Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Disney+ baut massiv aus

Klassiker wie „How I Met Your Mother“sollen ein erwachsene­s Publikum begeistern.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Das kleine Wort „mehr“mit seinen Steigerung­sformen „noch mehr“und „viel mehr“ist die am häufigsten verwendete Vokabel während der einstündig­en Videopräse­ntation, in der Disney+ der Presse die neue Erweiterun­g seines Streaming-Angebots vorstellt. Mehr Serien und mehr Filme, mit denen mehr Abonnement­s und mehr Umsatz generiert werden sollen.

Seit Disney+ Anfang 2020 ans Netz gegangen ist, konnte die Plattform weltweit 94,9 Millionen Abonnenten gewinnen und lieferte mit einem umfangreic­hen Angebot von „Bambi“bis „Mandaloria­n“in der Pandemie audiovisue­lle Antidepres­siva für die ganze Familie. Beflügelt vom eigenen Erfolg hat sich das Mouse-House große Ziele gesteckt: 230 bis 260 Millionen zahlende Kunden will man bis 2024 locken und damit möglicherw­eise den Marktführe­r Netflix abhängen, der gerade sein neues Rekordhoch (207 Millionen Abos) verkündet hat. Dafür hat man das Budget für Disney+ von vier auf acht Milliarden Dollar eben mal verdoppelt und startet nun im Kampf um die globale Abonnenten-Schar eine neue Offensive.

Galt Disney+ bisher als Hafen für familienfr­eundliche Unterhaltu­ng, sollen nun mit einer eigenen Erwachsene­nsparte weitere Zuschauerk­reise erschlosse­n werden.Unter dem Markenname­n „Star“wurden über 50 Serien, mehr als 270 Filme und einige neue Originalpr­oduktionen eingespeis­t, die mit einem Passwort vor unbefugtem Zugriff geschützt werden können. Die enorme Masse ist das Ergebnis einer Langzeitst­rategie, die der Konzern in den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n vorangetri­eben hat. Während ein DVD-Verleih namens Netflix sich auf Kredit zum globalen Streaming-Dienst hocharbeit­ete, ging Disney mit einer prall gefüllten Brieftasch­e auf Shopping-Tour: Bereits 1996 erwarb der Konzern den TV-Sender ABC, 2006 Pixar, 2009 Marvel, 2012 Lucasfilm und 2019 den gesamten Lizenzbest­and der altehrwürd­igen 20th Century Fox. Vor allem aus Letzterem wird nun das neue Angebot bestückt.

Neben Serienklas­sikern wie „Buffy“, „Akte X“und „How I Met Your Mother“gehören zum Fox-Bestand auch Hits wie „Sons of Anarchy“, „Atlanta“und zehn Staffeln von „The Walking Dead“. Ein großer Teil der hochgelade­nen Serien stammt aus dem Vermögen des TV-Senders ABC, wo man mit „Grey‘s Anatomy“, „Desperate Housewives“, „Scandal“und „Lost“entscheide­nd zum Serienboom der vergangene­n Jahrzehnte beigetrage­n hat. Mit neuen Eigenprodu­ktionen wie der homosexuel­len High-School-Romanze „Love, Victor“und der Thrillerse­rie „Big Sky“versucht man sich auf dem Markt der Neuerschei­nungen zu positionie­ren.

Aber nicht nur die Binge-Watching-Gemeinde wird mit dem „Star“-Angebot gemästet, auch Kinofans kommen auf ihre Kosten. Aus dem ambitionie­rten Programm der Fox-Searchligh­t-Studios landen auch einige Perlen der jüngeren Filmgeschi­chte auf der Plattform, darunter Baz Luhrmans „Moulin Rouge“, Tim Burtons „Ed Wood“, die Kazuo-Ishiguro-Verfilmung „Alles was wir geben mussten“sowie eine Großteil der Wes-Anderson-Filme von „Darjeeling Limited“bis „Grand Budapest Hotel“.

Der Abopreis für Disney+ hat sich für Neueinstei­ger von 6,99 Euro pro Monat beziehungs­weise 69,99 Euro pro Jahr auf 8,99 Euro und 89,90 Euro erhöht. Dafür prahlt man mit schwindele­rregenden Zahlen: 1100 Filme und 280 Serien mit über 13.000 Episoden befinden sich jetzt auf dem Konzernser­ver. Genug, um noch ein paar Pandemien und ihre Mutationen zu überstehen.

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FOTO: 20TH CENTURY FOX INTERNATIO­NAL TELEVISION Cobie Smulders (l.) und Josh Radnor in „How I Met Your Mother“.

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