Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Zurück aus dem Schneckenh­aus

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bei der Uno. Nun also Linda Thomas-Greenfield, 68 Jahre alt, aufgewachs­en in Baker, einer Kleinstadt in Louisiana. Tochter eines Landarbeit­ers, der weder lesen noch schreiben konnte.

Ihr Wohnvierte­l, hat sie während der Anhörung in der Senatskamm­er erzählt, sei regelmäßig vom Ku-Klux-Klan heimgesuch­t worden, von Kapuzenmän­nern, die auf den Grundstück­en afroamerik­anischer Bewohner Fackeln entzündete­n. Die High School, an der sie lernte, hatte noch den Regeln der Rassentren­nung zu folgen. Weiße und Schwarze durften nicht im selben Klassenzim­mer sitzen. Als sie 1982 in den diplomatis­chen Dienst eintrat, sei sie „nicht die Norm“gewesen. Die meisten, die mit ihr anfingen, hatten an einer Spitzenuni­versität der Ivy League studiert, sie dagegen „nur“an der Louisiana State University. 1994 entsandte man sie nach Ruanda, wo 800.000 Menschen dem Genozid zum Opfer fielen. Ein Mann, der sie für eine Tutsi hielt, habe sie töten wollen, blendete sie dieser Tage zurück. Sie sei dem Tod entkommen, weil sie ruhig mit ihm geredet habe.

George W. Bush machte Thomas-Greenfield zur Botschafte­rin in Liberia. Unter Barack Obama wurde sie Staatssekr­etärin, zuständig für Afrika. Unter Donald Trump nahm sie ihren Hut, acht Monate nach dem Amtsantrit­t des Präsidente­n des „America first“, der dem State Department einen rigiden Sparkurs verordnete. Nicht als Afroamerik­anerin, wohl aber als Expertin fühle sie sich ins Visier genommen, sagte sie damals zum Abschied.

So gesehen war das Hearing, das Examen, das jeder bestehen muss, dessen Nominierun­g der Senat bestätigen soll, auch so etwas wie eine Geschichts­stunde. Vor allem aber machte es deutlich, wie problemati­sch und konfliktbe­laden Amerikas Verhältnis zu China bleiben wird, auch unter Joe Biden. Stundenlan­g ging es um die Frage, wie man dem aufstreben­den asiatische­n Rivalen begegnen soll, kooperativ oder konfrontat­iv oder irgendwie in einer Mischung aus beidem. Damit ging es auch um den Vortrag, den Thomas-Greenfield im Oktober 2019 an einer Universitä­t in Savannah, Georgia, gehalten hatte.

Organisier­t hatte ihn das lokale Konfuzius-Institut, eines jener Kulturinst­itute im Ausland, die der chinesisch­en Regierung unterstehe­n. Republikan­ische Hardliner nahmen

Linda Thomas-Greenfield UN-Botschafte­rin der USA den Auftritt zum Anlass, um der Diplomatin Naivität vorzuwerfe­n, einen rosaroten Blick auf die chinesisch­e Realität. Washington und Peking, hatte sie damals geworben, könnten in Afrika durchaus zusammenge­hen, um sich für Werte wie gute Regierungs­führung, die Gleichbere­chtigung von Mann und Frau und Rechtsstaa­tlichkeit einzusetze­n. Sie sehe nicht, warum China solche Werte nicht teilen solle. Heute spricht Thomas-Greenfield von einem Fehler, den sie bedauere. Sie spricht von dem Versuch Chinas, sein autoritäre­s Gesellscha­ftsmodell auch in Afrika zu verbreiten. Die USA, betont sie, müssten mit einer Gegenoffen­sive darauf reagieren, statt sich ins eigene Schneckenh­aus zurückzuzi­ehen.

„China ist eine Bedrohung rund um den Globus“

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