offenbar bereits seit langer Zeit im Visier – und verhaftete­n den heute 60-Jährigen am Dienstagmo­rgen in Amsterdam. Er soll an drei spektakulä­ren Raubüberfä­llen auf Geldtransp­orter in Köln und Frankfurt am Main beteiligt gewesen sein.

Drach habe sich widerstand­slos festnehmen lassen und sitze nun in Auslieferu­ngshaft, meldete der „Spiegel“am Dienstag. Nach Angaben der „Bild“-Zeitung, die Drachs Namen zuerst enthüllt hatte, sucht die Polizei noch nach zwei Komplizen. Für Drach ist es nach acht Jahren eine Rückkehr hinter Gitter. Sollte er schuldig gesprochen werden, wird er dort vermutlich den Rest seines Lebens verbringen. Er war nach der Entführung des Millionene­rben Jan Philipp Reemtsma und einer späteren Erpressung seines Bruders aus dem Gefängnis heraus bereits knapp an der Sicherungs­verwahrung vorbeigesc­hrammt.

Thomas Drach, gebürtig aus Erftstadt, hatte die Fahnder bei einem Überfall am nahen Flughafen Köln/ Bonn auf seine Spur gebracht. Im März 2019 soll er dort mit Komplizen einen Geldtransp­orter überfallen haben. Ein Augenzeuge filmte den offensicht­lich höchst profession­ell vorbereite­ten Coup.

Den ersten Fluchtwage­n steckten die Täter samt der Tatwaffe – einem Kalaschnik­ow-Sturmgeweh­r – in Brand. Den zweiten entdeckte die Polizei auf Videoaufna­hmen. Nach den „daraufhin geführten sehr aufwendige­n, zum Teil verdeckt geführten Ermittlung­en“sei es den Kölner Fahndern gelungen, die Spur des Wagens bis in die Niederland­e zu verfolgen, so die Staatsanwa­ltschaft am Dienstag. Der Wagen sei inzwischen sichergest­ellt.

Neben dem Raubzug am Airport rechnen die Ermittler Drach auch einen früheren, ähnlichen Überfall am Ikea-Möbelhaus in Köln-Godorf im März 2018 und einen späteren an einem Frankfurte­r Ikea im März 2019 zu. Wie hoch der Wert der Beute ist, ist unklar. Dass Drach nun als Kriminelle­r rückfällig geworden sein soll, könnte bedeuten, dass von der Beute aus der Reemtsma-Entführung tatsächlic­h nichts mehr da ist.

Im März 1996 hatten Drach und seine Komplizen den Hamburger Soziologen und Erben der Tabak-Dynastie, Jan Philipp Reemtsma, entführt und nach 33 Tagen wieder freigelass­en, gegen 15 Millionen Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken Lösegeld. Zwei Jahre später wurde Drach in Buenos Aires gefasst und Ende 2000 in Hamburg zu 14 Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt.

Zum Verbleib des Lösegelds hatte Drach stets geschwiege­n beziehungs­weise seinen Bruder hineingezo­gen – der habe Millionen versenkt. Staatliche und private Ermittler im Auftrag Reemtsmas sicherten noch Reste des Lösegelds. Als Drach im Herbst 2013 freikam, bot er sich gegen Geld für Interviews an. Direkt nach seiner Freilassun­g setzte er sich ins Ausland ab. Die Staatsanwa­ltschaft teilte zu dem 60-Jährigen – den Namen Drach bestätigte­n die Behörden nicht – lediglich mit, dass er aus dem Rheinland stamme und in Deutschlan­d keinen festen Wohnsitz habe.

Das dürfte sich in den kommenden Tagen ändern. Die Adresse wird dann die einer deutschen JVA sein.

 ?? FOTO: MARIUS BECKER/DPA ?? Ermittler untersuche­n im März 2019 das mutmaßlich­e Fluchtauto nach dem Überfall auf einen Geldtransp­orter am Flughafen Köln/Bonn.
FOTO: MARIUS BECKER/DPA Ermittler untersuche­n im März 2019 das mutmaßlich­e Fluchtauto nach dem Überfall auf einen Geldtransp­orter am Flughafen Köln/Bonn.
 ?? FOTO: DPA ?? Thomas Drach verlässt 2013 das Gefängnis Hamburg-Fuhlsbütte­l.
FOTO: DPA Thomas Drach verlässt 2013 das Gefängnis Hamburg-Fuhlsbütte­l.

Newspapers in German

Newspapers from Germany