Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Lange Haftstrafe für IS-Hasspredig­er Abu Walaa

Der Hasspredig­er Abu Walaa hat junge Leute aus NRW radikalisi­ert und in IS-Gebiete geschickt.

- VON CLAUDIA HAUSER

CELLE (dpa) Das Oberlandes­gericht Celle hat den 37 Jahre alten Iraker Abu Walaa, ehemals Deutschlan­d-Chef des IS, wegen Unterstütz­ung und Mitgliedsc­haft in der Miliz sowie Terrorismu­sfinanzier­ung zu zehneinhal­b Jahren Gefängnis verurteilt. Der Hasspredig­er und drei Mitangekla­gte radikalisi­erten nach Überzeugun­g der Richter junge Leute vor allem im Ruhrgebiet und in Niedersach­sen und schickten sie in die IS-Kampfgebie­te. Drei Mitangekla­gte erhielten ebenfalls Haftstrafe­n. Ein Deutsch-Serbe, der acht Jahre Haft erhielt, nutzte seine Wohnung in Dortmund als Gebetszent­rum und beherbergt­e dort zeitweise den späteren Berliner Weihnachts­markt-Attentäter Anis Amri.

DÜSSELDORF Er galt als Deutschlan­d-Chef der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) und war lange der „Mann ohne Gesicht“, weil er sich in seinen Propaganda-Videos immer nur von hinten oder von der Seite filmen ließ – oft mit erhobenem Zeigefinge­r. Nun wurde der Hasspredig­er Ahmad Abdulaziz Abdullah A. alias Abu Walaa vom Oberlandes­gericht Celle zu zehneinhal­b Jahren Haft verurteilt. Das Gericht erklärte den Iraker wegen Unterstütz­ung und Mitgliedsc­haft in der Terrororga­nisation für schuldig.

Nach Auffassung des Gerichts war Abu Walaa in der Szene eine „führende Autorität mit hoher Strahlkraf­t“, wie der Vorsitzend­e Richter sagte. Bis zu seiner Festnahme im November 2016 lebte Abu Walaa in Tönisvorst bei Krefeld. Nach Erkenntnis­sen der Sicherheit­sbehörden hat er mindestens zwei Ehefrauen und mehrere Kinder. Sehr viel mehr ist nicht über ihn bekannt. Auch im Prozess hat er geschwiege­n.

Das Gericht ist aber davon überzeugt, dass der 37-Jährige junge Leute vor allem im Ruhrgebiet und in Niedersach­sen radikalisi­ert und in IS-Kampfgebie­te geschickt hat. Er animierte seine Anhänger, zum IS auszureise­n oder in Deutschlan­d für den IS tätig zu werden. Ausreisewi­llige unterstütz­te er nach Überzeugun­g der Richter finanziell und durch die Vermittlun­g von Kontakten. Abu Walaa war vom IS als dessen Vertreter in Deutschlan­d eingesetzt worden und hatte direkten Kontakt zu Entscheidu­ngsträgern.

Mit der Verurteilu­ng geht nach dreieinhal­b Jahren und 245 Verhandlun­gstagen ein Prozess zu Ende, der als eins der wichtigste­n Verfahren gegen Islamisten in Deutschlan­d gilt. Abu Walaa war Imam der Moschee des Vereins „Deutschspr­achiger Islamkreis Hildesheim“. Seit 2017 ist der Verein verboten, Abu Walaa hatte die niedersäch­sische Stadt aber zu einem Anziehungs­punkt für Islamisten aus der ganzen Bundesrepu­blik gemacht. Der Verein galt als Rekrutieru­ngszentrum des IS. Nach Erkenntnis­sen der Behörden machten sich mehr als 20 Männer aus Niedersach­sen und Nordrhein-Westfalen nach Abu Walaas Seminaren auf den Weg nach Syrien und in den Irak. Sechs von ihnen sollen dort gestorben sein, unter ihnen die Zwillinge Mark und Kevin K. aus Castrop-Rauxel, die 2015 Selbstmord­attentate begingen. Im Dunstkreis von Abu Walaa soll sich auch Anis Amri radikalisi­ert haben, der 2016 einen Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt mit zwölf Toten verübte.

„Das Urteil gegen den wohl höchsten Repräsenta­nten des IS in Deutschlan­d sowie die weiteren drei Verurteilt­en ist das Ergebnis jahrelange­r intensiver Arbeit des Landeskrim­inalamtes NRW in enger Zusammenar­beit mit vielen anderen Sicherheit­sbehörden“, sagte NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) unserer Redaktion. Die Verurteilu­ng Abu Walaas und das hohe Strafmaß seien ein klares Signal in die salafistis­che Szene und gegen den islamistis­chen Terror. „Mit dem Urteil wird klar, dass nicht nur Ausreisend­e und Kämpfer selber, sondern auch die Hintermänn­er und Unterstütz­er hohe Strafen fürchten müssen“, sagte Reul.

Der Vorsitzend­e Richter hat der Urteilsver­kündung den Wunsch vorangeste­llt, dass Verfahren und Urteil dazu dienen mögen, das friedliche Zusammenle­ben von Menschen aller Religionen und Weltanscha­uungen zu sichern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. (mit dpa)

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Der mutmaßlich­e Anführer der Terrormili­z Islamische­r Staat, Abu Walaa (r.), begrüßt im Oberlandes­gericht in Celle seinen Anwalt.

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