Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Dämpfer für Olympia-Pläne in NRW
Das Internationale Olympische Komitee favorisiert schon jetzt offiziell das australische Brisbane als Gastgeber der Spiele 2032.
Die Aussichten auf Olympische Sommerspiele 2032 in Nordrhein-Westfalen haben einen herben Dämpfer erhalten, manche Beobachter sehen die Erfolgschancen der Initiative „Rhein Ruhr City“um Sportmanager Michael Mronz nun sogar quasi bei null. Die Evaluierungskommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hat am Mittwoch dem IOC-Exekutivkomitee empfohlen, mit Brisbane und der australischen Region Queensland in einen intensiven Dialog bezüglich einer möglichen Ausrichtung der Sommerspiele 2032 zu gehen. Das Exekutivkomitee folgte der Empfehlung einstimmig. Dies sei aber keine Entscheidung gegen irgendjemanden, es sei lediglich eine momentane Entscheidung zugunsten eines Interessenten, teilte IOC-Präsident Thomas Bach im Anschluss an die Sitzung mit. Man werde nun die Gespräche mit Brisbane intensivieren.
Die sogenannte „Future Host Summer Commission“, die die Empfehlung für Brisbane abgegeben hatte, hatte die Initiativen mehrerer Städte und Regionen geprüft. Queensland und Brisbane punkteten wohl vor allem mit den Themen Nachhaltigkeit und Kostenmanagement. So sollen rund 85 Prozent der Infrastruktur schon von den Commenwealth Games 2018 in Gold Coast vorhanden sein, um die dritten Olympischen Spiele in Australien nach 1956 (Melbourne) und 2000 (Sydney) auszurichten.
Mronz selbst, dessen Initiative noch nicht einmal den Status einer offiziellen deutschen Bewerbung hat, sprach am Abend von einem „überraschenden Schritt“des IOC. Man wolle die eigene Initiative aber aufrechterhalten. Durch die geplante Bürgerbeteiligung dauere der eigene Weg eben länger als andere Bewerbungen. Der Landessportbund NRW teilte auf Anfrage mit, man wolle sich erst äußern, wenn detaillierte Informationen vorlägen.
Noch am Dienstag hatte sich Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bei seiner Jahrespressekonferenz euphorisch gezeigt: „Es gibt seit langer Zeit wieder die Chance auf eine deutsche Bewerbung.“Der Deutsche Olympische Sportbund, die Bundesregierung, die Landesregierung, die kommunalen Entscheidungsträger, die sportbegeisterten Bürger, auch alle Fraktionen des Landtags stünden hinter dem Vorhaben.
Die Ergebnisse von der Sitzung in Lausanne dürften auf die Stimmung bei einem Treffen am Freitag drücken, zu dem die NRW-Staatskanzlei und die Rhein-Ruhr-City-Initiative eingeladen hatten. Laschet, die Oberhäupter der am Konzept beteiligten Kommunen, Vertreter des LSB und des Behinderten- und Rehabilitationssportverbandes NRW wollen sich mit Mronz über den aktuellen Planungsstand austauschen. „Der Termin bietet die optimale Gelegenheit, die aktuellen Entwicklungen zu bewerten“, teilte die NRW-Staatskanzlei am Abend auf Anfrage mit.
Aachen, Bochum, Bonn, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Köln, Krefeld, Leverkusen, Mönchengladbach, Oberhausen und Recklinghausen sind am Projekt beteiligt. „Es geht jetzt um ein Feedback der kommunalen Vertretungen, es geht um einen Planungsstand, es geht um die Bürgerbeteiligung, die wichtig ist, um eine solche weltweite Bewerbung auch durchzusetzen“, hatte Laschet im Vorfeld gesagt. „Der Partizipationsprozess geht in eine entscheidende Phase, so dass ich damit rechne, dass wir schon in Bälde dann auch offizieller Bewerber der Bundesrepublik Deutschland werden können.“Laschet versprach einen Modernisierungsschub für das Land – sowohl in der Infrastruktur als auch in der Digitalisierung. Umso größer dürfte die Enttäuschung nun sein.
Auch bei der SPD-Landtagsfraktion hätte man sich Spiele an Rhein und Ruhr gewünscht, zugleich fehlt den Verantwortlichen aber ausreichendes Engagement vonseiten des Landes. „Die Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Spiele 2032 hat unsere volle Unterstützung. Wir sind jedoch auch davon überzeugt, dass sie nur erfolgreich sein kann, wenn die Bewerbung auch die breite Zustimmung der Menschen in unserem Land findet“, sagte Rainer Bischoff, sportpolitischer Sprecher. Deshalb sei eine Befragung der Bürger, ob sie Olympia an Rhein und Ruhr für eine gute Idee halten, für die SPD eine zwingende Voraussetzung. „Schließlich sollen die Spiele auch ein Gemeinschaftsgefühl im ganzen Land auslösen“, sagt Bischof. „Umso bedauerlicher ist es, dass die Landesregierung den Bewerbungsprozess nach wie vor mit angezogener Handbremse begleitet.“
Bisher werde von der Regierung Laschet stets darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Projekt um eine private Initiative von Michael Mronz handele. „Aus diesem Stadium sollten wir aber längst raus sein. Auch die geplanten Ausrichter-Kommunen brauchen ein entschiedeneres Signal von der Landesregierung, dass sie bei der Bewerbung auch finanziell unterstützt werden.“Im Landes-Etat 2021 finde sich aber noch nicht einmal eine einzige Haushaltsstelle dafür. „Wer olympische und paralympische Spiele will, der muss sich auch um die Finanzierung kümmern. Die Landesregierung muss hier jetzt endlich Farbe bekennen, damit uns andere Bewerber nicht den Rang ablaufen, bevor das Rennen überhaupt begonnen hat“, fordert der SPD-Sportpolitiker.
Die Frage ist, was von den Plänen, Vorhaben, Konzepten bleibt, nun, wo die Spiele wohl woanders hingehen. Vieles, was Mronz und seine Mitstreiter auf den Weg bringen wollen, geht weit über den Sport hinaus. Es geht um Wohnungsbauprojekte, einen modernisierten ÖPNV, um Digitalisierung und verpflichtende Klimaschutzmaßnahmen bei Bauvorhaben. Mronz sprach mit Blick auf Spiele 2032 an Rhein und Ruhr noch im Herbst von der „Chance auf ein kleines neues Wirtschaftswunder“. Die Region Rhein-Ruhr sei in den 50er- und 60er-Jahren ein fossiles Wirtschaftswunder gewesen. „Nun haben wir eine große Chance, ein nachhaltiges und digitales Wirtschaftswunder zu schaffen“, sagte er damals.
Maßgabe der Initiatoren war es zu jeder Zeit, die Bürger vorab zu befragen, ob sie überhaupt die Spiele vor der Haustür wollten. Eine solche Bürgerbefragung sollte eventuell mit der Bundestagswahl am 26. September gekoppelt werden. „Dies wäre ein möglicher Termin“, sagte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes.