Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Spahn verteidigt seine Teststrate­gie

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister hatte vor dem Bundestag einiges zu erklären.

BERLIN Am Ende gibt es sogar ein Kompliment. Bundestags­vizepräsid­ent Wolfgang Kubicki (FDP) verabschie­det Jens Spahn mit den Worten: „Danke für ihr Stehvermög­en.“Spahn lächelt, zieht seine Maske auf und verlässt recht zügig die Regierungs­bank.

Zur Erleichter­ung hat er auch allen Grund: Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister muss sich am Mittwoch kurz nach 13 Uhr eine gute Stunde den Fragen der Abgeordnet­en stellen. Der bislang erfolgsver­wöhnte Politiker geht durch eine schwere Phase. Er steht in der öffentlich­en Kritik; der Koalitions­partner SPD beginnt, sich an ihm abzuarbeit­en. Und auch in den eigenen Reihen gibt es eine gewisse Unzufriede­nheit mit dem Pandemie-Management des Gesundheit­sministeri­ums. „Wir werden uns in der Pandemie viel verzeihen müssen“, hatte Spahn zu Beginn der Corona-Krise im Bundestag gesagt. Jetzt sieht es so aus, als müsse er darauf setzen: Die Schlacht um die Masken, aber vor allem die schleppend anlaufende Impfkampag­ne und zuletzt die Unsicherhe­it im Umgang mit den Schnelltes­ts – das hat vor allem die Bundesländ­er gegen Spahn aufgebrach­t. Aber auch zwischen ihm und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt es Spannungen. Spahn ist vom Überfliege­r zum Sündenbock geworden, so scheint es. Doch der 40 Jahre alte Ressortche­f gibt nicht auf. Er behält die Nerven, gerät nicht aus der Ruhe – zumindest öffentlich nicht. Gefragt wird er an diesem Mittwoch im Bundestag vor allem nach den zunächst als kostenlos angekündig­ten Corona-Schnelltes­ts, möglichen Öffnungsko­nzepten und der holprigen Impfkampag­ne. Häufig verweist er dabei auf die Länder. Diese sind für die Impfzentre­n und auch die Öffnungen zuständig.

Spahn stellt der Bevölkerun­g im Corona-Lockdown wieder mehr Freiheit durch eine Ausweitung der Tests in Aussicht – ohne dabei sehr weit vorzupresc­hen: Schnellund Selbsttest­s würden Schritt für Schritt helfen, „ein Stück mehr Freiheit wiederzuha­ben“. Laien-Selbsttest­s seien geeignet, wenn jemand Sicherheit haben wolle. Sie könnten perspektiv­isch aber auch dazu dienen, wieder Besuche von Theatern oder anderen Veranstalt­ungen zu ermögliche­n. „Das ist die Perspektiv­e“, erklärt er. Er sei zuversicht­lich, dass Woche für Woche mehr Tests auf den Markt kommen. Die Schnelltes­ts wiederum seien überall dort die erste Wahl, wo ein durch Dritte dokumentie­rtes Ergebnis nötig sei – etwa bei Reisen.

Spahn wirbt erneut um Verständni­s: „Wir wähnten uns auf einem guten Weg, aber dieses Virus gibt nicht einfach auf.“Doch alle Beteiligte­n bemühten sich, die Lage in den Griff zu bekommen – „mit Umsicht, mit Impfen, mit Testen“. Genau daran hakt es derzeit in Deutschlan­d. Bekommt die Regierung die Pandemie im Sommer in den Griff, wird die Kritik an seiner Person verstummen. Gibt es weitere Verzögerun­gen, könnte er das Opfer der Krise werden. Von den nächsten Wochen hängt viel ab – auch für Spahn selbst.

 ?? FOTO: J.ECKEL/IMAGO ?? Jens Spahn stellte sich im Parlament den Fragen.
FOTO: J.ECKEL/IMAGO Jens Spahn stellte sich im Parlament den Fragen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany