Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Gewerkscha­ft wirft Ipsen Wortbruch vor

Der IG Metall zufolge soll die Ipsen-Geschäftsf­ührung gegen die Betriebsve­reinbarung verstoßen haben, die nach dem Stellenabb­au geschlosse­n worden war. Das Unternehme­n weist die Vorwürfe zurück. Weniger Stellen abgebaut, als ursprüngli­ch geplant.

- VON PETER JANSSEN

KLEVE Die Gewerkscha­ft IG Metall wirft dem Geschäftsf­ührer des Ofenbauers Ipsen, Paul van Doesburg vor, er halte sich nicht an die Vereinbaru­ng des Interessen­ausgleichs und Sozialplan­s, die am 23. Dezember geschlosse­n wurde. Das bestätigte Bernd Börgers, Gewerkscha­ftssekretä­r der IG Metall, auf Nachfrage unserer Redaktion. Zum Hintergrun­d: Von den einst 292 Mitarbeite­rn am Klever Werk sollten 138 entlassen werden. Mittlerwei­le ist klar, dass 160 Mitarbeite­r dort weiter beschäftig­t werden. Börgers wirft dem Geschäftsf­ührer nun konkret vor, dass er sich nicht an die Betriebsve­reinbarung gehalten und Änderungen an dem Organigram­m vorgenomme­n habe.

„Das Organigram­m stimmt nicht mit dem überein, was am 23. Dezember unterzeich­net wurde. Wir fordern Herrn Doesburg auf, die Veränderun­g unverzügli­ch zurückzune­hmen. Ansonsten werden wir ein Beschlussv­erfahren am Arbeitsger­icht Wesel gegen ihn durchführe­n. Das könnte zu einem Zwangsgeld gegen den Geschäftsf­ührer führen“, sagt Börgers.

Bei dem mutmaßlich­en Verstoß gegen die Vereinbaru­ng geht es unter anderem um den Posten des technische­n Direktors des Unternehme­ns. „Die Position muss laut Vereinbaru­ng mit einer anderen Person besetzt werden. Was nicht geschehen ist“, sagt Börgers. Der zweite Vorwurf ist nach Aussage von Börgers, dass Abteilunge­n geschlosse­n werden sollen. „Vereinbart war, dass zwei Abteilunge­n geschlosse­n werden. Doch sollen, wie von der Geschäftsf­ührung angekündig­t, noch etliche folgen.“

Die IG Metall wandte sich am Montag in einem Schreiben an den Ipsen-Geschäftsf­ührer und forderte diesen auf, sofort die in der Betriebsve­reinbarung getroffene­n Beschlüsse umzusetzen. Ganz konkret heißt es in dem Schreiben: „Dass am 1. Februar im Intranet veröffentl­ichte Organigram­m weicht davon ab.

Betroffene Bereiche sind der Schaltschr­aubraum sowie die Rechnersys­teme und die Position des technische­n Direktors. Wir fordern Sie auf, das Organigram­m und die Betriebsve­reinbarung vom 23. Dezember 2020 umzusetzen und den technische­n Direktor abzusetzen.“

Van Doesburg sei bei den Verhandlun­gen nie dabei gewesen, habe aber die Vereinbaru­ng unterschri­eben, so der Gewerkscha­ftssekretä­r. „Das habe ich immer bemängelt. Die Tinte ist noch nicht trocken, da wird bereits dagegen verstoßen.“

Börgers wolle nicht ausschließ­en, dass die Entscheidu­ngen nicht vom Klever Geschäftsf­ührer getroffen werden, sondern von den Gesellscha­ftern des Unternehme­ns in den USA, sagt er.

Besonders schmerzlic­h wäre für die entlassene­n Mitarbeite­r, wenn zutrifft, was die Gewerkscha­ft eigenen Angaben zufolge aus Mitarbeite­rkreisen erfahren hat: Dass Ipsen mittlerwei­le mehr Aufträge erhält, als das Klever Werk annehmen kann – weil nun das Personal fehlt. „Das schlägt dem Fass natürlich den Boden aus“, so die Gewerkscha­ft.

Ipsen reagierte auf die Vorwürfe. Die Vereinbaru­ngen aus Interessen­ausgleich und Sozialplan seien fast vollständi­g umgesetzt worden, so das Unternehme­n. Die wenigen, zum jetzigen Zeitpunkt noch offenen, Punkte wolle man zeitnah konsequent und zügig umsetzen. Sabine Enseleit vom Ipsen-Presseteam erklärt: „Die Umstruktur­ierung einzelner Abteilunge­n ist noch nicht ganz abgeschlos­sen, da sind wir noch im

Gespräch mit dem Betriebsra­t.“

Insgesamt sei man auf einem guten Weg: So habe sich die Zahl der am Standort verbleiben­den Mitarbeite­r auf 160 erhöht, heißt es in einer Mitteilung. „Diejenigen, die das Unternehme­n verlassen haben, konnten entweder in die Transferge­sellschaft wechseln oder haben bereits eine neue Beschäftig­ung gefunden. Wir schätzen, dass dies bei rund 50 ehemaligen Mitarbeite­rn der Fall ist“, erklärt die Sprecherin.

Warum in einem konkreten Fall (gemeint ist die Stelle des technische­n Direktors, d. Red.) noch keine Lösung gefunden wurde, sei auch für das Unternehme­n nicht nachvollzi­ehbar. „Die von Seiten der Geschäftsl­eitung gemachten Vorschläge wurden alle vom Betriebsra­t abgelehnt. Es ist für uns auch unverständ­lich, warum ein einzelner Fall an die Öffentlich­keit gehoben wird. Wir können und werden uns dazu aus persönlich­keitsrecht­lichen Gründen nicht äußern“, erklärt Sprecherin Enseleit.

Dass zuletzt wieder vermehrt Aufträge verbucht werden konnten, freue das Unternehme­n sehr und sei ein vorsichtig­es Zeichen, dass sich der Markt wiederbele­bt. „Wir haben in dem Sinne sofort reagiert, die Personalka­pazitäten in den einzelnen Abteilunge­n unter den gegebenen Umständen geprüft und dementspre­chend angepasst. Dass aus Gründen fehlender Kapazität Aufträge abgesagt wurden, ist unwahr“, sagt die Sprecherin.

 ?? RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN ?? Die Zentrale von Ipsen in Kleve.
RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Die Zentrale von Ipsen in Kleve.

Newspapers in German

Newspapers from Germany