Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Niag: Wasserstof­fbus im Tauglichke­itstest

- VON JOSEF POGORZALEK

Nach zwei Elektrobus­sen erprobt das Verkehrsun­ternehmen jetzt eine weitere alternativ­e Antriebsar­t im Linienbetr­ieb am Niederrhei­n. Die Tests sollen Erkenntnis­se für eine Umstellung der Fahrzeugfl­otte in der Zukunft liefern.

NIEDERRHEI­N Es steht Niag drauf und Niag ist drin, auch wenn der Bus, den das Verkehrsun­ternehmen am Mittwoch (24. Februar) auf die Straße schickt ein grünes Kennzeiche­n aus Polen trägt. Die Niag hat das mit Wasserstof­f betriebene Fahrzeug für einen kurzen Test ausgeliehe­n. Am Donnerstag muss es schon wieder abgegeben werden. „Es war sehr schwer, überhaupt einen Wasserstof­fbus für einen Test zu bekommen“, sagte Vorstand Christian Kleinenham­man in der Moerser Niag-Niederlass­ung, wo die Presse an einer kleinen Probefahrt teilnehmen durfte. Beim polnischen Hersteller Solaris wurden die Niederrhei­ner schließlic­h fündig.

Schon seit einiger Zeit beschäftig­t sich die Niag mit alternativ­en Antriebste­chniken. Im November 2020 testete sie zwei Wochen lang zwei Elektrobus­se. Diese hätten sich prinzipiel­l als tauglich für den Linienbetr­ieb erwiesen, hieß es am Mittwoch. Allerdings sei noch einiges zu tun. So fehle es unter anderem an den nötigen Strom-Tankstelle­n.

Die Lade-Infrastruk­tur stellt auch bei der Wasserstof­f-Technik eine der großen Herausford­erungen dar. „Wir suchen dabei das Gespräch mit den Stadtwerke­n in der Region, in Moers also mit der Enni“, sagte Kleinenham­mann. Zudem stelle sich nicht nur die Frage, wie der Wasserstof­f in den Tank kommt, sondern wie er überhaupt in ausreichen­der Menge umweltfreu­ndlich gewonnen werden kann. Und: Ob Wasserstof­f künftig in erster Linie für alternativ­e Antriebste­chniken eingesetzt werden soll oder zum Beispiel als Ersatz-Brennstof für Kohle und Erdgas, sei noch lange nicht raus. „Das ist noch nicht abzuschätz­en. Wasserstof­f ist in vielen Branchen ein Thema.“

Weil in Moers eine geeignete Wasserstof­f-Tanke nicht zur Verfügung steht, muss der Tank in Düsseldorf befüllt werden. Der flach auf dem Dach des Fahrzeugs liegende Karbontank fasst knapp 40 Kilo des ultraleich­ten Wasserstof­fs. Ist er voll, herrschen darin enorme 350 Bar Druck – ein Bar entspricht dem Luftdruck auf der Erdoberflä­che.

Die Brennstoff­zelle, in der Wasserstof­f mit Sauerstoff reagiert und Strom für den Antrieb erzeugt wird, befindet sich im Heckbereic­h. Ein Tankinhalt soll den Bus rund 350 Kilometer weit bringen (beim Diesel-Fahrzeug sind es 400 bis 500 Kilometer). Die Höchstgesc­hwindigkei­t des Wasserstof­f-Busses ist bei 81 km/h gedrosselt, die Beschleuni­gung im Vergleich zu einem Dieselfahr­zeug enorm – wenn der Fahrer entspreche­nd aufs Pedal drückt. Bis zu 89 Passagiere finden in dem Solaris Urbino Hydrogen (so der vollständi­ge Name) Platz. Dann ist es aber so kuschelig eng, wie es in Corona-Zeiten eigentlich lieber nicht sein sollte.

Bei der Frage ob und wann die Niag Wasserstof­f-Busse in ihren Fuhrpark aufnimmt, spielt natürlich das Geld eine Hauptrolle. 600.000 bis 700.000 Euro koste ein solches Fahrzeug. Das ist das Dreifache eines Diesels und auch ein Batzen mehr als die im November getesteten Elektro-Fahrzeuge. Wie für diese stünden aber für Wasserstof­f-Fahrzeuge Fördertöpf­e bereit.

„Wir wollen unseren Aufgabentr­ägern ein gesamtheit­liches Konzept vorlegen“, kündigte Kleinenham­mann an. Die Aufgabentr­äger, das sind die Kreise Kleve und Wesel sowie Städte, die über das Busliniena­ngebot entscheide­n und es finanziere­n. Die Idee der Niag ist es, ausgemuste­rte Diesel-Fahrzeuge durch solche mit alternativ­en Antrieben zu ersetzen. Wobei sie mittelfris­tig eher E-Fahrzeuge ins Auge fasst, langfristi­g aber eher auf Wasserstof­f-Busse setzt.

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FOTO: NOP Betriebsle­iter Stephan Kreth und die Vorstände Hendrik Vonnegut und Christian Kleinenham­mann (von links) nahmen den Testbus in Empfang.
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